Schlegel, Johann Elias: Canut. Kopenhagen, 1746.ein Trauerspiel. Erinnerst du dich nicht, wie du in jener SchlachtJn Schottlands Bergen dich der Welt zum Spott gemacht? Wie du durch feige Flucht aus Sorge für dein Leben, Dem feindlichen Gewehr den Rücken bloß gegeben; Und daß du, wenn ein Held auf der benarbten Brust Ruhmvolle Wunden zeigt, die deinen bergen mußt? Dieß hat, Unwürdiger, mir längst der Ruff entdecket, Wie schamroth hab ich mich vor alle Welt verstecket; Wie zitternd und voll Zorn hab ich den Spott gehört, Der, den ich liebte sey vor aller Welt entehrt? Jch schäme mich noch itzt, daß du mein Herz besessen. Mich kränkt noch diese Schmach, und du hast sie ver- gessen. Du trittst nach solcher That noch kühn vor mein Ge- sicht, Du thust, als wüßtest du von deiner Schande nicht. Du meynst, ich scheue mich noch selbst vor deinen Blicken, Und fürchte nur, du kämst mir etwas vorzurücken. Hast du noch Lieb und Treu vielleicht von mir begehrt? Wer keinen Rnhm verdient, ist keiner Liebe werth: Hab ich dich nicht mit Recht dem Ulfo nachgesetzet? Jch brach nicht meine Treu, nein! du hast sie verletzet. Dein Herz hat Ehr und Pflicht und wen du liebst ver- kannt: Drum hab ich dich mit Recht aus meiner Brust ver- bannt. Sollt ich dein feiges Herz noch stets als mein be- trachten, Mich dir zu eigen weyhn, da ich dich must verachten? So
ein Trauerſpiel. Erinnerſt du dich nicht, wie du in jener SchlachtJn Schottlands Bergen dich der Welt zum Spott gemacht? Wie du durch feige Flucht aus Sorge fuͤr dein Leben, Dem feindlichen Gewehr den Ruͤcken bloß gegeben; Und daß du, wenn ein Held auf der benarbten Bruſt Ruhmvolle Wunden zeigt, die deinen bergen mußt? Dieß hat, Unwuͤrdiger, mir laͤngſt der Ruff entdecket, Wie ſchamroth hab ich mich vor alle Welt verſtecket; Wie zitternd und voll Zorn hab ich den Spott gehoͤrt, Der, den ich liebte ſey vor aller Welt entehrt? Jch ſchaͤme mich noch itzt, daß du mein Herz beſeſſen. Mich kraͤnkt noch dieſe Schmach, und du haſt ſie ver- geſſen. Du trittſt nach ſolcher That noch kuͤhn vor mein Ge- ſicht, Du thuſt, als wuͤßteſt du von deiner Schande nicht. Du meynſt, ich ſcheue mich noch ſelbſt vor deinen Blicken, Und fuͤrchte nur, du kaͤmſt mir etwas vorzuruͤcken. Haſt du noch Lieb und Treu vielleicht von mir begehrt? Wer keinen Rnhm verdient, iſt keiner Liebe werth: Hab ich dich nicht mit Recht dem Ulfo nachgeſetzet? Jch brach nicht meine Treu, nein! du haſt ſie verletzet. Dein Herz hat Ehr und Pflicht und wen du liebſt ver- kannt: Drum hab ich dich mit Recht aus meiner Bruſt ver- bannt. Sollt ich dein feiges Herz noch ſtets als mein be- trachten, Mich dir zu eigen weyhn, da ich dich muſt verachten? So
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ein Trauerſpiel.
Erinnerſt du dich nicht, wie du in jener Schlacht
Jn Schottlands Bergen dich der Welt zum Spott
gemacht?
Wie du durch feige Flucht aus Sorge fuͤr dein
Leben,
Dem feindlichen Gewehr den Ruͤcken bloß gegeben;
Und daß du, wenn ein Held auf der benarbten Bruſt
Ruhmvolle Wunden zeigt, die deinen bergen mußt?
Dieß hat, Unwuͤrdiger, mir laͤngſt der Ruff entdecket,
Wie ſchamroth hab ich mich vor alle Welt verſtecket;
Wie zitternd und voll Zorn hab ich den Spott gehoͤrt,
Der, den ich liebte ſey vor aller Welt entehrt?
Jch ſchaͤme mich noch itzt, daß du mein Herz beſeſſen.
Mich kraͤnkt noch dieſe Schmach, und du haſt ſie ver-
geſſen.
Du trittſt nach ſolcher That noch kuͤhn vor mein Ge-
ſicht,
Du thuſt, als wuͤßteſt du von deiner Schande nicht.
Du meynſt, ich ſcheue mich noch ſelbſt vor deinen
Blicken,
Und fuͤrchte nur, du kaͤmſt mir etwas vorzuruͤcken.
Haſt du noch Lieb und Treu vielleicht von mir begehrt?
Wer keinen Rnhm verdient, iſt keiner Liebe werth:
Hab ich dich nicht mit Recht dem Ulfo nachgeſetzet?
Jch brach nicht meine Treu, nein! du haſt ſie verletzet.
Dein Herz hat Ehr und Pflicht und wen du liebſt ver-
kannt:
Drum hab ich dich mit Recht aus meiner Bruſt ver-
bannt.
Sollt ich dein feiges Herz noch ſtets als mein be-
trachten,
Mich dir zu eigen weyhn, da ich dich muſt verachten?
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