würdig und wohl göttlich dürfen wir diesen Ursprung nennen; denn es kann das freie Leben der reinen und sittlichen Kraft nur durch die That ergriffen werden. Bloß erdichtet oder ver- nünftelt ist diese Lehre nicht, und der Kampf des Guten und Bösen ist ein Wort ohne Sinn ausser für denjenigen, der mit allen Kräften sei- nes Wesens selbst gekämpft hat gegen das Böse, aus reiner Begeisterung für das Gute; obwohl also System in Rücksicht des einfachen Glieder- baus, ist doch diese Lehre nothwendig und ur- sorünglich mehr als das, ist That und Leben. Wer aber erst des eignen freien Wirkens sich bewußt ward, mag dann durch jenes auch das Leben der Natur verstehen.
In der Natur verehrt diese Religion nicht das Wilde, Zerstörende, nicht Wollust und Tod, sondern das Reinste und Wohlthätigste, Feuer und Licht; überhaupt das freie Leben und den innern Geist. Die sieben Amshaspands oder Geister der Elemente und Grundkräfte, stehen als eben so viel Könige der Natur um den Thron des Herrschers, des Herrlichsten und Ersten unter ihnen. Den Himmel erfüllen die heiligen Feruers
wuͤrdig und wohl goͤttlich duͤrfen wir dieſen Urſprung nennen; denn es kann das freie Leben der reinen und ſittlichen Kraft nur durch die That ergriffen werden. Bloß erdichtet oder ver- nuͤnftelt iſt dieſe Lehre nicht, und der Kampf des Guten und Boͤſen iſt ein Wort ohne Sinn auſſer fuͤr denjenigen, der mit allen Kraͤften ſei- nes Weſens ſelbſt gekaͤmpft hat gegen das Boͤſe, aus reiner Begeiſterung fuͤr das Gute; obwohl alſo Syſtem in Ruͤckſicht des einfachen Glieder- baus, iſt doch dieſe Lehre nothwendig und ur- ſoruͤnglich mehr als das, iſt That und Leben. Wer aber erſt des eignen freien Wirkens ſich bewußt ward, mag dann durch jenes auch das Leben der Natur verſtehen.
In der Natur verehrt dieſe Religion nicht das Wilde, Zerſtoͤrende, nicht Wolluſt und Tod, ſondern das Reinſte und Wohlthaͤtigſte, Feuer und Licht; uͤberhaupt das freie Leben und den innern Geiſt. Die ſieben Amſhaſpands oder Geiſter der Elemente und Grundkraͤfte, ſtehen als eben ſo viel Koͤnige der Natur um den Thron des Herrſchers, des Herrlichſten und Erſten unter ihnen. Den Himmel erfuͤllen die heiligen Feruers
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0147"n="128"/>
wuͤrdig und wohl goͤttlich duͤrfen wir dieſen<lb/>
Urſprung nennen; denn es kann das freie Leben<lb/>
der reinen und ſittlichen Kraft nur durch die<lb/>
That ergriffen werden. Bloß erdichtet oder ver-<lb/>
nuͤnftelt iſt dieſe Lehre nicht, und der Kampf<lb/>
des Guten und Boͤſen iſt ein Wort ohne Sinn<lb/>
auſſer fuͤr denjenigen, der mit allen Kraͤften ſei-<lb/>
nes Weſens ſelbſt gekaͤmpft hat gegen das Boͤſe,<lb/>
aus reiner Begeiſterung fuͤr das Gute; obwohl<lb/>
alſo Syſtem in Ruͤckſicht des einfachen Glieder-<lb/>
baus, iſt doch dieſe Lehre nothwendig und ur-<lb/>ſoruͤnglich mehr als das, iſt That und Leben.<lb/>
Wer aber erſt des eignen freien Wirkens ſich<lb/>
bewußt ward, mag dann durch jenes auch das<lb/>
Leben der Natur verſtehen.</p><lb/><p>In der Natur verehrt dieſe Religion nicht<lb/>
das Wilde, Zerſtoͤrende, nicht Wolluſt und Tod,<lb/>ſondern das Reinſte und Wohlthaͤtigſte, Feuer<lb/>
und Licht; uͤberhaupt das freie Leben und den<lb/>
innern Geiſt. Die ſieben Amſhaſpands oder<lb/>
Geiſter der Elemente und Grundkraͤfte, ſtehen als<lb/>
eben ſo viel Koͤnige der Natur um den Thron<lb/>
des Herrſchers, des Herrlichſten und Erſten unter<lb/>
ihnen. Den Himmel erfuͤllen die heiligen Feruers<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[128/0147]
wuͤrdig und wohl goͤttlich duͤrfen wir dieſen
Urſprung nennen; denn es kann das freie Leben
der reinen und ſittlichen Kraft nur durch die
That ergriffen werden. Bloß erdichtet oder ver-
nuͤnftelt iſt dieſe Lehre nicht, und der Kampf
des Guten und Boͤſen iſt ein Wort ohne Sinn
auſſer fuͤr denjenigen, der mit allen Kraͤften ſei-
nes Weſens ſelbſt gekaͤmpft hat gegen das Boͤſe,
aus reiner Begeiſterung fuͤr das Gute; obwohl
alſo Syſtem in Ruͤckſicht des einfachen Glieder-
baus, iſt doch dieſe Lehre nothwendig und ur-
ſoruͤnglich mehr als das, iſt That und Leben.
Wer aber erſt des eignen freien Wirkens ſich
bewußt ward, mag dann durch jenes auch das
Leben der Natur verſtehen.
In der Natur verehrt dieſe Religion nicht
das Wilde, Zerſtoͤrende, nicht Wolluſt und Tod,
ſondern das Reinſte und Wohlthaͤtigſte, Feuer
und Licht; uͤberhaupt das freie Leben und den
innern Geiſt. Die ſieben Amſhaſpands oder
Geiſter der Elemente und Grundkraͤfte, ſtehen als
eben ſo viel Koͤnige der Natur um den Thron
des Herrſchers, des Herrlichſten und Erſten unter
ihnen. Den Himmel erfuͤllen die heiligen Feruers
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schlegel, Friedrich von: Ueber die Sprache und Weisheit der Indier. Heidelberg, 1808, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_indier_1808/147>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.