vegetationsentblößte Wege, oder zwischen Wasserrisse eingeklemmt, zieht sich die Flamme eng zusammen fast dem Verschwinden nah, dann plötzlich eine neue Dürrgrasfläche erreichend, gewinnt sie neue furchtbare Kräfte, in ein weites Rauch- und Feuermeer auseinander- gehend, in welchem die höher und heller aufwirbelnden Feuersäulen die unglückseligen Stätten menschlicher Wohnungen bezeichnen. Auf unberechenbaren Kreuz- und Querwegen bewegt sich ein solcher Step- penbrand oft acht und zehn Tage in einer Gegend umher, jedem verän- derten Windzuge folgend, oft jedem noch so wohl überlegten Versuch zur Flucht Hohn sprechend. Endlich kommt ein Regen und das mäch- tige Element des Feuers unterliegt dem noch mächtigeren des Wassers.
Aber die Steppe ist öde, der Vegetation beraubt, was die Flamme verschonte war ohnehin schon als Opfer dem eisigen Hauche des ein- dringenden Winters verfallen. Immer dichter und düsterer ziehen die Wolken heran, immer dichter fällt der Schnee und immer schneidender zieht der kalte Nord über die schutzlose Fläche. Der verspätete Reisende treibt hastig seine Pferde zur angestrengtesten Eile. Silberne Streifen erheben sich von der Ebene und steigen immer häufiger auf, der Wind fängt an zu heulen und zu sausen, die Luft erglänzt mehr und mehr von Krystallen des Schnees und endlich wird dies Alles eine dichte dunkle Masse, die in einer Richtung fortzieht, bis sie vom Wirbel- winde gefaßt sich im Kreise dreht, oder von den erhabenen Stellen der Steppe abprallt. Es ist der Buran, der Steppensturm; schon lange hat der entsetzte Führer seine Wahrzeichen erkannt und mit verzweif- lungsvoller Kraft auf die allmälig ermattenden Pferde gepeitscht. Heftiger und schneller folgen sich die Schneewirbel, in wehendem Schwindel alles umkreisend und betäubend, jeder Gedanke an Orien- tirung muß aufgegeben werden und blindlings überläßt man sich dem Zuge der Rosse, die nun selbst wie vom Wahnsinn gejagt durch die Ebene dahinfliegen. An dem Schlitten vorbei braust eine entsetzte Heerde und kaum erlaubt ein flüchtiger Blick durch den dichten Schnee- staub zu erkennen wie sie blindlings in ihrer Angst einen Felsenabhang
vegetationsentblößte Wege, oder zwiſchen Waſſerriſſe eingeklemmt, zieht ſich die Flamme eng zuſammen faſt dem Verſchwinden nah, dann plötzlich eine neue Dürrgrasfläche erreichend, gewinnt ſie neue furchtbare Kräfte, in ein weites Rauch- und Feuermeer auseinander- gehend, in welchem die höher und heller aufwirbelnden Feuerſäulen die unglückſeligen Stätten menſchlicher Wohnungen bezeichnen. Auf unberechenbaren Kreuz- und Querwegen bewegt ſich ein ſolcher Step- penbrand oft acht und zehn Tage in einer Gegend umher, jedem verän- derten Windzuge folgend, oft jedem noch ſo wohl überlegten Verſuch zur Flucht Hohn ſprechend. Endlich kommt ein Regen und das mäch- tige Element des Feuers unterliegt dem noch mächtigeren des Waſſers.
