Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799.beyder in einer Folge von Blättchen verzeichnet hat. Nach Art der poetischen wurde eine schreckliche Grabstichel-Gerechtigkeit gehandhabt. Wir haben Kupferstiche zur Clarissa erhalten, wo die alte Kupplerin auf dem Todbette wirklich schon in ein Meerungeheuer verwandelt scheint. Bloß die Höllenfahrt fehlt noch. Mit Unrecht: denn von allen Argumenten gegen das Laster bleibt das von den höllischen Flammen immer das entscheidendste. Freylich haben unsre Zeichner bey dieser unkünstlerischen Tendenz eine frühere, ausländische, und also um so ansehnlichere Autorität für sich: ich meyne Hogarth. Die ausschweifende Schätzung dieses berühmten Mannes in seinem Vaterlande darf uns nicht über den wahren Werth seiner Werke verblenden. Jn England bewundert man hauptsächlich mit Guineen, und wenn nun einen wohlmeynenden Reichen die baare Bewunderung in der Tasche brennt, so ist es nicht zu verwundern, daß er sie rechts und links ohne Urtheil ausstreut. Ueberdies hat die Englische Nazion so wenig große einheimische Talente in den zeichnenden Künsten aufzuweisen, daß sie auf die wenigen natürlich einen desto stärkeren Nachdruck legt. Sein künstlerisches Unvermögen, seine Blindheit für das Höchste unter dem Sichtbaren, die Schönheit, hat Hogarth selbst durch seine angebliche Zergliederung derselben unwiderleglich dargethan. Man könnte übrigens zugeben, er sey ein ausgezeichneter Kopf gewesen, und ihn doch für einen herzlich schlechten Mahler halten. Der geistvolle Walpole, der, bey aller Vorliebe für Hogarth, sehr wohl einsah, wo es ihm fehlt, scheint ihm beyder in einer Folge von Blaͤttchen verzeichnet hat. Nach Art der poetischen wurde eine schreckliche Grabstichel-Gerechtigkeit gehandhabt. Wir haben Kupferstiche zur Clarissa erhalten, wo die alte Kupplerin auf dem Todbette wirklich schon in ein Meerungeheuer verwandelt scheint. Bloß die Hoͤllenfahrt fehlt noch. Mit Unrecht: denn von allen Argumenten gegen das Laster bleibt das von den hoͤllischen Flammen immer das entscheidendste. Freylich haben unsre Zeichner bey dieser unkuͤnstlerischen Tendenz eine fruͤhere, auslaͤndische, und also um so ansehnlichere Autoritaͤt fuͤr sich: ich meyne Hogarth. Die ausschweifende Schaͤtzung dieses beruͤhmten Mannes in seinem Vaterlande darf uns nicht uͤber den wahren Werth seiner Werke verblenden. Jn England bewundert man hauptsaͤchlich mit Guineen, und wenn nun einen wohlmeynenden Reichen die baare Bewunderung in der Tasche brennt, so ist es nicht zu verwundern, daß er sie rechts und links ohne Urtheil ausstreut. Ueberdies hat die Englische Nazion so wenig große einheimische Talente in den zeichnenden Kuͤnsten aufzuweisen, daß sie auf die wenigen natuͤrlich einen desto staͤrkeren Nachdruck legt. Sein kuͤnstlerisches Unvermoͤgen, seine Blindheit fuͤr das Hoͤchste unter dem Sichtbaren, die Schoͤnheit, hat Hogarth selbst durch seine angebliche Zergliederung derselben unwiderleglich dargethan. Man koͤnnte uͤbrigens zugeben, er sey ein ausgezeichneter Kopf gewesen, und ihn doch fuͤr einen herzlich schlechten Mahler halten. Der geistvolle Walpole, der, bey aller Vorliebe fuͤr Hogarth, sehr wohl einsah, wo es ihm fehlt, scheint ihm <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0206" n="196"/> beyder in einer Folge von Blaͤttchen verzeichnet hat. Nach Art der poetischen wurde eine schreckliche Grabstichel-Gerechtigkeit gehandhabt. Wir haben Kupferstiche zur Clarissa erhalten, wo die alte Kupplerin auf dem Todbette wirklich schon in ein Meerungeheuer verwandelt scheint. Bloß die Hoͤllenfahrt fehlt noch. Mit Unrecht: denn von allen Argumenten gegen das Laster bleibt das von den hoͤllischen Flammen immer das entscheidendste.