Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schlegel, Johann Elias: Canut. Kopenhagen, 1746.

Bild:
<< vorherige Seite
Canut,
Möcht ich doch im Gemahl nicht mehr zu meinem
Schrecken,
Nach längst versprochner Ruh, stets neuen Haß ent-
decken!
Ach! sind denn nun einmal die frohen Tage da,
Die ich so oft gewünscht, und nie erscheinen sah?
Ulfo.
Doch da mich Ruhm und Pflicht von deiner Seite
trennen,
Sprich, wirst du mich auch noch abwesend lieben
können?
Estrithe.
Wie? du entferntest dich? und ich verweilte hier?
Da du mich erst vergnügst, verbannst du mich von dir?
Nein! Pflicht und Ruhm, die dich hier nicht verweilen
heissen,
Erdenken kein Gesetz, um mich von dir zu reissen.
Jch bin dir nachgefolgt, da Mangel und Gefahr
Noch die erträglichste von meinen Sorgen war;
Da, wenn mich das Geschick mit dir in Noth ver-
senkte,
Des Unglücks Qvelle mich mehr als das Unglück
kränkte.
Jtzt führe mich mit dir, daß ich mit gleicher Treu
Gefährtin der Gefahr, des Ruhmes Zeugin sey,
Um als Zuschauerin an den gerechten Siegen,
Die du erkämpfen sollst, mich mit dir zu vergnügen.
Wie werd ich mich erfreun, wenn du, von Muth erhitzt,
Den Arm, so würdig brauchst, der so viel Krafft be-
sitzt,
Und
Canut,
Moͤcht ich doch im Gemahl nicht mehr zu meinem
Schrecken,
Nach laͤngſt verſprochner Ruh, ſtets neuen Haß ent-
decken!
Ach! ſind denn nun einmal die frohen Tage da,
Die ich ſo oft gewuͤnſcht, und nie erſcheinen ſah?
Ulfo.
Doch da mich Ruhm und Pflicht von deiner Seite
trennen,
Sprich, wirſt du mich auch noch abweſend lieben
koͤnnen?
Eſtrithe.
Wie? du entfernteſt dich? und ich verweilte hier?
Da du mich erſt vergnuͤgſt, verbannſt du mich von dir?
Nein! Pflicht und Ruhm, die dich hier nicht verweilen
heiſſen,
Erdenken kein Geſetz, um mich von dir zu reiſſen.
Jch bin dir nachgefolgt, da Mangel und Gefahr
Noch die ertraͤglichſte von meinen Sorgen war;
Da, wenn mich das Geſchick mit dir in Noth ver-
ſenkte,
Des Ungluͤcks Qvelle mich mehr als das Ungluͤck
kraͤnkte.
Jtzt fuͤhre mich mit dir, daß ich mit gleicher Treu
Gefaͤhrtin der Gefahr, des Ruhmes Zeugin ſey,
Um als Zuſchauerin an den gerechten Siegen,
Die du erkaͤmpfen ſollſt, mich mit dir zu vergnuͤgen.