Aber die Steppe iſt öde, der Vegetation beraubt, was die Flamme verſchonte war ohnehin ſchon als Opfer dem eiſigen Hauche des ein- dringenden Winters verfallen. Immer dichter und düſterer ziehen die Wolken heran, immer dichter fällt der Schnee und immer ſchneidender zieht der kalte Nord über die ſchutzloſe Fläche. Der verſpätete Reiſende treibt haſtig ſeine Pferde zur angeſtrengteſten Eile. Silberne Streifen erheben ſich von der Ebene und ſteigen immer häufiger auf, der Wind fängt an zu heulen und zu ſauſen, die Luft erglänzt mehr und mehr von Kryſtallen des Schnees und endlich wird dies Alles eine dichte dunkle Maſſe, die in einer Richtung fortzieht, bis ſie vom Wirbel- winde gefaßt ſich im Kreiſe dreht, oder von den erhabenen Stellen der Steppe abprallt. Es iſt der Buran, der Steppenſturm; ſchon lange hat der entſetzte Führer ſeine Wahrzeichen erkannt und mit verzweif- lungsvoller Kraft auf die allmälig ermattenden Pferde gepeitſcht. Heftiger und ſchneller folgen ſich die Schneewirbel, in wehendem Schwindel alles umkreiſend und betäubend, jeder Gedanke an Orien- tirung muß aufgegeben werden und blindlings überläßt man ſich dem Zuge der Roſſe, die nun ſelbſt wie vom Wahnſinn gejagt durch die Ebene dahinfliegen. An dem Schlitten vorbei brauſt eine entſetzte Heerde und kaum erlaubt ein flüchtiger Blick durch den dichten Schnee- ſtaub zu erkennen wie ſie blindlings in ihrer Angſt einen Felſenabhang
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vegetationsentblößte Wege, oder zwiſchen Waſſerriſſe eingeklemmt,
zieht ſich die Flamme eng zuſammen faſt dem Verſchwinden nah,
dann plötzlich eine neue Dürrgrasfläche erreichend, gewinnt ſie neue
furchtbare Kräfte, in ein weites Rauch- und Feuermeer auseinander-
gehend, in welchem die höher und heller aufwirbelnden Feuerſäulen
die unglückſeligen Stätten menſchlicher Wohnungen bezeichnen. Auf
unberechenbaren Kreuz- und Querwegen bewegt ſich ein ſolcher Step-
penbrand oft acht und zehn Tage in einer Gegend umher, jedem verän-
derten Windzuge folgend, oft jedem noch ſo wohl überlegten Verſuch
zur Flucht Hohn ſprechend. Endlich kommt ein Regen und das mäch-
tige Element des Feuers unterliegt dem noch mächtigeren des Waſſers.
Aber die Steppe iſt öde, der Vegetation beraubt, was die Flamme
verſchonte war ohnehin ſchon als Opfer dem eiſigen Hauche des ein-
dringenden Winters verfallen. Immer dichter und düſterer ziehen die
Wolken heran, immer dichter fällt der Schnee und immer ſchneidender
zieht der kalte Nord über die ſchutzloſe Fläche. Der verſpätete Reiſende
treibt haſtig ſeine Pferde zur angeſtrengteſten Eile. Silberne Streifen
erheben ſich von der Ebene und ſteigen immer häufiger auf, der Wind
fängt an zu heulen und zu ſauſen, die Luft erglänzt mehr und mehr
von Kryſtallen des Schnees und endlich wird dies Alles eine dichte
dunkle Maſſe, die in einer Richtung fortzieht, bis ſie vom Wirbel-
winde gefaßt ſich im Kreiſe dreht, oder von den erhabenen Stellen der
Steppe abprallt. Es iſt der Buran, der Steppenſturm; ſchon lange
hat der entſetzte Führer ſeine Wahrzeichen erkannt und mit verzweif-
lungsvoller Kraft auf die allmälig ermattenden Pferde gepeitſcht.
Heftiger und ſchneller folgen ſich die Schneewirbel, in wehendem
Schwindel alles umkreiſend und betäubend, jeder Gedanke an Orien-
tirung muß aufgegeben werden und blindlings überläßt man ſich dem
Zuge der Roſſe, die nun ſelbſt wie vom Wahnſinn gejagt durch die
Ebene dahinfliegen. An dem Schlitten vorbei brauſt eine entſetzte
Heerde und kaum erlaubt ein flüchtiger Blick durch den dichten Schnee-
ſtaub zu erkennen wie ſie blindlings in ihrer Angſt einen Felſenabhang
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Schleiden, Matthias Jacob: Die Pflanze und ihr Leben. Leipzig, 1848, S. 328. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleiden_pflanze_1848/344>, abgerufen am 24.11.2024.
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