Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schleicher, August: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Bd. 2. Weimar, 1862.

Bild:
<< vorherige Seite

Accus. sing. Urspr.
z. b. tu-du (hi duo). In disem u haben wir einen vertreter§. 248.
eines älteren au (§. 96) zu sehen (obwol auß lautendes u
außerdem auß älterem -an, -am entstanden ist). Demnach schei-
nen dise formen auffallend zu denen des sanskrit auf au zu
stimmen. Indes glaube ich, daß hier, wie im litauischen nicht
selten und ser häufig im slawischen, die a-stämme der analogie
der u-stämme folgen; sunu für *sunu, d. i. *sunau auß grund-
form *sunav-as wie glukew-e auß -kav-as, die a-stämme z. b.
vilku, nach der selben analogie. Die offenbare unursprünglich-
keit und späte entstehung des sanskr. au empfihlt dise leztere
auffaßungsweise. Fem. ranki, verkürzt auß *ranke, erhalten
z. b. in te-dvi (hae duae), also ebenfals wie im slawischen und
altindischen (lit. e = slaw. e, altind. e).

Im gotischen finden sich dualformen nur beim ungeschlech-
tigen personalpronomen. Selbst msc. tvai, fem. tvos und ntr.
tva; msc. bai und ntr. ba (ambo) sind pluralformen; das masc.
nach der pronominalen bildungsweise s. u.

Accusativ singularis. Casuszeichen ist nach conso-§. 249.
nantischem stammaußlaute -am, nach vocalischem fast überall
-m, worin wol eine verkürzung von am zu sehen ist. Die neu-
tralen stämme auf -a laßen dise form zugleich als nominativ
fungieren; alle übrigen neutra zeigen im accus. nominat. gar
kein casussuffix.

Diß -am, -m scheint verwant mit dem in stambildungen
häufig gebrauchten elemente -m (§. 219), demnach muß es ei-
nen pronominalstamm geben, dessen hauptelement m ist. Ein
solcher findet sich im altind., wo er ama (nom. sg. ama-s hic),
amu (ille, z. b. acc. sg. msc. amu-m) und ami (ille, ergänzt
amu in gewissen casusformen, z. b. instr. plur. masc. amei-bhis)
lautet und demonstrative function hat. Warscheinlich ligt di-
sen stämmen eine pronominalwurzel am zu grunde*).

Indogerm. ursprache. 1. vak-am; 2. dus-manas-am,
neutr. manas; 3. taksan-am, neutr. gna-man; 4. bharant-am,

*) Diß mag zugleich als nachtrag zu §. 219, s. 329 gelten, da die
suffixe ma u. s. f. diser pronominalwurzel entstammen.

Accus. sing. Urspr.
z. b. tů́-du (hi duo). In disem ů haben wir einen vertreter§. 248.
eines älteren au (§. 96) zu sehen (obwol auß lautendes ů
außerdem auß älterem -an, -am entstanden ist). Demnach schei-
nen dise formen auffallend zu denen des sanskrit auf âu zu
stimmen. Indes glaube ich, daß hier, wie im litauischen nicht
selten und ser häufig im slawischen, die a-stämme der analogie
der u-stämme folgen; sunù für *sunů, d. i. *sunau auß grund-
form *sunav-âs wie γλυϰέϝ-ε auß -kav-âs, die a-stämme z. b.
vilkù, nach der selben analogie. Die offenbare unursprünglich-
keit und späte entstehung des sanskr. âu empfihlt dise leztere
auffaßungsweise. Fem. rankì, verkürzt auß *rankë́, erhalten
z. b. in të́-dvi (hae duae), also ebenfals wie im slawischen und
altindischen (lit. ë = slaw. ě, altind. ê).

Im gotischen finden sich dualformen nur beim ungeschlech-
tigen personalpronomen. Selbst msc. tvai, fem. tvôs und ntr.
tva; msc. bai und ntr. ba (ambo) sind pluralformen; das masc.
nach der pronominalen bildungsweise s. u.

Accusativ singularis. Casuszeichen ist nach conso-§. 249.
nantischem stammaußlaute -am, nach vocalischem fast überall
-m, worin wol eine verkürzung von am zu sehen ist. Die neu-
tralen stämme auf -a laßen dise form zugleich als nominativ
fungieren; alle übrigen neutra zeigen im accus. nominat. gar
kein casussuffix.

