sehen, als in dem indischen Ramo; dem milden Sieger, dessen freiwillige Verbannung in die Einsamkeit und bald unglückliche bald glückliche Liebe zur Sita so dichterisch schön und rührend besungen wird.
Auf eine noch höhere Stufe tritt diese An- sicht, wenn wir die hohe Sittlichkeit in dem Le- ben und Lehren der indischen Einsiedler und Muni's betrachten, besonders wie sie in den Puranas dargestellt sind. Die Härte jener alten Büßer und Rishis, die durch selbstgewählte Qualen eine höhere Stufe der Seeligkeit und übernatürliche Kräfte erzwingen und ertrotzen wollten, tritt mehr in den Hintergrund zurück, und es zeigt sich hie und da die sanfteste Erge- bung in Gott, eine Gesinnung voll Demuth und Milde, reine himmlische Liebe.
Wenn die Verehrung des Vishnu in den Veda's eine große Stelle einnimmt, so fragt sich's vor allen Dingen, ob der Begriff und die Ansicht desselben auch ganz dieselbe sei wie in den Puranas. In dem Gesetzbuch des Monu ist dies wenigstens durchaus nicht der Fall. Doch davon genug; denn was wir bis jetzt
ſehen, als in dem indiſchen Ramo; dem milden Sieger, deſſen freiwillige Verbannung in die Einſamkeit und bald ungluͤckliche bald gluͤckliche Liebe zur Sita ſo dichteriſch ſchoͤn und ruͤhrend beſungen wird.
Auf eine noch hoͤhere Stufe tritt dieſe An- ſicht, wenn wir die hohe Sittlichkeit in dem Le- ben und Lehren der indiſchen Einſiedler und Muni’s betrachten, beſonders wie ſie in den Puranas dargeſtellt ſind. Die Haͤrte jener alten Buͤßer und Riſhis, die durch ſelbſtgewaͤhlte Qualen eine hoͤhere Stufe der Seeligkeit und uͤbernatuͤrliche Kraͤfte erzwingen und ertrotzen wollten, tritt mehr in den Hintergrund zuruͤck, und es zeigt ſich hie und da die ſanfteſte Erge- bung in Gott, eine Geſinnung voll Demuth und Milde, reine himmliſche Liebe.
Wenn die Verehrung des Viſhnu in den Veda’s eine große Stelle einnimmt, ſo fragt ſich’s vor allen Dingen, ob der Begriff und die Anſicht deſſelben auch ganz dieſelbe ſei wie in den Puranas. In dem Geſetzbuch des Monu iſt dies wenigſtens durchaus nicht der Fall. Doch davon genug; denn was wir bis jetzt
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ſehen, als in dem indiſchen Ramo; dem milden
Sieger, deſſen freiwillige Verbannung in die
Einſamkeit und bald ungluͤckliche bald gluͤckliche
Liebe zur Sita ſo dichteriſch ſchoͤn und ruͤhrend
beſungen wird.
Auf eine noch hoͤhere Stufe tritt dieſe An-
ſicht, wenn wir die hohe Sittlichkeit in dem Le-
ben und Lehren der indiſchen Einſiedler und
Muni’s betrachten, beſonders wie ſie in den
Puranas dargeſtellt ſind. Die Haͤrte jener alten
Buͤßer und Riſhis, die durch ſelbſtgewaͤhlte
Qualen eine hoͤhere Stufe der Seeligkeit und
uͤbernatuͤrliche Kraͤfte erzwingen und ertrotzen
wollten, tritt mehr in den Hintergrund zuruͤck,
und es zeigt ſich hie und da die ſanfteſte Erge-
bung in Gott, eine Geſinnung voll Demuth
und Milde, reine himmliſche Liebe.
Wenn die Verehrung des Viſhnu in den
Veda’s eine große Stelle einnimmt, ſo fragt
ſich’s vor allen Dingen, ob der Begriff und die
Anſicht deſſelben auch ganz dieſelbe ſei wie in
den Puranas. In dem Geſetzbuch des Monu
iſt dies wenigſtens durchaus nicht der Fall.
Doch davon genug; denn was wir bis jetzt
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Schlegel, Friedrich von: Ueber die Sprache und Weisheit der Indier. Heidelberg, 1808, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_indier_1808/151>, abgerufen am 23.11.2024.
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