Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799.Doch die Vergeßnen drängt herrlich der Eine zurück. Viel' auch kamen nach ihm, doch überlebt sie der Alte. Jener gesellige Chor, welcher die Lyra bespannt, Als sich die Freyheit regt' und der schwellende Muth in den Bürgern, Hält Wettspiele nicht mehr, glühend in Lieb' und in Streit. Krieger und Sänger zugleich, und auch als Sänger noch Krieger, Stürmt' Archilochos hin: aber sein Jambengeschoß Brach ihm die Zeit; Mimnermos verklagt die enteilende: schmelzend Ward in des Weicheren Mund Jugendgenuß Elegie. Alkman rühmt' umsonst sich Gastfreund Sparta's; umsonst auch Trug Stesichoros Lied großer Heroen Gewicht. Jbykos ras'te vor allen in wirbelnden Flammen der Kypris; Süßer Anakreon, dich traf mit betäubendem Beil Eros; daß du gehoben wie vom Leukadischen Felsen Nieder ins wogende Meer taumeltest, Liebeberauscht. Aber das holde Verlangen, das allen thaut' in dem Busen Athmet nicht mehr: der Duft floh mit dem Lenze dahin. Ewig ist sie verstummt, Alkaeos Aeolische Muse, Folgte sie gleich zur Schlacht, trotzte Tyrannen mit ihm. Sappho führte den Reihn, geschmückt mit Pierischen Rosen, Lesbos Wonne, zu der oft mit dem Taubengespann Paphia kam, und kos'te mit ihr, vom himmlischen Antlitz Doch die Vergeßnen draͤngt herrlich der Eine zuruͤck. Viel' auch kamen nach ihm, doch uͤberlebt sie der Alte. Jener gesellige Chor, welcher die Lyra bespannt, Als sich die Freyheit regt' und der schwellende Muth in den Buͤrgern, Haͤlt Wettspiele nicht mehr, gluͤhend in Lieb' und in Streit. Krieger und Saͤnger zugleich, und auch als Saͤnger noch Krieger, Stuͤrmt' Archilochos hin: aber sein Jambengeschoß Brach ihm die Zeit; Mimnermos verklagt die enteilende: schmelzend Ward in des Weicheren Mund Jugendgenuß Elegie. Alkman ruͤhmt' umsonst sich Gastfreund Sparta's; umsonst auch Trug Stesichoros Lied großer Heroen Gewicht. Jbykos ras'te vor allen in wirbelnden Flammen der Kypris; Suͤßer Anakreon, dich traf mit betaͤubendem Beil Eros; daß du gehoben wie vom Leukadischen Felsen Nieder ins wogende Meer taumeltest, Liebeberauscht. Aber das holde Verlangen, das allen thaut' in dem Busen Athmet nicht mehr: der Duft floh mit dem Lenze dahin. Ewig ist sie verstummt, Alkaeos Aeolische Muse, Folgte sie gleich zur Schlacht, trotzte Tyrannen mit ihm. Sappho fuͤhrte den Reihn, geschmuͤckt mit Pierischen Rosen, Lesbos Wonne, zu der oft mit dem Taubengespann Paphia kam, und kos'te mit ihr, vom himmlischen Antlitz <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0199" n="189"/> <l>Doch die Vergeßnen draͤngt herrlich der Eine zuruͤck.</l><lb/> <l>Viel' auch kamen nach ihm, doch uͤberlebt sie der Alte.</l><lb/> <l>Jener gesellige Chor, welcher die Lyra bespannt,</l><lb/> <l>Als sich die Freyheit regt' und der schwellende Muth in den Buͤrgern,</l><lb/> <l>Haͤlt Wettspiele nicht mehr, gluͤhend in Lieb' und in Streit.</l><lb/> <l>Krieger und Saͤnger zugleich, und auch als Saͤnger noch Krieger,</l><lb/> <l>Stuͤrmt' Archilochos hin: aber sein Jambengeschoß</l><lb/> <l>Brach ihm die Zeit; Mimnermos verklagt die enteilende: schmelzend</l><lb/> <l>Ward in des Weicheren Mund Jugendgenuß Elegie.</l><lb/> <l>Alkman ruͤhmt' umsonst sich Gastfreund Sparta's; umsonst auch</l><lb/> <l>Trug Stesichoros Lied großer Heroen Gewicht.</l><lb/> <l>Jbykos ras'te vor allen in wirbelnden Flammen der Kypris;</l><lb/> <l>Suͤßer Anakreon, dich traf mit betaͤubendem Beil</l><lb/> <l>Eros; daß du gehoben wie vom Leukadischen Felsen</l><lb/> <l>Nieder ins wogende Meer taumeltest, Liebeberauscht.</l><lb/> <l>Aber das holde Verlangen, das allen thaut' in dem Busen</l><lb/> <l>Athmet nicht mehr: der Duft floh mit dem Lenze dahin.</l><lb/> <l>Ewig ist sie verstummt, Alkaeos Aeolische Muse,</l><lb/> <l>Folgte sie gleich zur Schlacht, trotzte Tyrannen mit ihm.</l><lb/> <l>Sappho fuͤhrte den Reihn, geschmuͤckt mit Pierischen Rosen,</l><lb/> <l>Lesbos Wonne, zu der oft mit dem Taubengespann</l><lb/> <l>Paphia kam, und kos'te mit ihr, vom himmlischen Antlitz</l><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [189/0199]
Doch die Vergeßnen draͤngt herrlich der Eine zuruͤck.
Viel' auch kamen nach ihm, doch uͤberlebt sie der Alte.
Jener gesellige Chor, welcher die Lyra bespannt,
Als sich die Freyheit regt' und der schwellende Muth in den Buͤrgern,
Haͤlt Wettspiele nicht mehr, gluͤhend in Lieb' und in Streit.
Krieger und Saͤnger zugleich, und auch als Saͤnger noch Krieger,
Stuͤrmt' Archilochos hin: aber sein Jambengeschoß
Brach ihm die Zeit; Mimnermos verklagt die enteilende: schmelzend
Ward in des Weicheren Mund Jugendgenuß Elegie.
Alkman ruͤhmt' umsonst sich Gastfreund Sparta's; umsonst auch
Trug Stesichoros Lied großer Heroen Gewicht.
Jbykos ras'te vor allen in wirbelnden Flammen der Kypris;
Suͤßer Anakreon, dich traf mit betaͤubendem Beil
Eros; daß du gehoben wie vom Leukadischen Felsen
Nieder ins wogende Meer taumeltest, Liebeberauscht.
Aber das holde Verlangen, das allen thaut' in dem Busen
Athmet nicht mehr: der Duft floh mit dem Lenze dahin.
Ewig ist sie verstummt, Alkaeos Aeolische Muse,
Folgte sie gleich zur Schlacht, trotzte Tyrannen mit ihm.
Sappho fuͤhrte den Reihn, geschmuͤckt mit Pierischen Rosen,
Lesbos Wonne, zu der oft mit dem Taubengespann
Paphia kam, und kos'te mit ihr, vom himmlischen Antlitz
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Zitationshilfe: | Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1799/199>, abgerufen am 23.06.2024. |