Diß -am, -m scheint verwant mit dem in stambildungen
häufig gebrauchten elemente -m (§. 219), demnach muß es ei-
nen pronominalstamm geben, dessen hauptelement m ist. Ein
solcher findet sich im altind., wo er ama (nom. sg. áma-s hic),
amu (ille, z. b. acc. sg. msc. amú-m) und ami (ille, ergänzt
amu in gewissen casusformen, z. b. instr. plur. masc. amî́-bhis)
lautet und demonstrative function hat. Warscheinlich ligt di-
sen stämmen eine pronominalwurzel am zu grunde*).

Indogerm. ursprache. 1. vâk-am; 2. dus-manas-am,
neutr. manas; 3. taksan-am, neutr. gnâ-man; 4. bharant-am,

*) Diß mag zugleich als nachtrag zu §. 219, s. 329 gelten, da die
suffixe ma u. s. f. diser pronominalwurzel entstammen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0163" n="437"/><fw place="top" type="header">Accus. sing. Urspr.</fw><lb/>
z. b. <hi rendition="#i">t&#x016F;&#x0301;-du</hi> (hi duo). In disem <hi rendition="#i">&#x016F;</hi> haben wir einen vertreter<note place="right">§. 248.</note><lb/>
eines älteren <hi rendition="#i">au</hi> (§. 96) zu sehen (obwol auß lautendes <hi rendition="#i">&#x016F;</hi><lb/>
außerdem auß älterem <hi rendition="#i">-an, -am</hi> entstanden ist). Demnach schei-<lb/>
nen dise formen auffallend zu denen des sanskrit auf <hi rendition="#i">âu</hi> zu<lb/>
stimmen. Indes glaube ich, daß hier, wie im litauischen nicht<lb/>
selten und ser häufig im slawischen, die <hi rendition="#i">a</hi>-stämme der analogie<lb/>
der <hi rendition="#i">u</hi>-stämme folgen; <hi rendition="#i">sunù</hi> für *<hi rendition="#i">sun&#x016F;,</hi> d. i. *<hi rendition="#i">sunau</hi> auß grund-<lb/>
form *<hi rendition="#i">sunav-âs</hi> wie <hi rendition="#i">&#x03B3;&#x03BB;&#x03C5;&#x03F0;&#x03AD;&#x03DD;-&#x03B5;</hi> auß <hi rendition="#i">-kav-âs,</hi> die <hi rendition="#i">a</hi>-stämme z. b.<lb/><hi rendition="#i">vilkù</hi>, nach der selben analogie. Die offenbare unursprünglich-<lb/>
keit und späte entstehung des sanskr. <hi rendition="#i">âu</hi> empfihlt dise leztere<lb/>
auffaßungsweise. Fem. <hi rendition="#i">rankì,</hi> verkürzt auß *<hi rendition="#i">rankë&#x0301;,</hi> erhalten<lb/>
z. b. in <hi rendition="#i">&#x0301;-dvi</hi> (hae duae), also ebenfals wie im slawischen und<lb/>
altindischen (lit. <hi rendition="#i">ë</hi> = slaw. <hi rendition="#i">&#x011B;,</hi> altind. <hi rendition="#i">ê)</hi>.</p><lb/>
                <p>Im <hi rendition="#g">gotischen</hi> finden sich dualformen nur beim ungeschlech-<lb/>
tigen personalpronomen. Selbst msc. <hi rendition="#i">tvai,</hi> fem. <hi rendition="#i">tvôs</hi> und ntr.<lb/><hi rendition="#i">tva;</hi> msc. <hi rendition="#i">bai</hi> und ntr. <hi rendition="#i">ba</hi> (ambo) sind pluralformen; das masc.<lb/>
nach der pronominalen bildungsweise s. u.</p><lb/>
                <p><hi rendition="#g">Accusativ singularis</hi>. Casuszeichen ist nach conso-<note place="right">§. 249.</note><lb/>
nantischem stammaußlaute <hi rendition="#i">-am,</hi> nach vocalischem fast überall<lb/><hi rendition="#i">-m</hi>, worin wol eine verkürzung von <hi rendition="#i">am</hi> zu sehen ist. Die neu-<lb/>
tralen stämme auf <hi rendition="#i">-a</hi> laßen dise form zugleich als nominativ<lb/>
fungieren; alle übrigen neutra zeigen im accus. nominat. gar<lb/>
kein casussuffix.</p><lb/>
                <p>Diß <hi rendition="#i">-am, -m</hi> scheint verwant mit dem in stambildungen<lb/>
häufig gebrauchten elemente <hi rendition="#i">-m</hi> (§. 219), demnach muß es ei-<lb/>
nen pronominalstamm geben, dessen hauptelement <hi rendition="#i">m</hi> ist. Ein<lb/>
