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Schleiden, Matthias Jacob: Das Alter des Menschengeschlechts, die Entstehung der Arten und die Stellung des Menschen in der Natur. Leipzig, 1863.

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herstellte. Ich habe in Vorstehendem nur die großen Hauptzüge jener
Periode charakterisirt, während zeitweilig und an verschiedenen Orten
untergeordnetere Hebungen und Senkungen noch vielfach mit einander
gewechselt haben müssen. Man wird aber nur durch diese gewaltigen
Veränderungen in der geographischen Vertheilung von Land und Meer
und den mannichfachen dadurch bedingten klimatischen Veränderungen
eine etwas anschaulichere Vorstellung davon erhalten, welche unendlich
lange Zeiträume nöthig gewesen sind, um alle diese Erscheinungen ent¬
stehen und vergehen zu lassen. Ähnliche Bewegungen der Erdoberfläche
wie die erwähnten haben zu allen Zeiten stattgefunden und langsam,
aber in Zeiträumen von Hunderttausend und mehr Jahren, die Geo¬
graphie der Erde umgestaltet. Ähnliche Bewegungen sind aber auch an
den verschiedensten Orten innerhalb der streng historischen Zeit vor sich
gegangen oder greifen noch jetzt auf der Erde unter unseren Augen
Platz, so z. B. die bekannte schon von Celsius erkannte Bewegung,
durch welche die ganze Ostküste von Schweden, schneller im Norden,
langsamer im Süden, aus dem Finnischen Meerbusen hervorgehoben
wird. Da wir diese letztere Bewegung in genügend langen Zeiträumen
beobachten und mit Meßinstrumenten controliren konnten, um von der¬
selben ein mittleres Maß der Hebung oder Senkung abzuleiten, so ge¬
winnen wir dadurch einen Anhalt zur Berechnung geognostischer Pe¬
rioden, indem uns die Umgebung von Stockholm auf eine Niveau¬
veränderung von 1 Fuß im Jahrhundert hinführt. Ein anderes Bei¬
spiel bietet uns die Grenze zwischen Schottland und England dar,
wo seit der Errichtung der sogenannten Pictenmauer unter Hadrian
sich das Land um etwa 20 Fuß gehoben hat. Daraus ließe sich ein
mittlerer Werth der Niveauveränderungen von etwa 1 1/2 Fuß für das
Jahrhundert ableiten. Wenn wir nun in England und Schott¬
land
Beweise finden, daß sich der Boden innerhalb der eigentlichen
Neuzeit im Ganzen um 600 Fuß gehoben habe, so setzt das schon einen
Zeitraum von 40,000 Jahren voraus. Indeß führe ich dieses hier nur
an, um an einem einzelnen Beispiele dem Laien verständlich zu machen,

