Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite

er in die lebendigste Nachahmung gemeiner Wirklichkeit hineingeht, z.B. wenn Sancho's Natur in Zorn oder Freude sich losreißt und allen Respekt aus den Augen setzt, sie durch unmerkliche Drucke auserlesener Zierlichkeit zu heben weiß. Nirgends Uebertreibung oder Verschwendung, und besonders werden in einem Werke, dessen ganze Anlage unergründlich witzig ist, die einzelnen Scherze und Einfälle nie vorlaut. Ohne Sinn für diesen bescheidnen Farbenauftrag hat Herr S. überall verstärkt, vergröbert und den Ausdruck ins unedle und plebeje gelenkt, auch wo gar keine Veranlassung dazu da war, wie z.B. in dem Prolog, woraus ich ohne weiteres nur die erheblichsten Beyspiele hersetzen will. Un hijo, einen Burschen; pensamientos varios, Fünde und Einfälle; un hijo feo y sin gracia alguna, ungeschlachter Junge, gleich darauf Bube; la corriente del uso, dem gewöhnlichen Schlendrian; disimules, zu vertuschen; pensaba en el prologo, brütete über der Vorrede; ponerlos al principio, vor meinem Buche aufmarschiren lassen; maldiciente, ein Lästermaul; la suspension y elevamiento, das Kopfbrechen und die Verlegenheit; que estais tan lexos de serlo, como lo esta el cielo de la tierra, daß euch daran noch gewaltig viel fehlt; algunos pedantes y bachilleres, ein Paar Schulfüchse von Magistern; cuya anotacion os dara gran credito, eine Note die sich gewaschen hat. So geht es nun durch das ganze Buch; auch die Reden des Don Quixote, die im Original selbst, wenn er noch so ergrimmt ist,

er in die lebendigste Nachahmung gemeiner Wirklichkeit hineingeht, z.B. wenn Sancho's Natur in Zorn oder Freude sich losreißt und allen Respekt aus den Augen setzt, sie durch unmerkliche Drucke auserlesener Zierlichkeit zu heben weiß. Nirgends Uebertreibung oder Verschwendung, und besonders werden in einem Werke, dessen ganze Anlage unergruͤndlich witzig ist, die einzelnen Scherze und Einfaͤlle nie vorlaut. Ohne Sinn fuͤr diesen bescheidnen Farbenauftrag hat Herr S. uͤberall verstaͤrkt, vergroͤbert und den Ausdruck ins unedle und plebeje gelenkt, auch wo gar keine Veranlassung dazu da war, wie z.B. in dem Prolog, woraus ich ohne weiteres nur die erheblichsten Beyspiele hersetzen will. Un hijo, einen Burschen; pensamientos varios, Fuͤnde und Einfaͤlle; un hijo feo y sin gracia alguna, ungeschlachter Junge, gleich darauf Bube; la corriente del uso, dem gewoͤhnlichen Schlendrian; disimules, zu vertuschen; pensaba en el prologo, bruͤtete uͤber der Vorrede; ponerlos al principio, vor meinem Buche aufmarschiren lassen; maldiciente, ein Laͤstermaul; la suspension y elevamiento, das Kopfbrechen und die Verlegenheit; que estais tan lexos de serlo, como lo está el cielo de la tierra, daß euch daran noch gewaltig viel fehlt; algunos pedantes y bachilleres, ein Paar Schulfuͤchse von Magistern; cuya anotacion os dará gran credito, eine Note die sich gewaschen hat. So geht es nun durch das ganze Buch; auch die Reden des Don Quixote, die im Original selbst, wenn er noch so ergrimmt ist,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0325" n="313"/>
