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Schlegel, Friedrich von: Ueber die Sprache und Weisheit der Indier. Heidelberg, 1808.

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würdig und wohl göttlich dürfen wir diesen
Ursprung nennen; denn es kann das freie Leben
der reinen und sittlichen Kraft nur durch die
That ergriffen werden. Bloß erdichtet oder ver-
nünftelt ist diese Lehre nicht, und der Kampf
des Guten und Bösen ist ein Wort ohne Sinn
ausser für denjenigen, der mit allen Kräften sei-
nes Wesens selbst gekämpft hat gegen das Böse,
aus reiner Begeisterung für das Gute; obwohl
also System in Rücksicht des einfachen Glieder-
baus, ist doch diese Lehre nothwendig und ur-
sorünglich mehr als das, ist That und Leben.
Wer aber erst des eignen freien Wirkens sich
bewußt ward, mag dann durch jenes auch das
Leben der Natur verstehen.

In der Natur verehrt diese Religion nicht
das Wilde, Zerstörende, nicht Wollust und Tod,
sondern das Reinste und Wohlthätigste, Feuer
und Licht; überhaupt das freie Leben und den
innern Geist. Die sieben Amshaspands oder
Geister der Elemente und Grundkräfte, stehen als
eben so viel Könige der Natur um den Thron
des Herrschers, des Herrlichsten und Ersten unter
ihnen. Den Himmel erfüllen die heiligen Feruers

wuͤrdig und wohl goͤttlich duͤrfen wir dieſen
Urſprung nennen; denn es kann das freie Leben
der reinen und ſittlichen Kraft nur durch die
That ergriffen werden. Bloß erdichtet oder ver-
nuͤnftelt iſt dieſe Lehre nicht, und der Kampf
des Guten und Boͤſen iſt ein Wort ohne Sinn
auſſer fuͤr denjenigen, der mit allen Kraͤften ſei-
nes Weſens ſelbſt gekaͤmpft hat gegen das Boͤſe,
aus reiner Begeiſterung fuͤr das Gute; obwohl
alſo Syſtem in Ruͤckſicht des einfachen Glieder-
baus, iſt doch dieſe Lehre nothwendig und ur-
ſoruͤnglich mehr als das, iſt That und Leben.
Wer aber erſt des eignen freien Wirkens ſich
bewußt ward, mag dann durch jenes auch das
Leben der Natur verſtehen.

In der Natur verehrt dieſe Religion nicht
das Wilde, Zerſtoͤrende, nicht Wolluſt und Tod,
ſondern das Reinſte und Wohlthaͤtigſte, Feuer
und Licht; uͤberhaupt das freie Leben und den
innern Geiſt. Die ſieben Amſhaſpands oder
Geiſter der Elemente und Grundkraͤfte, ſtehen als
eben ſo viel Koͤnige der Natur um den Thron
des Herrſchers, des Herrlichſten und Erſten unter
ihnen. Den Himmel erfuͤllen die heiligen Feruers

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[128/0147] wuͤrdig und wohl goͤttlich duͤrfen wir dieſen Urſprung nennen; denn es kann das freie Leben der reinen und ſittlichen Kraft nur durch die That ergriffen werden. Bloß erdichtet oder ver- nuͤnftelt iſt dieſe Lehre nicht, und der Kampf des Guten und Boͤſen iſt ein Wort ohne Sinn auſſer fuͤr denjenigen, der mit allen Kraͤften ſei- nes Weſens ſelbſt gekaͤmpft hat gegen das Boͤſe, aus reiner Begeiſterung fuͤr das Gute; obwohl alſo Syſtem in Ruͤckſicht des einfachen Glieder- baus, iſt doch dieſe Lehre nothwendig und ur- ſoruͤnglich mehr als das, iſt That und Leben. Wer aber erſt des eignen freien Wirkens ſich bewußt ward, mag dann durch jenes auch das Leben der Natur verſtehen. In der Natur verehrt dieſe Religion nicht das Wilde, Zerſtoͤrende, nicht Wolluſt und Tod, ſondern das Reinſte und Wohlthaͤtigſte, Feuer und Licht; uͤberhaupt das freie Leben und den innern Geiſt. Die ſieben Amſhaſpands oder Geiſter der Elemente und Grundkraͤfte, ſtehen als eben ſo viel Koͤnige der Natur um den Thron des Herrſchers, des Herrlichſten und Erſten unter ihnen. Den Himmel erfuͤllen die heiligen Feruers

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Zitationshilfe: Schlegel, Friedrich von: Ueber die Sprache und Weisheit der Indier. Heidelberg, 1808, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_indier_1808/147>, abgerufen am 25.11.2024.