immergrünen Laubwälder des Südens noch einen Sommer in die Brust des Menschen, wenn auch der Körper vom Frostpunct getroffen, jene meteorologische Verirrung Lügen straft. --
Es ist schwer den Character der verschiedenen Waldformatio- nen mit Worten auch nur einigermaßen lebendig und anschaulich wiederzugeben, was dem Landschaftsmaler, dem Zeichnung, Baum- schlag, Farbe und Lichteffect zu Gebote steht, so leicht gelingt. Gleichwohl sind die Verschiedenheiten auffallend genug für Jeden, der mit offnen Sinnen an die Natur hinantritt. -- Schon die Fichten- und Kiefernwälder zeigen wesentliche Verschiedenheiten in ihren Zügen; jene mit geraden säulenförmigen untereinander parallelen Stämmen, mit der kegelförmigen von quirlartig gestellten Aesten getra- genen Krone, diese auf knorrig gebogenen Stämmen, deren Linien sich überall in der Perspective kreuzen, einen flachen Laubschirm tragend, eine Tracht, die am reinsten und edelsten von der Pinie dargestellt wird. Diese Kiefernwälder wie sie im meilenweiter Ausdehnung die Mark Brandenburg bedecken, wiederholen sich in üppiger Entwicklung in den Kiefernhaiden (Pine barrens) Nordamericas. Hier wie dort einen kieseligen Boden liebend, ziehen sie sich in einem breiten, viele Hundert englische Meilen langen Gürtel an der Küste von Virginien und Nordcarolina herab und bilden durch ihre Masse einen scharf her- vortretenden Zug in der Physiognomie des ganzen Landes. --
Noch auffallender ist der Unterschied zwischen den einzelnen For- mationen des Laubholzes; der dichtgedrängte Stand der geselligen Buchen, Linden oder Rüstern bildet Wälder mit dunkeln Schat- ten und vegetationsleerem Boden, während die stolze Eiche, allen Baumwuchs in ihrer unmittelbaren Nähe unterdrückend auf einem mit Gras und Kräutern freundlich bekleideten Boden sich vereinzelt oder in kleinen Gruppirungen zu den wunderbaren Waldlandschaf- ten, vereinigt, die uns Ruisdaels unsterblicher Pinsel so oft vor- führt. -- Anders wirkt der massive Glanz der Magnolienwälder des südlichen Nordamericas, als die zierliche Schönheit africanischer Acacienhaine oder die geisterhafte Durchsichtigkeit nordischer
immergrünen Laubwälder des Südens noch einen Sommer in die Bruſt des Menſchen, wenn auch der Körper vom Froſtpunct getroffen, jene meteorologiſche Verirrung Lügen ſtraft. —
Es iſt ſchwer den Character der verſchiedenen Waldformatio- nen mit Worten auch nur einigermaßen lebendig und anſchaulich wiederzugeben, was dem Landſchaftsmaler, dem Zeichnung, Baum- ſchlag, Farbe und Lichteffect zu Gebote ſteht, ſo leicht gelingt. Gleichwohl ſind die Verſchiedenheiten auffallend genug für Jeden, der mit offnen Sinnen an die Natur hinantritt. — Schon die Fichten- und Kiefernwälder zeigen weſentliche Verſchiedenheiten in ihren Zügen; jene mit geraden ſäulenförmigen untereinander parallelen Stämmen, mit der kegelförmigen von quirlartig geſtellten Aeſten getra- genen Krone, dieſe auf knorrig gebogenen Stämmen, deren Linien ſich überall in der Perſpective kreuzen, einen flachen Laubſchirm tragend, eine Tracht, die am reinſten und edelſten von der Pinie dargeſtellt wird. Dieſe Kiefernwälder wie ſie im meilenweiter Ausdehnung die Mark Brandenburg bedecken, wiederholen ſich in üppiger Entwicklung in den Kiefernhaiden (Pine barrens) Nordamericas. Hier wie dort einen kieſeligen Boden liebend, ziehen ſie ſich in einem breiten, viele Hundert engliſche Meilen langen Gürtel an der Küſte von Virginien und Nordcarolina herab und bilden durch ihre Maſſe einen ſcharf her- vortretenden Zug in der Phyſiognomie des ganzen Landes. —