er in die lebendigste Nachahmung gemeiner Wirklichkeit hineingeht, z.B. wenn Sancho's Natur in Zorn oder Freude sich losreißt und allen Respekt aus den Augen setzt, sie durch unmerkliche Drucke auserlesener Zierlichkeit zu heben weiß. Nirgends Uebertreibung oder Verschwendung, und besonders werden in einem Werke, dessen ganze Anlage unergru&#x0364;ndlich witzig ist, die einzelnen Scherze und Einfa&#x0364;lle nie vorlaut. Ohne Sinn fu&#x0364;r diesen bescheidnen Farbenauftrag hat Herr S. u&#x0364;berall versta&#x0364;rkt, vergro&#x0364;bert und den Ausdruck ins unedle und plebeje gelenkt, auch wo gar keine Veranlassung dazu da war, wie z.B. in dem Prolog, woraus ich ohne weiteres nur die erheblichsten Beyspiele hersetzen will. Un hijo, einen <hi rendition="#g">Burschen</hi>; pensamientos varios, <hi rendition="#g">Fu&#x0364;nde</hi> und Einfa&#x0364;lle; un hijo feo y sin gracia alguna, <hi rendition="#g">ungeschlachter</hi> Junge, gleich darauf <hi rendition="#g">Bube</hi>; la corriente del uso, dem gewo&#x0364;hnlichen <hi rendition="#g">Schlendrian</hi>; disimules, zu <hi rendition="#g">vertuschen</hi>; pensaba en el prologo, <hi rendition="#g">bru&#x0364;tete</hi> u&#x0364;ber der Vorrede; ponerlos al principio, vor meinem Buche <hi rendition="#g">aufmarschiren</hi> lassen; maldiciente, ein <hi rendition="#g">La&#x0364;stermaul</hi>; la suspension y elevamiento, das <hi rendition="#g">Kopfbrechen</hi> und die Verlegenheit; que estais tan lexos de serlo, como lo está el cielo de la tierra, daß euch daran noch <hi rendition="#g">gewaltig</hi> viel fehlt; algunos pedantes y bachilleres, ein Paar <hi rendition="#g">Schulfu&#x0364;chse</hi> von Magistern; cuya anotacion os dará gran credito, eine Note <hi rendition="#g">die sich gewaschen hat</hi>. So geht es nun durch das ganze Buch; auch die Reden des Don Quixote, die im Original selbst, wenn er noch so ergrimmt ist,
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[313/0325] er in die lebendigste Nachahmung gemeiner Wirklichkeit hineingeht, z.B. wenn Sancho's Natur in Zorn oder Freude sich losreißt und allen Respekt aus den Augen setzt, sie durch unmerkliche Drucke auserlesener Zierlichkeit zu heben weiß. Nirgends Uebertreibung oder Verschwendung, und besonders werden in einem Werke, dessen ganze Anlage unergruͤndlich witzig ist, die einzelnen Scherze und Einfaͤlle nie vorlaut. Ohne Sinn fuͤr diesen bescheidnen Farbenauftrag hat Herr S. uͤberall verstaͤrkt, vergroͤbert und den Ausdruck ins unedle und plebeje gelenkt, auch wo gar keine Veranlassung dazu da war, wie z.B. in dem Prolog, woraus ich ohne weiteres nur die erheblichsten Beyspiele hersetzen will. Un hijo, einen Burschen; pensamientos varios, Fuͤnde und Einfaͤlle; un hijo feo y sin gracia alguna, ungeschlachter Junge, gleich darauf Bube; la corriente del uso, dem gewoͤhnlichen Schlendrian; disimules, zu vertuschen; pensaba en el prologo, bruͤtete uͤber der Vorrede; ponerlos al principio, vor meinem Buche aufmarschiren lassen; maldiciente, ein Laͤstermaul; la suspension y elevamiento, das Kopfbrechen und die Verlegenheit; que estais tan lexos de serlo, como lo está el cielo de la tierra, daß euch daran noch gewaltig viel fehlt; algunos pedantes y bachilleres, ein Paar Schulfuͤchse von Magistern; cuya anotacion os dará gran credito, eine Note die sich gewaschen hat. So geht es nun durch das ganze Buch; auch die Reden des Don Quixote, die im Original selbst, wenn er noch so ergrimmt ist,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1800/325
Zitationshilfe: Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800, S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1800/325>, abgerufen am 22.11.2024.