Erſte Vorleſung.
herſtellte. Ich habe in Vorſtehendem nur die großen Hauptzüge jener
Periode charakteriſirt, während zeitweilig und an verſchiedenen Orten
untergeordnetere Hebungen und Senkungen noch vielfach mit einander
gewechſelt haben müſſen. Man wird aber nur durch dieſe gewaltigen
Veränderungen in der geographiſchen Vertheilung von Land und Meer
und den mannichfachen dadurch bedingten klimatiſchen Veränderungen
eine etwas anſchaulichere Vorſtellung davon erhalten, welche unendlich
lange Zeiträume nöthig geweſen ſind, um alle dieſe Erſcheinungen ent¬
ſtehen und vergehen zu laſſen. Ähnliche Bewegungen der Erdoberfläche
wie die erwähnten haben zu allen Zeiten ſtattgefunden und langſam,
aber in Zeiträumen von Hunderttauſend und mehr Jahren, die Geo¬
graphie der Erde umgeſtaltet. Ähnliche Bewegungen ſind aber auch an
den verſchiedenſten Orten innerhalb der ſtreng hiſtoriſchen Zeit vor ſich
gegangen oder greifen noch jetzt auf der Erde unter unſeren Augen
Platz, ſo z. B. die bekannte ſchon von Celſius erkannte Bewegung,
durch welche die ganze Oſtküſte von Schweden, ſchneller im Norden,
langſamer im Süden, aus dem Finniſchen Meerbuſen hervorgehoben
wird. Da wir dieſe letztere Bewegung in genügend langen Zeiträumen
beobachten und mit Meßinſtrumenten controliren konnten, um von der¬
ſelben ein mittleres Maß der Hebung oder Senkung abzuleiten, ſo ge¬
winnen wir dadurch einen Anhalt zur Berechnung geognoſtiſcher Pe¬
rioden, indem uns die Umgebung von Stockholm auf eine Niveau¬
veränderung von 1 Fuß im Jahrhundert hinführt. Ein anderes Bei¬
ſpiel bietet uns die Grenze zwiſchen Schottland und England dar,
wo ſeit der Errichtung der ſogenannten Pictenmauer unter Hadrian
ſich das Land um etwa 20 Fuß gehoben hat. Daraus ließe ſich ein
mittlerer Werth der Niveauveränderungen von etwa 1 ½ Fuß für das
Jahrhundert ableiten. Wenn wir nun in England und Schott¬
land
Beweiſe finden, daß ſich der Boden innerhalb der eigentlichen
Neuzeit im Ganzen um 600 Fuß gehoben habe, ſo ſetzt das ſchon einen
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[12/0022] Erſte Vorleſung. herſtellte. Ich habe in Vorſtehendem nur die großen Hauptzüge jener Periode charakteriſirt, während zeitweilig und an verſchiedenen Orten untergeordnetere Hebungen und Senkungen noch vielfach mit einander gewechſelt haben müſſen. Man wird aber nur durch dieſe gewaltigen Veränderungen in der geographiſchen Vertheilung von Land und Meer und den mannichfachen dadurch bedingten klimatiſchen Veränderungen eine etwas anſchaulichere Vorſtellung davon erhalten, welche unendlich lange Zeiträume nöthig geweſen ſind, um alle dieſe Erſcheinungen ent¬ ſtehen und vergehen zu laſſen. Ähnliche Bewegungen der Erdoberfläche wie die erwähnten haben zu allen Zeiten ſtattgefunden und langſam, aber in Zeiträumen von Hunderttauſend und mehr Jahren, die Geo¬ graphie der Erde umgeſtaltet. Ähnliche Bewegungen ſind aber auch an den verſchiedenſten Orten innerhalb der ſtreng hiſtoriſchen Zeit vor ſich gegangen oder greifen noch jetzt auf der Erde unter unſeren Augen Platz, ſo z. B. die bekannte ſchon von Celſius erkannte Bewegung, durch welche die ganze Oſtküſte von Schweden, ſchneller im Norden, langſamer im Süden, aus dem Finniſchen Meerbuſen hervorgehoben wird. Da wir dieſe letztere Bewegung in genügend langen Zeiträumen beobachten und mit Meßinſtrumenten controliren konnten, um von der¬ ſelben ein mittleres Maß der Hebung oder Senkung abzuleiten, ſo ge¬ winnen wir dadurch einen Anhalt zur Berechnung geognoſtiſcher Pe¬ rioden, indem uns die Umgebung von Stockholm auf eine Niveau¬ veränderung von 1 Fuß im Jahrhundert hinführt. Ein anderes Bei¬ ſpiel bietet uns die Grenze zwiſchen Schottland und England dar, wo ſeit der Errichtung der ſogenannten Pictenmauer unter Hadrian ſich das Land um etwa 20 Fuß gehoben hat. Daraus ließe ſich ein mittlerer Werth der Niveauveränderungen von etwa 1 ½ Fuß für das Jahrhundert ableiten. Wenn wir nun in England und Schott¬ land Beweiſe finden, daß ſich der Boden innerhalb der eigentlichen Neuzeit im Ganzen um 600 Fuß gehoben habe, ſo ſetzt das ſchon einen Zeitraum von 40,000 Jahren voraus. Indeß führe ich dieſes hier nur an, um an einem einzelnen Beiſpiele dem Laien verſtändlich zu machen,

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Zitationshilfe: Schleiden, Matthias Jacob: Das Alter des Menschengeschlechts, die Entstehung der Arten und die Stellung des Menschen in der Natur. Leipzig, 1863, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleiden_menschengeschlecht_1863/22>, abgerufen am 23.11.2024.