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Schleicher, August: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Bd. 2. Weimar, 1862.

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Particip. auf -na. Urspr., Altind., Altbaktr., Griech., Lat.

Suffix -na, participia praeteriti passivi bildend.§. 218.
Wir zälen auch diejenigen sprachen hier mit auf, in welchen
nur in wenigen beispilen oder in vereinzelten spuren diser ge-
brauch des suffixes -na erhalten ist.

Indogerman. ursprache. Es laßen sich bei der ver-
schidenheit der sprachen in der anwendung des -na wol kaum
zalreichere wurzeln finden, von denen mit völliger sicherheit
zu erweisen ist, daß von inen bereits in der ursprache das par-
ticipium praeteriti passivi mittels na gebildet worden sei. Un-
bezweifelbar war diß jedoch bei der wurzel par (implere) der
fall, von welcher in der ursprache bereits das particip. par-na
(plenus), nom. sg. masc. parna-s, neutr. parna-m, fem. parna
vorhanden war. Es ist nicht zu glauben, daß dise bildungs-
weise auf dise eine wurzel beschränkt gewesen sei.

Altindisch. Die bildung mittels -na ist nur bei verhält-
nismäßig wenigen wurzeln bräuchlich, z. b. paur-na für *par-na
(§. 8), wurz. par (implere); steir-na für *star-na (§. 8), wurz. star
(extendere); bhug-na, wurz. bhug (flectere); bhin-na für *bhid-
na,
wurz. bhid (findere) u. a.

Altbaktrisch. Das suffix -na wird nicht als regelmäßige
participialbildung gebraucht. Doch findet sich vereinzelt pere-
na
(adj. plenus) = urspr. par-na, altind. paur-na, wurz. par
(implere); khsae-na (maigre), vgl. altind. ksei-na (macer per-
ditus, deletus), wurz. altind. ksi (laedere, vexare).

Griechisch. Nicht als regelmäßige participalbildung.
Doch gehören hierher adjectiva, wie z. b. semno für *seb-no
(§. 148, 1, c) 'verert', wurz. seb (seb-omai vereor, revereor);
stug-no 'verhaßt, verabscheut', wurz. stug in e-stug-on (stu-
gein
detestari); steg-no 'bedekt', wurz. steg in steg-o (tego);
dei-no 'gefürchtet', wurz. di (timere, vgl. dei-lo-s timidus, de-
doi-ka); pothei-no
'ersent' zu verbalstamm pothee (potheo cu-
pio) u. a. Substantivisch gebraucht ist tek-no 'das geborene',
wurz. tek (parere, vgl. e-tek-on, te-tok-a).

Italisch. Lateinisch. Nicht als regelmäßige partici-
pialbildung. Reste der selben finden sich z. b. in ple-no 'ge-

Particip. auf -na. Urspr., Altind., Altbaktr., Griech., Lat.

Suffix -na, participia praeteriti passivi bildend.§. 218.
Wir zälen auch diejenigen sprachen hier mit auf, in welchen
nur in wenigen beispilen oder in vereinzelten spuren diser ge-
brauch des suffixes -na erhalten ist.

Indogerman. ursprache. Es laßen sich bei der ver-
schidenheit der sprachen in der anwendung des -na wol kaum
zalreichere wurzeln finden, von denen mit völliger sicherheit
zu erweisen ist, daß von inen bereits in der ursprache das par-
ticipium praeteriti passivi mittels na gebildet worden sei. Un-
bezweifelbar war diß jedoch bei der wurzel par (implere) der
fall, von welcher in der ursprache bereits das particip. par-na
(plenus), nom. sg. masc. parna-s, neutr. parna-m, fem. parnâ
vorhanden war. Es ist nicht zu glauben, daß dise bildungs-
weise auf dise eine wurzel beschränkt gewesen sei.

Altindisch. Die bildung mittels -na ist nur bei verhält-
nismäßig wenigen wurzeln bräuchlich, z. b. pûr-ná für *par-ná
(§. 8), wurz. par (implere); stîr-ná für *star-ná (§. 8), wurz. star
(extendere); bhug-ná, wurz. bhuǵ (flectere); bhin-ná für *bhid-
ná,
wurz. bhid (findere) u. a.

