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Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799.

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Handlung und Gespräch beschäftigt. Der schöne Jüngling allein geht still vor sich hin. -- Der Zug überhaupt zeigt sich im Profile, doch mit abwechselnden Wendungen. Vier oder fünf Pferde werden in der gedrängten Gruppe sichtbar, vorn ein weißes in der Verkürzung, auf dem ein Mann mit einem Turban sich halb vom Rücken her zeigt; andre stehen ihm entgegen. Drey Pferdeköpfe treffen so zusammen, als hielten sie eine verständige Unterredung mit einander, die man auch ihren Physiognomien ansieht. Alle Umrisse sind scharf und streng, keine Luft auf dem Bilde, keine Hauptlichter und Schatten, die das Ganze rundeten, und die Farben in einander webten; aber eine feine herrliche Ausmahlung, besonders der Köpfe. Mariens regelmäßiges Antlitz sagt am wenigsten und bekümmert sich nicht. Die beyden Hirten hinter ihr sind dafür voll bedeutender Bewunderung und Liebe, und die schlanke Gestalt des jüngeren höchst anmuthig gewendet. Am linken Rande sehn einige Thiere hervor, um die Herberge zu bezeichnen. Das Gebäude ist dunkelgrau, daneben steht ein harter hellbrauner Fels, der sich in die Landschaft hineinzieht. Der Vorgrund wird durch blaues Wasser von der Ferne getrennt, in dieser erscheint der vordere Streif braun, und Stadt und Berge dahinter ohne weiteren Uebergang in starrem Blau. Man erblickt rechts das Ende der Karavane, die erst um das Wasser herumziehen soll: hier ist ein Kameel mit angebracht, von so dürftiger furchtsamer Gestalt, daß sich einsehen läßt, warum der Mahler sich nicht in den Vorgrund damit

Handlung und Gespraͤch beschaͤftigt. Der schoͤne Juͤngling allein geht still vor sich hin. — Der Zug uͤberhaupt zeigt sich im Profile, doch mit abwechselnden Wendungen. Vier oder fuͤnf Pferde werden in der gedraͤngten Gruppe sichtbar, vorn ein weißes in der Verkuͤrzung, auf dem ein Mann mit einem Turban sich halb vom Ruͤcken her zeigt; andre stehen ihm entgegen. Drey Pferdekoͤpfe treffen so zusammen, als hielten sie eine verstaͤndige Unterredung mit einander, die man auch ihren Physiognomien ansieht. Alle Umrisse sind scharf und streng, keine Luft auf dem Bilde, keine Hauptlichter und Schatten, die das Ganze rundeten, und die Farben in einander webten; aber eine feine herrliche Ausmahlung, besonders der Koͤpfe. Mariens regelmaͤßiges Antlitz sagt am wenigsten und bekuͤmmert sich nicht. Die beyden Hirten hinter ihr sind dafuͤr voll bedeutender Bewunderung und Liebe, und die schlanke Gestalt des juͤngeren hoͤchst anmuthig gewendet. Am linken Rande sehn einige Thiere hervor, um die Herberge zu bezeichnen. Das Gebaͤude ist dunkelgrau, daneben steht ein harter hellbrauner Fels, der sich in die Landschaft hineinzieht. Der Vorgrund wird durch blaues Wasser von der Ferne getrennt, in dieser erscheint der vordere Streif braun, und Stadt und Berge dahinter ohne weiteren Uebergang in starrem Blau. Man erblickt rechts das Ende der Karavane, die erst um das Wasser herumziehen soll: hier ist ein Kameel mit angebracht, von so duͤrftiger furchtsamer Gestalt, daß sich einsehen laͤßt, warum der Mahler sich nicht in den Vorgrund damit

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[82/0090] Handlung und Gespraͤch beschaͤftigt. Der schoͤne Juͤngling allein geht still vor sich hin. — Der Zug uͤberhaupt zeigt sich im Profile, doch mit abwechselnden Wendungen. Vier oder fuͤnf Pferde werden in der gedraͤngten Gruppe sichtbar, vorn ein weißes in der Verkuͤrzung, auf dem ein Mann mit einem Turban sich halb vom Ruͤcken her zeigt; andre stehen ihm entgegen. Drey Pferdekoͤpfe treffen so zusammen, als hielten sie eine verstaͤndige Unterredung mit einander, die man auch ihren Physiognomien ansieht. Alle Umrisse sind scharf und streng, keine Luft auf dem Bilde, keine Hauptlichter und Schatten, die das Ganze rundeten, und die Farben in einander webten; aber eine feine herrliche Ausmahlung, besonders der Koͤpfe. Mariens regelmaͤßiges Antlitz sagt am wenigsten und bekuͤmmert sich nicht. Die beyden Hirten hinter ihr sind dafuͤr voll bedeutender Bewunderung und Liebe, und die schlanke Gestalt des juͤngeren hoͤchst anmuthig gewendet. Am linken Rande sehn einige Thiere hervor, um die Herberge zu bezeichnen. Das Gebaͤude ist dunkelgrau, daneben steht ein harter hellbrauner Fels, der sich in die Landschaft hineinzieht. Der Vorgrund wird durch blaues Wasser von der Ferne getrennt, in dieser erscheint der vordere Streif braun, und Stadt und Berge dahinter ohne weiteren Uebergang in starrem Blau. Man erblickt rechts das Ende der Karavane, die erst um das Wasser herumziehen soll: hier ist ein Kameel mit angebracht, von so duͤrftiger furchtsamer Gestalt, daß sich einsehen laͤßt, warum der Mahler sich nicht in den Vorgrund damit

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Zitationshilfe: Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1799/90>, abgerufen am 04.05.2024.