Geistes noch so viele Spuren finden, bis zur Erinnrung gemildert und beruhigt war.
Ein Denkmal für die früheste Geschichte Indiens haben wir, was zuverlässiger und älter ist als alle, die in Worten abgefaßt und durch Schrift erhalten sind; dieses ist die indische Ver- fassung selbst. Konnte eine für die niedern Stände so harte Verfassung wohl anders als durch Gewalt und eine Zeit des Kampfs einge- führt werden, dessen Schwankungen und Gäh- rungen zahlreiche Stämme zur Auswanderung zwingen und bewegen konnten und mußten? Durch die Mischung solcher aus dem Mutter- lande fliehenden Stämme mit wilden Völker- schaften liesse sich die entferntere Annäherung und Verwandtschaft der slavischen an die Familie der edlen Sprachen erklären. Doch brauchten es nicht bloß unterdrückte zu sein, die da flohen; andre konnten bloß, weil sie das Verderben und die Zerrüttung, die der Einführung einer solchen Verfassung nothwendig vorhergegangen sein müs- sen, verabscheuten und rein geblieben waren, gleichfalls fliehen, um sich in weiter Ferne noch
Geiſtes noch ſo viele Spuren finden, bis zur Erinnrung gemildert und beruhigt war.
Ein Denkmal fuͤr die fruͤheſte Geſchichte Indiens haben wir, was zuverlaͤſſiger und aͤlter iſt als alle, die in Worten abgefaßt und durch Schrift erhalten ſind; dieſes iſt die indiſche Ver- faſſung ſelbſt. Konnte eine fuͤr die niedern Staͤnde ſo harte Verfaſſung wohl anders als durch Gewalt und eine Zeit des Kampfs einge- fuͤhrt werden, deſſen Schwankungen und Gaͤh- rungen zahlreiche Staͤmme zur Auswanderung zwingen und bewegen konnten und mußten? Durch die Miſchung ſolcher aus dem Mutter- lande fliehenden Staͤmme mit wilden Voͤlker- ſchaften lieſſe ſich die entferntere Annaͤherung und Verwandtſchaft der ſlaviſchen an die Familie der edlen Sprachen erklaͤren. Doch brauchten es nicht bloß unterdruͤckte zu ſein, die da flohen; andre konnten bloß, weil ſie das Verderben und die Zerruͤttung, die der Einfuͤhrung einer ſolchen Verfaſſung nothwendig vorhergegangen ſein muͤſ- ſen, verabſcheuten und rein geblieben waren, gleichfalls fliehen, um ſich in weiter Ferne noch
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0201"n="182"/>
Geiſtes noch ſo viele Spuren finden, bis zur<lb/>
Erinnrung gemildert und beruhigt war.</p><lb/><p>Ein Denkmal fuͤr die fruͤheſte Geſchichte<lb/>
Indiens haben wir, was zuverlaͤſſiger und aͤlter<lb/>
iſt als alle, die in Worten abgefaßt und durch<lb/>
Schrift erhalten ſind; dieſes iſt die indiſche Ver-<lb/>
faſſung ſelbſt. Konnte eine fuͤr die niedern<lb/>
Staͤnde ſo harte Verfaſſung wohl anders als<lb/>
durch Gewalt und eine Zeit des Kampfs einge-<lb/>
fuͤhrt werden, deſſen Schwankungen und Gaͤh-<lb/>
rungen zahlreiche Staͤmme zur Auswanderung<lb/>
zwingen und bewegen konnten und mußten?<lb/>
Durch die Miſchung ſolcher aus dem Mutter-<lb/>
lande fliehenden Staͤmme mit wilden Voͤlker-<lb/>ſchaften lieſſe ſich die entferntere Annaͤherung<lb/>
und Verwandtſchaft der ſlaviſchen an die Familie<lb/>
der edlen Sprachen erklaͤren. Doch brauchten<lb/>
es nicht bloß unterdruͤckte zu ſein, die da flohen;<lb/>
andre konnten bloß, weil ſie das Verderben und<lb/>
die Zerruͤttung, die der Einfuͤhrung einer ſolchen<lb/>
Verfaſſung nothwendig vorhergegangen ſein muͤſ-<lb/>ſen, verabſcheuten und rein geblieben waren,<lb/>
gleichfalls fliehen, um ſich in weiter Ferne noch<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[182/0201]
Geiſtes noch ſo viele Spuren finden, bis zur
Erinnrung gemildert und beruhigt war.
Ein Denkmal fuͤr die fruͤheſte Geſchichte
Indiens haben wir, was zuverlaͤſſiger und aͤlter
iſt als alle, die in Worten abgefaßt und durch
Schrift erhalten ſind; dieſes iſt die indiſche Ver-
faſſung ſelbſt. Konnte eine fuͤr die niedern
Staͤnde ſo harte Verfaſſung wohl anders als
durch Gewalt und eine Zeit des Kampfs einge-
fuͤhrt werden, deſſen Schwankungen und Gaͤh-
rungen zahlreiche Staͤmme zur Auswanderung
zwingen und bewegen konnten und mußten?
Durch die Miſchung ſolcher aus dem Mutter-
lande fliehenden Staͤmme mit wilden Voͤlker-
ſchaften lieſſe ſich die entferntere Annaͤherung
und Verwandtſchaft der ſlaviſchen an die Familie
der edlen Sprachen erklaͤren. Doch brauchten
es nicht bloß unterdruͤckte zu ſein, die da flohen;
andre konnten bloß, weil ſie das Verderben und
die Zerruͤttung, die der Einfuͤhrung einer ſolchen
Verfaſſung nothwendig vorhergegangen ſein muͤſ-
ſen, verabſcheuten und rein geblieben waren,
gleichfalls fliehen, um ſich in weiter Ferne noch
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schlegel, Friedrich von: Ueber die Sprache und Weisheit der Indier. Heidelberg, 1808, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_indier_1808/201>, abgerufen am 02.05.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.