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Schleiden, Matthias Jacob: Die Pflanze und ihr Leben. Leipzig, 1848.

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während sie auf einem andern verkümmert oder überhaupt gar nicht
sich entwickelt?

"..... Nicht jeder Boden trägt Alles."
"Hier gedeihen die Saaten üppiger, dort besser die Trauben *)."

Virgils Gedicht vom Landbau.

Auf den Schweizer Voralpen wächst unsere prachtvollste Orchidee,
der Frauenschuh, überall, wo der sogen. Alpenkalk den Boden bil-
det; sie begleitet den ganzen schwäbischen Muschelkalk und verschwindet
dann plötzlich, so wie man diesseit der Donau auf den Sand der
Jura- und Keuperformation gelangt. Erst im thüringischen Muschel-
kalke tritt sie wieder auf und zieht sich mit demselben an der Werra
hinunter bis in die Gegend von Göttingen, überspringt dann den
bunten Sandstein des untern Eichsfeldes, den Granit des Oberhar-
zes, um wieder auf den Kalkformationen östlich vom Brocken den
Wanderer zu erfreuen. Dann sucht man sie vergebens auf all den
Thon- und Sandformationen der norddeutschen Ebene, bis sie im
äußersten Norden auf Rügen wieder sich einfindet, wo sich die Kreide-
felsen von Arkona und Stubbenkammer erheben. -- An der westlichen
Küste von Frankreich wachsen verschiedene unscheinbar aussehende
Strandgewächse, die Solsola- u. Salicornienarten, welche dort
von den Einwohnern benutzt werden, um aus ihrer Asche Soda zu
gewinnen. Wenn wir von dort nach Osten reisen, so vermissen wir
überall auch beim sorgfältigsten Suchen diese Pflänzchen und nur hin
und wieder zeigt sich die eine oder andere da, wo der Boden von einer
Salzquelle durchfeuchtet ist. Endlich gelangen wir in die großen süd-
östlichen russischen Steppen, die, im Sommer oft mit einer dicken
Salzkruste bedeckt, sich als der Boden eines ausgetrockneten Meeres
zu erkennen geben, und hier treten jene Pflanzen wieder in derselben
Fülle und Ueppigkeit auf, wie an den Küsten von Frankreich. -- An den
Küsten von Norddeutschland wächst auf dem dürftigen Dünensande die
kleine blaßrothe, strohblumenartige Grasnelke und hat sich überall

*) ..... .... non omnis fert omnia tellus,
hic segetes, illic veniunt felicius uvae. -- Virg. Georg.

während ſie auf einem andern verkümmert oder überhaupt gar nicht
ſich entwickelt?

„..... Nicht jeder Boden trägt Alles.“
„Hier gedeihen die Saaten üppiger, dort beſſer die Trauben *).“

Virgils Gedicht vom Landbau.

Auf den Schweizer Voralpen wächſt unſere prachtvollſte Orchidee,
der Frauenſchuh, überall, wo der ſogen. Alpenkalk den Boden bil-
det; ſie begleitet den ganzen ſchwäbiſchen Muſchelkalk und verſchwindet
dann plötzlich, ſo wie man dieſſeit der Donau auf den Sand der
Jura- und Keuperformation gelangt. Erſt im thüringiſchen Muſchel-
kalke tritt ſie wieder auf und zieht ſich mit demſelben an der Werra
hinunter bis in die Gegend von Göttingen, überſpringt dann den
bunten Sandſtein des untern Eichsfeldes, den Granit des Oberhar-
zes, um wieder auf den Kalkformationen öſtlich vom Brocken den
Wanderer zu erfreuen. Dann ſucht man ſie vergebens auf all den
Thon- und Sandformationen der norddeutſchen Ebene, bis ſie im
äußerſten Norden auf Rügen wieder ſich einfindet, wo ſich die Kreide-
felſen von Arkona und Stubbenkammer erheben. — An der weſtlichen
Küſte von Frankreich wachſen verſchiedene unſcheinbar ausſehende
Strandgewächſe, die Solſola- u. Salicornienarten, welche dort
von den Einwohnern benutzt werden, um aus ihrer Aſche Soda zu
gewinnen. Wenn wir von dort nach Oſten reiſen, ſo vermiſſen wir
überall auch beim ſorgfältigſten Suchen dieſe Pflänzchen und nur hin
und wieder zeigt ſich die eine oder andere da, wo der Boden von einer
Salzquelle durchfeuchtet iſt. Endlich gelangen wir in die großen ſüd-
öſtlichen ruſſiſchen Steppen, die, im Sommer oft mit einer dicken
Salzkruſte bedeckt, ſich als der Boden eines ausgetrockneten Meeres
zu erkennen geben, und hier treten jene Pflanzen wieder in derſelben
Fülle und Ueppigkeit auf, wie an den Küſten von Frankreich. — An den
Küſten von Norddeutſchland wächſt auf dem dürftigen Dünenſande die
kleine blaßrothe, ſtrohblumenartige Grasnelke und hat ſich überall

