Schlegel, Johann Elias: Canut. Kopenhagen, 1746.ein Trauerspiel. Man sagt schon daß Canut, den sonst nichts überwun-den, Am Ulfo einen Feind, der siegen kann, gefunden. Doch daß ich ihn durch List und ohne Schwerdtstreich schlug, Daß ich sein Heer ersäufft, ist mir noch nicht genug. Hier selbst in seinem Sitz will ich ihm Krieg erwecken. Hat er mich erst gefurcht: nun will ich ihn erschrecken. Geh nur, und bitte du bey ihm für mein Vergehn; Du sollst es bald gehäufft, und ihn selbst bittend sehn. Er mag mir meine That zurechnen oder schenken: Es werden Helden seyn, die mit mir edel denken. Jch such sie, sey gewiß, daß dieser Arm nicht ruht, Mich nenne denn die Welt, den Sieger des Canut. (Geht ab.) Zweyter Auftritt. Gunilde, Estrithe. Gunilde. Der König wußte schon, daß du hier angekommen. Des Ulfo Wiederkehr hat ihm das Herz genommen. Canut ist immer noch der Held voll Gütigkeit, Der nur aus Zwange zürnt, aus Neigung stets ver- zeiht. Er wird von seiner Huld dich itzt versichern lassen, Und zeigen, wie bereit er sey, dich zu umfassen. Estrithe. Ach! wär ich wiederum in Wäldern tief versteckt, Vom Mangel unterdrückt und von Gefahr erschreckt! Gunil- A 3
ein Trauerſpiel. Man ſagt ſchon daß Canut, den ſonſt nichts uͤberwun-den, Am Ulfo einen Feind, der ſiegen kann, gefunden. Doch daß ich ihn durch Liſt und ohne Schwerdtſtreich ſchlug, Daß ich ſein Heer erſaͤufft, iſt mir noch nicht genug. Hier ſelbſt in ſeinem Sitz will ich ihm Krieg erwecken. Hat er mich erſt gefurcht: nun will ich ihn erſchrecken. Geh nur, und bitte du bey ihm fuͤr mein Vergehn; Du ſollſt es bald gehaͤufft, und ihn ſelbſt bittend ſehn. Er mag mir meine That zurechnen oder ſchenken: Es werden Helden ſeyn, die mit mir edel denken. Jch ſuch ſie, ſey gewiß, daß dieſer Arm nicht ruht, Mich nenne denn die Welt, den Sieger des Canut. (Geht ab.) Zweyter Auftritt. Gunilde, Eſtrithe. Gunilde. Der Koͤnig wußte ſchon, daß du hier angekommen. Des Ulfo Wiederkehr hat ihm das Herz genommen. Canut iſt immer noch der Held voll Guͤtigkeit, Der nur aus Zwange zuͤrnt, aus Neigung ſtets ver- zeiht. Er wird von ſeiner Huld dich itzt verſichern laſſen, Und zeigen, wie bereit er ſey, dich zu umfaſſen. Eſtrithe. Ach! waͤr ich wiederum in Waͤldern tief verſteckt, Vom Mangel unterdruͤckt und von Gefahr erſchreckt! Gunil- A 3
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ein Trauerſpiel.
Man ſagt ſchon daß Canut, den ſonſt nichts uͤberwun-
den,
Am Ulfo einen Feind, der ſiegen kann, gefunden.
Doch daß ich ihn durch Liſt und ohne Schwerdtſtreich
ſchlug,
Daß ich ſein Heer erſaͤufft, iſt mir noch nicht genug.
Hier ſelbſt in ſeinem Sitz will ich ihm Krieg erwecken.
Hat er mich erſt gefurcht: nun will ich ihn erſchrecken.
Geh nur, und bitte du bey ihm fuͤr mein Vergehn;
Du ſollſt es bald gehaͤufft, und ihn ſelbſt bittend ſehn.
Er mag mir meine That zurechnen oder ſchenken:
Es werden Helden ſeyn, die mit mir edel denken.
Jch ſuch ſie, ſey gewiß, daß dieſer Arm nicht ruht,
Mich nenne denn die Welt, den Sieger des Canut.
(Geht ab.)
Zweyter Auftritt.
Gunilde, Eſtrithe.
Gunilde.
Der Koͤnig wußte ſchon, daß du hier angekommen.
Des Ulfo Wiederkehr hat ihm das Herz genommen.
Canut iſt immer noch der Held voll Guͤtigkeit,
Der nur aus Zwange zuͤrnt, aus Neigung ſtets ver-
zeiht.
Er wird von ſeiner Huld dich itzt verſichern laſſen,
Und zeigen, wie bereit er ſey, dich zu umfaſſen.
Eſtrithe.
Ach! waͤr ich wiederum in Waͤldern tief verſteckt,
Vom Mangel unterdruͤckt und von Gefahr erſchreckt!
Gunil-
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Zitationshilfe: | Schlegel, Johann Elias: Canut. Kopenhagen, 1746, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_canut_1746/19>, abgerufen am 16.07.2024. |