solcher findet sich im altind., wo er <hi rendition="#i">ama</hi> (nom. sg. <hi rendition="#i">áma-s</hi> hic),<lb/><hi rendition="#i">amu</hi> (ille, z. b. acc. sg. msc. <hi rendition="#i">amú-m)</hi> und <hi rendition="#i">ami</hi> (ille, ergänzt<lb/><hi rendition="#i">amu</hi> in gewissen casusformen, z. b. instr. plur. masc. <hi rendition="#i">amî&#x0301;-bhis)</hi><lb/>
lautet und demonstrative function hat. Warscheinlich ligt di-<lb/>
sen stämmen eine pronominalwurzel <hi rendition="#i">am</hi> zu grunde<note place="foot" n="*)">Diß mag zugleich als nachtrag zu §. 219, s. 329 gelten, da die<lb/>
suffixe <hi rendition="#i">ma</hi> u. s. f. diser pronominalwurzel entstammen.</note>.</p><lb/>
                <p><hi rendition="#g">Indogerm. ursprache</hi>. 1. <hi rendition="#i">vâk-am;</hi> 2. <hi rendition="#i">dus-manas-am,</hi><lb/>
neutr. <hi rendition="#i">manas;</hi> 3. <hi rendition="#i">taksan-am,</hi> neutr. <hi rendition="#i">gnâ-man;</hi> 4. <hi rendition="#i">bharant-am,</hi><lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[437/0163] Accus. sing. Urspr. z. b. tů́-du (hi duo). In disem ů haben wir einen vertreter eines älteren au (§. 96) zu sehen (obwol auß lautendes ů außerdem auß älterem -an, -am entstanden ist). Demnach schei- nen dise formen auffallend zu denen des sanskrit auf âu zu stimmen. Indes glaube ich, daß hier, wie im litauischen nicht selten und ser häufig im slawischen, die a-stämme der analogie der u-stämme folgen; sunù für *sunů, d. i. *sunau auß grund- form *sunav-âs wie γλυϰέϝ-ε auß -kav-âs, die a-stämme z. b. vilkù, nach der selben analogie. Die offenbare unursprünglich- keit und späte entstehung des sanskr. âu empfihlt dise leztere auffaßungsweise. Fem. rankì, verkürzt auß *rankë́, erhalten z. b. in të́-dvi (hae duae), also ebenfals wie im slawischen und altindischen (lit. ë = slaw. ě, altind. ê). §. 248. Im gotischen finden sich dualformen nur beim ungeschlech- tigen personalpronomen. Selbst msc. tvai, fem. tvôs und ntr. tva; msc. bai und ntr. ba (ambo) sind pluralformen; das masc. nach der pronominalen bildungsweise s. u. Accusativ singularis. Casuszeichen ist nach conso- nantischem stammaußlaute -am, nach vocalischem fast überall -m, worin wol eine verkürzung von am zu sehen ist. Die neu- tralen stämme auf -a laßen dise form zugleich als nominativ fungieren; alle übrigen neutra zeigen im accus. nominat. gar kein casussuffix. §. 249. Diß -am, -m scheint verwant mit dem in stambildungen häufig gebrauchten elemente -m (§. 219), demnach muß es ei- nen pronominalstamm geben, dessen hauptelement m ist. Ein solcher findet sich im altind., wo er ama (nom. sg. áma-s hic), amu (ille, z. b. acc. sg. msc. amú-m) und ami (ille, ergänzt amu in gewissen casusformen, z. b. instr. plur. masc. amî́-bhis) lautet und demonstrative function hat. Warscheinlich ligt di- sen stämmen eine pronominalwurzel am zu grunde *). Indogerm. ursprache. 1. vâk-am; 2. dus-manas-am, neutr. manas; 3. taksan-am, neutr. gnâ-man; 4. bharant-am, *) Diß mag zugleich als nachtrag zu §. 219, s. 329 gelten, da die suffixe ma u. s. f. diser pronominalwurzel entstammen.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schleicher_indogermanische02_1862
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schleicher_indogermanische02_1862/163
Zitationshilfe: Schleicher, August: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Bd. 2. Weimar, 1862, S. 437. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleicher_indogermanische02_1862/163>, abgerufen am 02.05.2024.