Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799.

Bild:
<< vorherige Seite

auf seine eigne Thätigkeit. Mithin heben wir sie eben dadurch wieder auf, und behaupten von allen, was wir von irgend einem behaupten, nicht als möglich und zukünftig, sondern durch das Verhältniß des Augenblicks, als wirklich und jetzt, und folglich als nothwendig überhaupt.

Diese Vorstellung enthält die ganze Ansicht des Menschen in dem ursprünglichen und darum bleibenden Verhältnisse seines Daseyns. Sie kann uns aber nur klar seyn, und so unsre Ueberzeugung werden, wenn wir behutsam genug sind, die Täuschung zu vermeiden, als ob der Mensch in der Zeit, und nicht die Zeit vielmehr in ihm wäre, und durch ihn bestimmt würde.

Jst die Zeit nur im Menschen, und ist ihr ganzes Verhältniß nur bestimmt durch sein Handeln, so können wir ihn auch nur mit ihm selbst vergleichen, und müssen folglich eines jeden freie Thätigkeit in den gleichen Spielraum mit allen setzen, mithin sein Thun, als strebend zum Unendlichen, immer auf ihn selbst, den Unendlichen beziehen. Dadurch erhält ein jeder seine eigene ewige Zeitreihe, die in allen ihren Punkten, auf sie selbst bezogen, die eine und gleiche ist mit den Zeitreihen aller, oder das Unendliche müßte nicht gleich seyn dem gleichen Unendlichen.

Aber der Mensch in der Beziehung seines eignen Daseyns ist der Mensch unter Menschen. Er ist nicht anders, der er wirklich ist, und sein ganzes Thun und Wirken ist also nothwendig ein Ausdruck dieses Verhältnisses. Jeder also in der Beziehung seines

auf seine eigne Thaͤtigkeit. Mithin heben wir sie eben dadurch wieder auf, und behaupten von allen, was wir von irgend einem behaupten, nicht als moͤglich und zukuͤnftig, sondern durch das Verhaͤltniß des Augenblicks, als wirklich und jetzt, und folglich als nothwendig uͤberhaupt.

Diese Vorstellung enthaͤlt die ganze Ansicht des Menschen in dem urspruͤnglichen und darum bleibenden Verhaͤltnisse seines Daseyns. Sie kann uns aber nur klar seyn, und so unsre Ueberzeugung werden, wenn wir behutsam genug sind, die Taͤuschung zu vermeiden, als ob der Mensch in der Zeit, und nicht die Zeit vielmehr in ihm waͤre, und durch ihn bestimmt wuͤrde.

Jst die Zeit nur im Menschen, und ist ihr ganzes Verhaͤltniß nur bestimmt durch sein Handeln, so koͤnnen wir ihn auch nur mit ihm selbst vergleichen, und muͤssen folglich eines jeden freie Thaͤtigkeit in den gleichen Spielraum mit allen setzen, mithin sein Thun, als strebend zum Unendlichen, immer auf ihn selbst, den Unendlichen beziehen. Dadurch erhaͤlt ein jeder seine eigene ewige Zeitreihe, die in allen ihren Punkten, auf sie selbst bezogen, die eine und gleiche ist mit den Zeitreihen aller, oder das Unendliche muͤßte nicht gleich seyn dem gleichen Unendlichen.

Aber der Mensch in der Beziehung seines eignen Daseyns ist der Mensch unter Menschen. Er ist nicht anders, der er wirklich ist, und sein ganzes Thun und Wirken ist also nothwendig ein Ausdruck dieses Verhaͤltnisses. Jeder also in der Beziehung seines

