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Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799.

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ein großes Dessein angelegt, ohne sich Zeit zu lassen, den kühnen Gedanken auszuführen, so geht mir´s auch mit den Menschen. Göttlichkeit mit Härte verbunden ist mir das Heiligste, und keine Empfindung, keine Ansicht, wurzelt tiefer, oder enger in mir als diese. Jch betrachtete vor einiger Zeit eine große Pallas unter den Antiken, wobey mir dies von neuem wieder recht lebhaft vor das Gemüth trat. Es ist ein vollkommenes Bild weiser Tapferkeit, und mir däucht, der natürlichste und erste Gedanke, den man bey ihrem Anblicke haben könnte, wäre die Bemerkung, daß doch alle Tugend eigentlich nur Tüchtigkeit sey. Tüchtig ist das, was zugleich Nachdruck und Geschick hat, was zermalmende Kraft mit klarer stiller Einsicht verbindet. Nie hat mich die Göttlichkeit einer Gestalt so ergriffen. Und doch würde der Eindruck bey weitem nicht so groß gewesen seyn, wenn nicht Stand, Haltung, Züge, Blick, alles an ihr, so grade, ernst, streng und furchtbar wäre; wenn sie mit einem Worte nicht die ganze Härte des ältern Styls der Kunst an sich hätte. Mir war als säh ich die Muse meines innern Lebens vor mir, und vielleicht würdest auch Du, wenn Du sie sähest, sie als die des Deinigen anerkennen.

Daß die Poesie der Erde gewogner, die Philosophie aber heiliger und gottverwandter sey, ist zu klar und einleuchtend, als daß ich dabey verweilen sollte. Zwar hat sie oft die Götter geleugnet, aber dann waren es solche, die ihr nicht göttlich genug waren; und das ist ja ihre alte Klage gegen die Poesie und die

ein großes Dessein angelegt, ohne sich Zeit zu lassen, den kuͤhnen Gedanken auszufuͤhren, so geht mir´s auch mit den Menschen. Goͤttlichkeit mit Haͤrte verbunden ist mir das Heiligste, und keine Empfindung, keine Ansicht, wurzelt tiefer, oder enger in mir als diese. Jch betrachtete vor einiger Zeit eine große Pallas unter den Antiken, wobey mir dies von neuem wieder recht lebhaft vor das Gemuͤth trat. Es ist ein vollkommenes Bild weiser Tapferkeit, und mir daͤucht, der natuͤrlichste und erste Gedanke, den man bey ihrem Anblicke haben koͤnnte, waͤre die Bemerkung, daß doch alle Tugend eigentlich nur Tuͤchtigkeit sey. Tuͤchtig ist das, was zugleich Nachdruck und Geschick hat, was zermalmende Kraft mit klarer stiller Einsicht verbindet. Nie hat mich die Goͤttlichkeit einer Gestalt so ergriffen. Und doch wuͤrde der Eindruck bey weitem nicht so groß gewesen seyn, wenn nicht Stand, Haltung, Zuͤge, Blick, alles an ihr, so grade, ernst, streng und furchtbar waͤre; wenn sie mit einem Worte nicht die ganze Haͤrte des aͤltern Styls der Kunst an sich haͤtte. Mir war als saͤh ich die Muse meines innern Lebens vor mir, und vielleicht wuͤrdest auch Du, wenn Du sie saͤhest, sie als die des Deinigen anerkennen.

Daß die Poesie der Erde gewogner, die Philosophie aber heiliger und gottverwandter sey, ist zu klar und einleuchtend, als daß ich dabey verweilen sollte. Zwar hat sie oft die Goͤtter geleugnet, aber dann waren es solche, die ihr nicht goͤttlich genug waren; und das ist ja ihre alte Klage gegen die Poesie und die

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[23/0031] ein großes Dessein angelegt, ohne sich Zeit zu lassen, den kuͤhnen Gedanken auszufuͤhren, so geht mir´s auch mit den Menschen. Goͤttlichkeit mit Haͤrte verbunden ist mir das Heiligste, und keine Empfindung, keine Ansicht, wurzelt tiefer, oder enger in mir als diese. Jch betrachtete vor einiger Zeit eine große Pallas unter den Antiken, wobey mir dies von neuem wieder recht lebhaft vor das Gemuͤth trat. Es ist ein vollkommenes Bild weiser Tapferkeit, und mir daͤucht, der natuͤrlichste und erste Gedanke, den man bey ihrem Anblicke haben koͤnnte, waͤre die Bemerkung, daß doch alle Tugend eigentlich nur Tuͤchtigkeit sey. Tuͤchtig ist das, was zugleich Nachdruck und Geschick hat, was zermalmende Kraft mit klarer stiller Einsicht verbindet. Nie hat mich die Goͤttlichkeit einer Gestalt so ergriffen. Und doch wuͤrde der Eindruck bey weitem nicht so groß gewesen seyn, wenn nicht Stand, Haltung, Zuͤge, Blick, alles an ihr, so grade, ernst, streng und furchtbar waͤre; wenn sie mit einem Worte nicht die ganze Haͤrte des aͤltern Styls der Kunst an sich haͤtte. Mir war als saͤh ich die Muse meines innern Lebens vor mir, und vielleicht wuͤrdest auch Du, wenn Du sie saͤhest, sie als die des Deinigen anerkennen. Daß die Poesie der Erde gewogner, die Philosophie aber heiliger und gottverwandter sey, ist zu klar und einleuchtend, als daß ich dabey verweilen sollte. Zwar hat sie oft die Goͤtter geleugnet, aber dann waren es solche, die ihr nicht goͤttlich genug waren; und das ist ja ihre alte Klage gegen die Poesie und die

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Zitationshilfe: Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1799/31>, abgerufen am 21.11.2024.