Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schlegel, Friedrich von: Ueber die Sprache und Weisheit der Indier. Heidelberg, 1808.

Bild:
<< vorherige Seite
Besiegt ist mein Herz von des Mitleids Schwäche, dich
fleh ich an, weiß nicht was Pflicht hier zu sehn!
Was besser sei, sag es in Wahrheit du mir, dein Schüler
ja bin ich, o lehr es jetzt mich!
Und nichts erspähn kann ich, das mich befreite vom
Schmerz, der mir zehrend die Sinne dorret;
Und fänd' ich auch weiten Gebiets Besitzthum, ja selbst
im Reich himmlischer Helden herrschend.

Bhogovan.

Was nicht zu klagen ist, klagst du, redend doch
nach der Weisen Spruch.
Nicht die gehn, auch die bleiben nicht, beweint
jemals, wer weise denkt.
Nicht ich war irgend jemals nicht, noch du, noch
jene Helden dort;
Noch werden wiederum nicht sein irgend jemals
wir allesamt.
Wie im sterblichen Leibe hier Kindheit, Jugend
und Alter sind,
Wechselt des Lebens Hülle auch; wer dieß festhält,
den irret nichts.
Stoff und Eindruck, o Kunti's Sohn, machen
heiß, kalt, und Freud' und Leid,
Kommen und schwinden stets wechselnd; standhaft
trag' sie, Bhorots Sohn!5)
5) Orjun ist ein Abkömmling des Kuru, so wie dieser vom
Beſiegt iſt mein Herz von des Mitleids Schwäche, dich
fleh ich an, weiß nicht was Pflicht hier zu ſehn!
Was beſſer ſei, ſag es in Wahrheit du mir, dein Schüler
ja bin ich, o lehr es jetzt mich!
Und nichts erſpähn kann ich, das mich befreite vom
Schmerz, der mir zehrend die Sinne dorret;
Und fänd’ ich auch weiten Gebiets Beſitzthum, ja ſelbſt
im Reich himmliſcher Helden herrſchend.

Bhogovan.

Was nicht zu klagen iſt, klagſt du, redend doch
nach der Weiſen Spruch.
Nicht die gehn, auch die bleiben nicht, beweint
jemals, wer weiſe denkt.
Nicht ich war irgend jemals nicht, noch du, noch
jene Helden dort;
Noch werden wiederum nicht ſein irgend jemals
wir alleſamt.
Wie im ſterblichen Leibe hier Kindheit, Jugend
und Alter ſind,
Wechſelt des Lebens Hülle auch; wer dieß feſthält,
den irret nichts.
Stoff und Eindruck, o Kunti’s Sohn, machen
heiß, kalt, und Freud’ und Leid,
Kommen und ſchwinden ſtets wechſelnd; ſtandhaft
trag’ ſie, Bhorots Sohn!5)
5) Orjun iſt ein Abkömmling des Kuru, ſo wie dieſer vom
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <pb facs="#f0310" n="291"/>
              <l>Be&#x017F;iegt i&#x017F;t mein Herz von des Mitleids Schwäche, dich</l><lb/>
              <l>fleh ich an, weiß nicht was Pflicht hier zu &#x017F;ehn!</l><lb/>
              <l>Was be&#x017F;&#x017F;er &#x017F;ei, &#x017F;ag es in Wahrheit du mir, dein Schüler</l><lb/>
              <l>ja bin ich, o lehr es jetzt mich!</l><lb/>
              <l>Und nichts er&#x017F;pähn kann ich, das mich befreite vom</l><lb/>
              <l>Schmerz, der mir zehrend die Sinne dorret;</l><lb/>
              <l>Und fänd&#x2019; ich auch weiten Gebiets Be&#x017F;itzthum, ja &#x017F;elb&#x017F;t</l><lb/>
              <l>im Reich himmli&#x017F;cher Helden herr&#x017F;chend.</l>
            </lg><lb/>
            <p> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Bhogovan</hi>.</hi> </p><lb/>
            <lg type="poem">
              <l>Was nicht zu klagen i&#x017F;t, klag&#x017F;t du, redend doch</l><lb/>
              <l>nach der Wei&#x017F;en Spruch.</l><lb/>
              <l>Nicht die gehn, auch die bleiben nicht, beweint</l><lb/>
              <l>jemals, wer wei&#x017F;e denkt.</l><lb/>
              <l>Nicht ich war irgend jemals nicht, noch du, noch</l><lb/>
              <l>jene Helden dort;</l><lb/>
              <l>Noch werden wiederum nicht &#x017F;ein irgend jemals</l><lb/>
              <l>wir alle&#x017F;amt.</l><lb/>
              <l>Wie im &#x017F;terblichen Leibe hier Kindheit, Jugend</l><lb/>
              <l>und Alter &#x017F;ind,</l><lb/>
              <l>Wech&#x017F;elt des Lebens Hülle auch; wer dieß fe&#x017F;thält,</l><lb/>
              <l>den irret nichts.</l><lb/>
              <l>Stoff und Eindruck, o <hi rendition="#g">Kunti</hi>&#x2019;s Sohn, machen</l><lb/>
              <l>heiß, kalt, und Freud&#x2019; und Leid,</l><lb/>
              <l>Kommen und &#x017F;chwinden &#x017F;tets wech&#x017F;elnd; &#x017F;tandhaft</l><lb/>
              <l>trag&#x2019; &#x017F;ie, <hi rendition="#g">Bhorots</hi> Sohn!<note xml:id="note-0310" next="#note-0311" place="foot" n="5)">Orjun i&#x017F;t ein Abkömmling des Kuru, &#x017F;o wie die&#x017F;er vom</note></l>
            </lg><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[291/0310] Beſiegt iſt mein Herz von des Mitleids Schwäche, dich fleh ich an, weiß nicht was Pflicht hier zu ſehn! Was beſſer ſei, ſag es in Wahrheit du mir, dein Schüler ja bin ich, o lehr es jetzt mich! Und nichts erſpähn kann ich, das mich befreite vom Schmerz, der mir zehrend die Sinne dorret; Und fänd’ ich auch weiten Gebiets Beſitzthum, ja ſelbſt im Reich himmliſcher Helden herrſchend. Bhogovan. Was nicht zu klagen iſt, klagſt du, redend doch nach der Weiſen Spruch. Nicht die gehn, auch die bleiben nicht, beweint jemals, wer weiſe denkt. Nicht ich war irgend jemals nicht, noch du, noch jene Helden dort; Noch werden wiederum nicht ſein irgend jemals wir alleſamt. Wie im ſterblichen Leibe hier Kindheit, Jugend und Alter ſind, Wechſelt des Lebens Hülle auch; wer dieß feſthält, den irret nichts. Stoff und Eindruck, o Kunti’s Sohn, machen heiß, kalt, und Freud’ und Leid, Kommen und ſchwinden ſtets wechſelnd; ſtandhaft trag’ ſie, Bhorots Sohn! 5) 5) Orjun iſt ein Abkömmling des Kuru, ſo wie dieſer vom

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_indier_1808
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_indier_1808/310
Zitationshilfe: Schlegel, Friedrich von: Ueber die Sprache und Weisheit der Indier. Heidelberg, 1808, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_indier_1808/310>, abgerufen am 28.11.2024.