Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800.V.
Jdyllen aus dem Griechischen. Die Spindel.
Anmerkung. Dieses Sylbenmaß wird vom Hephaestion zu den antispastischen gerechnet, und nach vier Takten von einem Epitrit, zwey Antispasten und einem Dijambus gemessen. Spätere betrachten es als choriambisch, und lassen es dem gemäß aus einem Spondeen, drey Choriamben und einem Jamben bestehn. Die Art wie Horaz es zweymal gebraucht hat, kann hiezu veranlaßt haben, denn die Worte theilen sich bey ihm immer choriambisch ab. Die griechischen Dichter hingegen beobachten diesen Abschnitt gar nicht oder vermeiden ihn vielmehr, und die deutsche Sprache, die eine Menge antispastischer und palimbacchischer Wörter hat, darf sich hierin dem griechischen Vorbilde ungescheut nähern. Es entsteht dadurch ein reizender Gegensatz zwischen den antispastischen Wortfüßen und der Schwungbewegung des Rhythmus, die zum Coriamben hinzieht, welches einem beständigen Auflösen von Dissonanzen gleicht. Wenn dieß dem ungeübten Leser schwer zu lesen fällt, so hat er sich eben so wenig zu verwundern oder zu beklagen, als ein Anfänger in der Musik, wenn er eine Bachsche Sonate nicht sogleich fertig spielen kann. -- Voß hat dieß Stück im Musenalmanach von 1798 in Hexameter übersetzt. V.
Jdyllen aus dem Griechischen. Die Spindel.
Anmerkung. Dieses Sylbenmaß wird vom Hephaestion zu den antispastischen gerechnet, und nach vier Takten von einem Epitrit, zwey Antispasten und einem Dijambus gemessen. Spaͤtere betrachten es als choriambisch, und lassen es dem gemaͤß aus einem Spondeen, drey Choriamben und einem Jamben bestehn. Die Art wie Horaz es zweymal gebraucht hat, kann hiezu veranlaßt haben, denn die Worte theilen sich bey ihm immer choriambisch ab. Die griechischen Dichter hingegen beobachten diesen Abschnitt gar nicht oder vermeiden ihn vielmehr, und die deutsche Sprache, die eine Menge antispastischer und palimbacchischer Woͤrter hat, darf sich hierin dem griechischen Vorbilde ungescheut naͤhern. Es entsteht dadurch ein reizender Gegensatz zwischen den antispastischen Wortfuͤßen und der Schwungbewegung des Rhythmus, die zum Coriamben hinzieht, welches einem bestaͤndigen Aufloͤsen von Dissonanzen gleicht. Wenn dieß dem ungeuͤbten Leser schwer zu lesen faͤllt, so hat er sich eben so wenig zu verwundern oder zu beklagen, als ein Anfaͤnger in der Musik, wenn er eine Bachsche Sonate nicht sogleich fertig spielen kann. — Voß hat dieß Stuͤck im Musenalmanach von 1798 in Hexameter uͤbersetzt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0228" n="216"/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">V.<lb/><hi rendition="#g">Jdyllen aus dem Griechischen</hi>.</hi> </head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Die Spindel</hi>.</hi> </head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p><hi rendition="#g">Anmerkung</hi>. Dieses Sylbenmaß wird vom Hephaestion zu den antispastischen gerechnet, und nach vier Takten von einem Epitrit, zwey Antispasten und einem Dijambus gemessen. Spaͤtere betrachten es als choriambisch, und lassen es dem gemaͤß aus einem Spondeen, drey Choriamben und einem Jamben bestehn. Die Art wie Horaz es zweymal gebraucht hat, kann hiezu veranlaßt haben, denn die Worte theilen sich bey ihm immer choriambisch ab. Die griechischen Dichter hingegen beobachten diesen Abschnitt gar nicht oder vermeiden ihn vielmehr, und die deutsche Sprache, die eine Menge antispastischer und palimbacchischer Woͤrter hat, darf sich hierin dem griechischen Vorbilde ungescheut naͤhern. Es entsteht dadurch ein reizender Gegensatz zwischen den antispastischen Wortfuͤßen und der Schwungbewegung des Rhythmus, die zum Coriamben hinzieht, welches einem bestaͤndigen Aufloͤsen von Dissonanzen gleicht. Wenn dieß dem ungeuͤbten Leser schwer zu lesen faͤllt, so hat er sich eben so wenig zu verwundern oder zu beklagen, als ein Anfaͤnger in der Musik, wenn er eine Bachsche Sonate nicht sogleich fertig spielen kann. — Voß hat dieß Stuͤck im Musenalmanach von 1798 in Hexameter uͤbersetzt.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [216/0228]
V.
Jdyllen aus dem Griechischen.
Die Spindel.
Anmerkung. Dieses Sylbenmaß wird vom Hephaestion zu den antispastischen gerechnet, und nach vier Takten von einem Epitrit, zwey Antispasten und einem Dijambus gemessen. Spaͤtere betrachten es als choriambisch, und lassen es dem gemaͤß aus einem Spondeen, drey Choriamben und einem Jamben bestehn. Die Art wie Horaz es zweymal gebraucht hat, kann hiezu veranlaßt haben, denn die Worte theilen sich bey ihm immer choriambisch ab. Die griechischen Dichter hingegen beobachten diesen Abschnitt gar nicht oder vermeiden ihn vielmehr, und die deutsche Sprache, die eine Menge antispastischer und palimbacchischer Woͤrter hat, darf sich hierin dem griechischen Vorbilde ungescheut naͤhern. Es entsteht dadurch ein reizender Gegensatz zwischen den antispastischen Wortfuͤßen und der Schwungbewegung des Rhythmus, die zum Coriamben hinzieht, welches einem bestaͤndigen Aufloͤsen von Dissonanzen gleicht. Wenn dieß dem ungeuͤbten Leser schwer zu lesen faͤllt, so hat er sich eben so wenig zu verwundern oder zu beklagen, als ein Anfaͤnger in der Musik, wenn er eine Bachsche Sonate nicht sogleich fertig spielen kann. — Voß hat dieß Stuͤck im Musenalmanach von 1798 in Hexameter uͤbersetzt.
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