</p><lb/> <p>Freylich haben unsre Zeichner bey dieser unkuͤnstlerischen Tendenz eine fruͤhere, auslaͤndische, und also um so ansehnlichere Autoritaͤt fuͤr sich: ich meyne Hogarth. Die ausschweifende Schaͤtzung dieses beruͤhmten Mannes in seinem Vaterlande darf uns nicht uͤber den wahren Werth seiner Werke verblenden. Jn England bewundert man hauptsaͤchlich mit Guineen, und wenn nun einen wohlmeynenden Reichen die baare Bewunderung in der Tasche brennt, so ist es nicht zu verwundern, daß er sie rechts und links ohne Urtheil ausstreut. Ueberdies hat die Englische Nazion so wenig große einheimische Talente in den zeichnenden Kuͤnsten aufzuweisen, daß sie auf die wenigen natuͤrlich einen desto staͤrkeren Nachdruck legt. Sein kuͤnstlerisches Unvermoͤgen, seine Blindheit fuͤr das Hoͤchste unter dem Sichtbaren, die Schoͤnheit, hat Hogarth selbst durch seine angebliche Zergliederung derselben unwiderleglich dargethan. Man koͤnnte uͤbrigens zugeben, er sey ein ausgezeichneter Kopf gewesen, und ihn doch fuͤr einen herzlich schlechten Mahler halten. Der geistvolle Walpole, der, bey aller Vorliebe fuͤr Hogarth, sehr wohl einsah, wo es ihm fehlt, scheint ihm </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [196/0206]
beyder in einer Folge von Blaͤttchen verzeichnet hat. Nach Art der poetischen wurde eine schreckliche Grabstichel-Gerechtigkeit gehandhabt. Wir haben Kupferstiche zur Clarissa erhalten, wo die alte Kupplerin auf dem Todbette wirklich schon in ein Meerungeheuer verwandelt scheint. Bloß die Hoͤllenfahrt fehlt noch. Mit Unrecht: denn von allen Argumenten gegen das Laster bleibt das von den hoͤllischen Flammen immer das entscheidendste.
Freylich haben unsre Zeichner bey dieser unkuͤnstlerischen Tendenz eine fruͤhere, auslaͤndische, und also um so ansehnlichere Autoritaͤt fuͤr sich: ich meyne Hogarth. Die ausschweifende Schaͤtzung dieses beruͤhmten Mannes in seinem Vaterlande darf uns nicht uͤber den wahren Werth seiner Werke verblenden. Jn England bewundert man hauptsaͤchlich mit Guineen, und wenn nun einen wohlmeynenden Reichen die baare Bewunderung in der Tasche brennt, so ist es nicht zu verwundern, daß er sie rechts und links ohne Urtheil ausstreut. Ueberdies hat die Englische Nazion so wenig große einheimische Talente in den zeichnenden Kuͤnsten aufzuweisen, daß sie auf die wenigen natuͤrlich einen desto staͤrkeren Nachdruck legt. Sein kuͤnstlerisches Unvermoͤgen, seine Blindheit fuͤr das Hoͤchste unter dem Sichtbaren, die Schoͤnheit, hat Hogarth selbst durch seine angebliche Zergliederung derselben unwiderleglich dargethan. Man koͤnnte uͤbrigens zugeben, er sey ein ausgezeichneter Kopf gewesen, und ihn doch fuͤr einen herzlich schlechten Mahler halten. Der geistvolle Walpole, der, bey aller Vorliebe fuͤr Hogarth, sehr wohl einsah, wo es ihm fehlt, scheint ihm
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