Wie werd ich mich erfreun, wenn du, von Muth erhitzt,
Den Arm, ſo wuͤrdig brauchſt, der ſo viel Krafft be-
ſitzt,
Und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#EST">
            <p><pb facs="#f0064" n="50"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Canut,</hi></fw><lb/>
Mo&#x0364;cht ich doch im Gemahl nicht mehr zu meinem<lb/><hi rendition="#et">Schrecken,</hi><lb/>
Nach la&#x0364;ng&#x017F;t ver&#x017F;prochner Ruh, &#x017F;tets neuen Haß ent-<lb/><hi rendition="#et">decken!</hi><lb/>
Ach! &#x017F;ind denn nun einmal die frohen Tage da,<lb/>
Die ich &#x017F;o oft gewu&#x0364;n&#x017F;cht, und nie er&#x017F;cheinen &#x017F;ah?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#ULF">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Ulfo.</hi> </speaker><lb/>
            <p>Doch da mich Ruhm und Pflicht von deiner Seite<lb/><hi rendition="#et">trennen,</hi><lb/>
Sprich, wir&#x017F;t du mich auch noch abwe&#x017F;end lieben<lb/><hi rendition="#et">ko&#x0364;nnen?</hi></p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#EST">
            <speaker> <hi rendition="#fr">E&#x017F;trithe.</hi> </speaker><lb/>
            <p>Wie? du entfernte&#x017F;t dich? und ich verweilte hier?<lb/>
Da du mich er&#x017F;t vergnu&#x0364;g&#x017F;t, verbann&#x017F;t du mich von dir?<lb/>
Nein! Pflicht und Ruhm, die dich hier nicht verweilen<lb/><hi rendition="#et">hei&#x017F;&#x017F;en,</hi><lb/>
Erdenken kein Ge&#x017F;etz, um mich von dir zu rei&#x017F;&#x017F;en.<lb/>
Jch bin dir nachgefolgt, da Mangel und Gefahr<lb/>
Noch die ertra&#x0364;glich&#x017F;te von meinen Sorgen war;<lb/>
Da, wenn mich das Ge&#x017F;chick mit dir in Noth ver-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;enkte,</hi><lb/>
Des Unglu&#x0364;cks Qvelle mich mehr als das Unglu&#x0364;ck<lb/><hi rendition="#et">kra&#x0364;nkte.</hi><lb/>
Jtzt fu&#x0364;hre mich mit dir, daß ich mit gleicher Treu<lb/>
Gefa&#x0364;hrtin der Gefahr, des Ruhmes Zeugin &#x017F;ey,<lb/>
Um als Zu&#x017F;chauerin an den gerechten Siegen,<lb/>
Die du erka&#x0364;mpfen &#x017F;oll&#x017F;t, mich mit dir zu vergnu&#x0364;gen.<lb/>
Wie werd ich mich erfreun, wenn du, von Muth erhitzt,<lb/>
Den Arm, &#x017F;o wu&#x0364;rdig brauch&#x017F;t, der &#x017F;o viel Krafft be-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;itzt,</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Und</fw><lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[50/0064] Canut, Moͤcht ich doch im Gemahl nicht mehr zu meinem Schrecken, Nach laͤngſt verſprochner Ruh, ſtets neuen Haß ent- decken! Ach! ſind denn nun einmal die frohen Tage da, Die ich ſo oft gewuͤnſcht, und nie erſcheinen ſah? Ulfo. Doch da mich Ruhm und Pflicht von deiner Seite trennen, Sprich, wirſt du mich auch noch abweſend lieben koͤnnen? Eſtrithe. Wie? du entfernteſt dich? und ich verweilte hier? Da du mich erſt vergnuͤgſt, verbannſt du mich von dir? Nein! Pflicht und Ruhm, die dich hier nicht verweilen heiſſen, Erdenken kein Geſetz, um mich von dir zu reiſſen. Jch bin dir nachgefolgt, da Mangel und Gefahr Noch die ertraͤglichſte von meinen Sorgen war; Da, wenn mich das Geſchick mit dir in Noth ver- ſenkte, Des Ungluͤcks Qvelle mich mehr als das Ungluͤck kraͤnkte. Jtzt fuͤhre mich mit dir, daß ich mit gleicher Treu Gefaͤhrtin der Gefahr, des Ruhmes Zeugin ſey, Um als Zuſchauerin an den gerechten Siegen, Die du erkaͤmpfen ſollſt, mich mit dir zu vergnuͤgen. Wie werd ich mich erfreun, wenn du, von Muth erhitzt, Den Arm, ſo wuͤrdig brauchſt, der ſo viel Krafft be- ſitzt, Und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_canut_1746
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_canut_1746/64
Zitationshilfe: Schlegel, Johann Elias: Canut. Kopenhagen, 1746, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_canut_1746/64>, abgerufen am 03.05.2024.