Altbaktrisch. Das suffix -na wird nicht als regelmäßige
participialbildung gebraucht. Doch findet sich vereinzelt pere-
na
(adj. plenus) = urspr. par-na, altind. pûr-ńá, wurz. par
(implere); khśaê-na (maigre), vgl. altind. kśî-ńá (macer per-
ditus, deletus), wurz. altind. kśi (laedere, vexare).

Griechisch. Nicht als regelmäßige participalbildung.
Doch gehören hierher adjectiva, wie z. b. σεμνό für *σεβ-νό
(§. 148, 1, c) ‘verert’, wurz. σεβ (σέβ-ομαι vereor, revereor);
στυγ-νό ‘verhaßt, verabscheut’, wurz. στυγ in ἔ-στυγ-ον (στυ-
γεῖν
detestari); στεγ-νό ‘bedekt’, wurz. στεγ in στέγ-ω (tego);
δει-νό ‘gefürchtet’, wurz. δι (timere, vgl. δει-λό-ς timidus, δέ-
δοι-ϰα); ποθει-νό
‘ersent’ zu verbalstamm ποθεε (ποθέω cu-
pio) u. a. Substantivisch gebraucht ist τέϰ-νο ‘das geborene’,
wurz. τεϰ (parere, vgl. ἔ-τεϰ-ον, τέ-τοϰ-α).

Italisch. Lateinisch. Nicht als regelmäßige partici-
pialbildung. Reste der selben finden sich z. b. in ple-no ‘ge-

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[327/0053] Particip. auf -na. Urspr., Altind., Altbaktr., Griech., Lat. Suffix -na, participia praeteriti passivi bildend. Wir zälen auch diejenigen sprachen hier mit auf, in welchen nur in wenigen beispilen oder in vereinzelten spuren diser ge- brauch des suffixes -na erhalten ist. §. 218. Indogerman. ursprache. Es laßen sich bei der ver- schidenheit der sprachen in der anwendung des -na wol kaum zalreichere wurzeln finden, von denen mit völliger sicherheit zu erweisen ist, daß von inen bereits in der ursprache das par- ticipium praeteriti passivi mittels na gebildet worden sei. Un- bezweifelbar war diß jedoch bei der wurzel par (implere) der fall, von welcher in der ursprache bereits das particip. par-na (plenus), nom. sg. masc. parna-s, neutr. parna-m, fem. parnâ vorhanden war. Es ist nicht zu glauben, daß dise bildungs- weise auf dise eine wurzel beschränkt gewesen sei. Altindisch. Die bildung mittels -na ist nur bei verhält- nismäßig wenigen wurzeln bräuchlich, z. b. pûr-ná für *par-ná (§. 8), wurz. par (implere); stîr-ná für *star-ná (§. 8), wurz. star (extendere); bhug-ná, wurz. bhuǵ (flectere); bhin-ná für *bhid- ná, wurz. bhid (findere) u. a. Altbaktrisch. Das suffix -na wird nicht als regelmäßige participialbildung gebraucht. Doch findet sich vereinzelt pere- na (adj. plenus) = urspr. par-na, altind. pûr-ńá, wurz. par (implere); khśaê-na (maigre), vgl. altind. kśî-ńá (macer per- ditus, deletus), wurz. altind. kśi (laedere, vexare). Griechisch. Nicht als regelmäßige participalbildung. Doch gehören hierher adjectiva, wie z. b. σεμνό für *σεβ-νό (§. 148, 1, c) ‘verert’, wurz. σεβ (σέβ-ομαι vereor, revereor); στυγ-νό ‘verhaßt, verabscheut’, wurz. στυγ in ἔ-στυγ-ον (στυ- γεῖν detestari); στεγ-νό ‘bedekt’, wurz. στεγ in στέγ-ω (tego); δει-νό ‘gefürchtet’, wurz. δι (timere, vgl. δει-λό-ς timidus, δέ- δοι-ϰα); ποθει-νό ‘ersent’ zu verbalstamm ποθεε (ποθέω cu- pio) u. a. Substantivisch gebraucht ist τέϰ-νο ‘das geborene’, wurz. τεϰ (parere, vgl. ἔ-τεϰ-ον, τέ-τοϰ-α). Italisch. Lateinisch. Nicht als regelmäßige partici- pialbildung. Reste der selben finden sich z. b. in ple-no ‘ge-

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Zitationshilfe: Schleicher, August: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Bd. 2. Weimar, 1862, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleicher_indogermanische02_1862/53>, abgerufen am 06.05.2024.