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0174" n="166"/>
auf seine eigne Tha&#x0364;tigkeit. Mithin heben wir sie eben dadurch wieder auf, und behaupten von allen, was wir von irgend einem behaupten, nicht als mo&#x0364;glich und zuku&#x0364;nftig, sondern durch das Verha&#x0364;ltniß des Augenblicks, als wirklich und jetzt, und folglich als nothwendig u&#x0364;berhaupt.</p><lb/>
          <p>Diese Vorstellung entha&#x0364;lt die ganze Ansicht des Menschen in dem urspru&#x0364;nglichen und darum bleibenden Verha&#x0364;ltnisse seines Daseyns. Sie kann uns aber nur klar seyn, und so unsre Ueberzeugung werden, wenn wir behutsam genug sind, die Ta&#x0364;uschung zu vermeiden, als ob der Mensch in der <hi rendition="#g">Zeit</hi>, und nicht die Zeit vielmehr <hi rendition="#g">in ihm</hi> wa&#x0364;re, und <hi rendition="#g">durch ihn</hi> bestimmt wu&#x0364;rde.</p><lb/>
          <p>Jst die Zeit nur im Menschen, und ist ihr ganzes Verha&#x0364;ltniß nur bestimmt durch sein Handeln, so ko&#x0364;nnen wir ihn auch nur mit ihm selbst vergleichen, und mu&#x0364;ssen folglich eines jeden freie Tha&#x0364;tigkeit in den gleichen Spielraum mit allen setzen, mithin sein Thun, als strebend zum Unendlichen, immer auf ihn selbst, den Unendlichen beziehen. Dadurch erha&#x0364;lt ein jeder seine eigene ewige Zeitreihe, die in allen ihren Punkten, auf sie selbst bezogen, die eine und gleiche ist mit den Zeitreihen aller, oder das Unendliche mu&#x0364;ßte nicht gleich seyn dem gleichen Unendlichen.</p><lb/>
          <p>Aber der Mensch in der Beziehung seines eignen Daseyns ist der Mensch unter Menschen. Er ist nicht anders, der er wirklich ist, und sein ganzes Thun und Wirken ist also nothwendig ein Ausdruck dieses Verha&#x0364;ltnisses. Jeder also in der Beziehung seines
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[166/0174] auf seine eigne Thaͤtigkeit. Mithin heben wir sie eben dadurch wieder auf, und behaupten von allen, was wir von irgend einem behaupten, nicht als moͤglich und zukuͤnftig, sondern durch das Verhaͤltniß des Augenblicks, als wirklich und jetzt, und folglich als nothwendig uͤberhaupt. Diese Vorstellung enthaͤlt die ganze Ansicht des Menschen in dem urspruͤnglichen und darum bleibenden Verhaͤltnisse seines Daseyns. Sie kann uns aber nur klar seyn, und so unsre Ueberzeugung werden, wenn wir behutsam genug sind, die Taͤuschung zu vermeiden, als ob der Mensch in der Zeit, und nicht die Zeit vielmehr in ihm waͤre, und durch ihn bestimmt wuͤrde. Jst die Zeit nur im Menschen, und ist ihr ganzes Verhaͤltniß nur bestimmt durch sein Handeln, so koͤnnen wir ihn auch nur mit ihm selbst vergleichen, und muͤssen folglich eines jeden freie Thaͤtigkeit in den gleichen Spielraum mit allen setzen, mithin sein Thun, als strebend zum Unendlichen, immer auf ihn selbst, den Unendlichen beziehen. Dadurch erhaͤlt ein jeder seine eigene ewige Zeitreihe, die in allen ihren Punkten, auf sie selbst bezogen, die eine und gleiche ist mit den Zeitreihen aller, oder das Unendliche muͤßte nicht gleich seyn dem gleichen Unendlichen. Aber der Mensch in der Beziehung seines eignen Daseyns ist der Mensch unter Menschen. Er ist nicht anders, der er wirklich ist, und sein ganzes Thun und Wirken ist also nothwendig ein Ausdruck dieses Verhaͤltnisses. Jeder also in der Beziehung seines

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1799
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1799/174
Zitationshilfe: Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1799/174>, abgerufen am 21.11.2024.