Noch auffallender iſt der Unterſchied zwiſchen den einzelnen For- mationen des Laubholzes; der dichtgedrängte Stand der geſelligen Buchen, Linden oder Rüſtern bildet Wälder mit dunkeln Schat- ten und vegetationsleerem Boden, während die ſtolze Eiche, allen Baumwuchs in ihrer unmittelbaren Nähe unterdrückend auf einem mit Gras und Kräutern freundlich bekleideten Boden ſich vereinzelt oder in kleinen Gruppirungen zu den wunderbaren Waldlandſchaf- ten, vereinigt, die uns Ruisdaels unſterblicher Pinſel ſo oft vor- führt. — Anders wirkt der maſſive Glanz der Magnolienwälder des ſüdlichen Nordamericas, als die zierliche Schönheit africaniſcher Acacienhaine oder die geiſterhafte Durchſichtigkeit nordiſcher
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immergrünen Laubwälder des Südens noch einen Sommer in die
Bruſt des Menſchen, wenn auch der Körper vom Froſtpunct getroffen,
jene meteorologiſche Verirrung Lügen ſtraft. —
Es iſt ſchwer den Character der verſchiedenen Waldformatio-
nen mit Worten auch nur einigermaßen lebendig und anſchaulich
wiederzugeben, was dem Landſchaftsmaler, dem Zeichnung, Baum-
ſchlag, Farbe und Lichteffect zu Gebote ſteht, ſo leicht gelingt.
Gleichwohl ſind die Verſchiedenheiten auffallend genug für Jeden, der
mit offnen Sinnen an die Natur hinantritt. — Schon die Fichten-
und Kiefernwälder zeigen weſentliche Verſchiedenheiten in ihren
Zügen; jene mit geraden ſäulenförmigen untereinander parallelen
Stämmen, mit der kegelförmigen von quirlartig geſtellten Aeſten getra-
genen Krone, dieſe auf knorrig gebogenen Stämmen, deren Linien ſich
überall in der Perſpective kreuzen, einen flachen Laubſchirm tragend, eine
Tracht, die am reinſten und edelſten von der Pinie dargeſtellt wird.
Dieſe Kiefernwälder wie ſie im meilenweiter Ausdehnung die Mark
Brandenburg bedecken, wiederholen ſich in üppiger Entwicklung in
den Kiefernhaiden (Pine barrens) Nordamericas. Hier wie dort
einen kieſeligen Boden liebend, ziehen ſie ſich in einem breiten, viele
Hundert engliſche Meilen langen Gürtel an der Küſte von Virginien
und Nordcarolina herab und bilden durch ihre Maſſe einen ſcharf her-
vortretenden Zug in der Phyſiognomie des ganzen Landes. —
Noch auffallender iſt der Unterſchied zwiſchen den einzelnen For-
mationen des Laubholzes; der dichtgedrängte Stand der geſelligen
Buchen, Linden oder Rüſtern bildet Wälder mit dunkeln Schat-
ten und vegetationsleerem Boden, während die ſtolze Eiche, allen
Baumwuchs in ihrer unmittelbaren Nähe unterdrückend auf einem
mit Gras und Kräutern freundlich bekleideten Boden ſich vereinzelt
oder in kleinen Gruppirungen zu den wunderbaren Waldlandſchaf-
ten, vereinigt, die uns Ruisdaels unſterblicher Pinſel ſo oft vor-
führt. — Anders wirkt der maſſive Glanz der Magnolienwälder
des ſüdlichen Nordamericas, als die zierliche Schönheit africaniſcher
Acacienhaine oder die geiſterhafte Durchſichtigkeit nordiſcher
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Schleiden, Matthias Jacob: Die Pflanze und ihr Leben. Leipzig, 1848, S. 316. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleiden_pflanze_1848/332>, abgerufen am 19.05.2024.
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