*) ..... .... non omnis fert omnia tellus,
hic segetes, illic veniunt felicius uvae. — Virg. Georg.
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[153/0169] während ſie auf einem andern verkümmert oder überhaupt gar nicht ſich entwickelt? „..... Nicht jeder Boden trägt Alles.“ „Hier gedeihen die Saaten üppiger, dort beſſer die Trauben *).“ Virgils Gedicht vom Landbau. Auf den Schweizer Voralpen wächſt unſere prachtvollſte Orchidee, der Frauenſchuh, überall, wo der ſogen. Alpenkalk den Boden bil- det; ſie begleitet den ganzen ſchwäbiſchen Muſchelkalk und verſchwindet dann plötzlich, ſo wie man dieſſeit der Donau auf den Sand der Jura- und Keuperformation gelangt. Erſt im thüringiſchen Muſchel- kalke tritt ſie wieder auf und zieht ſich mit demſelben an der Werra hinunter bis in die Gegend von Göttingen, überſpringt dann den bunten Sandſtein des untern Eichsfeldes, den Granit des Oberhar- zes, um wieder auf den Kalkformationen öſtlich vom Brocken den Wanderer zu erfreuen. Dann ſucht man ſie vergebens auf all den Thon- und Sandformationen der norddeutſchen Ebene, bis ſie im äußerſten Norden auf Rügen wieder ſich einfindet, wo ſich die Kreide- felſen von Arkona und Stubbenkammer erheben. — An der weſtlichen Küſte von Frankreich wachſen verſchiedene unſcheinbar ausſehende Strandgewächſe, die Solſola- u. Salicornienarten, welche dort von den Einwohnern benutzt werden, um aus ihrer Aſche Soda zu gewinnen. Wenn wir von dort nach Oſten reiſen, ſo vermiſſen wir überall auch beim ſorgfältigſten Suchen dieſe Pflänzchen und nur hin und wieder zeigt ſich die eine oder andere da, wo der Boden von einer Salzquelle durchfeuchtet iſt. Endlich gelangen wir in die großen ſüd- öſtlichen ruſſiſchen Steppen, die, im Sommer oft mit einer dicken Salzkruſte bedeckt, ſich als der Boden eines ausgetrockneten Meeres zu erkennen geben, und hier treten jene Pflanzen wieder in derſelben Fülle und Ueppigkeit auf, wie an den Küſten von Frankreich. — An den Küſten von Norddeutſchland wächſt auf dem dürftigen Dünenſande die kleine blaßrothe, ſtrohblumenartige Grasnelke und hat ſich überall *) ..... .... non omnis fert omnia tellus, hic segetes, illic veniunt felicius uvae. — Virg. Georg.

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Zitationshilfe: Schleiden, Matthias Jacob: Die Pflanze und ihr Leben. Leipzig, 1848, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleiden_pflanze_1848/169>, abgerufen am 22.11.2024.