Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 2. Berlin, 1799.eines rohen Körpers, der das zu einer Verrichtung nöthige Glied nicht allein wirken lassen kann. Die Hufe helfen auf ihre Weise mit keltern. Der eine tritt auf den Rücken der vorn liegenden Tigerin. Hinter dieser kauzt der älteste Bube, den man nur bis an die Schenkel sieht; er hält dem Vater eine Schale unter, aber sein Kopf ist noch mehr als sein Leib vorwärts gedrängt, um den herunterspritzenden Traubensaft unterwegs aufzufangen. Man sieht wohl, daß es reichlich zugeht: der Vater wehrt es ihm nicht, er scheint sich nicht einmal über die Ungezogenheit seines Söhnchens zu verwundern. Da der feiste Bursch so blond ist und so weißes Fleisch hat, sollte er sich billig keiner so ungestümen Gierigkeit überlassen; man sieht den bräunlicheren Bruder weiter rechts hinter ihm lieber, weil er nicht so bloß thierisch seine Traube verzehrt, sondern aus den grellen Augen schalkhaft dazu lacht. Wiewohl hier nichts vom Taumel eines Bacchanals ist, wo die süße Gewalt des trunknen Gottes selbst Leoparden bändigt, so findet man doch die nackten Knaben so sorglos neben dem furchtbaren Thiere nicht unwahrscheinlich. Jene Naturen sind wild genug, um die wildesten zu zähmen und gesellig mit ihnen zu leben. Die Tigerin liegt auf ihrer rechten Seite, den Kopf nach dem alten Satyr, den Rücken nach den jungen Faunen zu gekehrt. Der Bauch zeigt die feineren weißen Haare; die Hinterbeine sind auseinander gesperrt, damit die unförmlichen Kleinen an die Zitzen kommen können, und der Schweif dazwischen gekrümmt; das linke tritt auf, eines rohen Koͤrpers, der das zu einer Verrichtung noͤthige Glied nicht allein wirken lassen kann. Die Hufe helfen auf ihre Weise mit keltern. Der eine tritt auf den Ruͤcken der vorn liegenden Tigerin. Hinter dieser kauzt der aͤlteste Bube, den man nur bis an die Schenkel sieht; er haͤlt dem Vater eine Schale unter, aber sein Kopf ist noch mehr als sein Leib vorwaͤrts gedraͤngt, um den herunterspritzenden Traubensaft unterwegs aufzufangen. Man sieht wohl, daß es reichlich zugeht: der Vater wehrt es ihm nicht, er scheint sich nicht einmal uͤber die Ungezogenheit seines Soͤhnchens zu verwundern. Da der feiste Bursch so blond ist und so weißes Fleisch hat, sollte er sich billig keiner so ungestuͤmen Gierigkeit uͤberlassen; man sieht den braͤunlicheren Bruder weiter rechts hinter ihm lieber, weil er nicht so bloß thierisch seine Traube verzehrt, sondern aus den grellen Augen schalkhaft dazu lacht. Wiewohl hier nichts vom Taumel eines Bacchanals ist, wo die suͤße Gewalt des trunknen Gottes selbst Leoparden baͤndigt, so findet man doch die nackten Knaben so sorglos neben dem furchtbaren Thiere nicht unwahrscheinlich. Jene Naturen sind wild genug, um die wildesten zu zaͤhmen und gesellig mit ihnen zu leben. Die Tigerin liegt auf ihrer rechten Seite, den Kopf nach dem alten Satyr, den Ruͤcken nach den jungen Faunen zu gekehrt. Der Bauch zeigt die feineren weißen Haare; die Hinterbeine sind auseinander gesperrt, damit die unfoͤrmlichen Kleinen an die Zitzen kommen koͤnnen, und der Schweif dazwischen gekruͤmmt; das linke tritt auf, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0116" n="108"/> eines rohen Koͤrpers, der das zu einer Verrichtung noͤthige Glied nicht allein wirken lassen kann. Die Hufe helfen auf ihre Weise mit keltern. Der eine tritt auf den Ruͤcken der vorn liegenden Tigerin. Hinter dieser kauzt der aͤlteste Bube, den man nur bis an die Schenkel sieht; er haͤlt dem Vater eine Schale unter, aber sein Kopf ist noch mehr als sein Leib vorwaͤrts gedraͤngt, um den herunterspritzenden Traubensaft unterwegs aufzufangen. Man sieht wohl, daß es reichlich zugeht: der Vater wehrt es ihm nicht, er scheint sich nicht einmal uͤber die Ungezogenheit seines Soͤhnchens zu verwundern. Da der feiste Bursch so blond ist und so weißes Fleisch hat, sollte er sich billig keiner so ungestuͤmen Gierigkeit uͤberlassen; man sieht den braͤunlicheren Bruder weiter rechts hinter ihm lieber, weil er nicht so bloß thierisch seine Traube verzehrt, sondern aus den grellen Augen schalkhaft dazu lacht. Wiewohl hier nichts vom Taumel eines Bacchanals ist, wo die suͤße Gewalt des trunknen Gottes selbst Leoparden baͤndigt, so findet man doch die nackten Knaben so sorglos neben dem furchtbaren Thiere nicht unwahrscheinlich. Jene Naturen sind wild genug, um die wildesten zu zaͤhmen und gesellig mit ihnen zu leben. Die Tigerin liegt auf ihrer rechten Seite, den Kopf nach dem alten Satyr, den Ruͤcken nach den jungen Faunen zu gekehrt. Der Bauch zeigt die feineren weißen Haare; die Hinterbeine sind auseinander gesperrt, damit die unfoͤrmlichen Kleinen an die Zitzen kommen koͤnnen, und der Schweif dazwischen gekruͤmmt; das linke tritt auf, </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [108/0116]
eines rohen Koͤrpers, der das zu einer Verrichtung noͤthige Glied nicht allein wirken lassen kann. Die Hufe helfen auf ihre Weise mit keltern. Der eine tritt auf den Ruͤcken der vorn liegenden Tigerin. Hinter dieser kauzt der aͤlteste Bube, den man nur bis an die Schenkel sieht; er haͤlt dem Vater eine Schale unter, aber sein Kopf ist noch mehr als sein Leib vorwaͤrts gedraͤngt, um den herunterspritzenden Traubensaft unterwegs aufzufangen. Man sieht wohl, daß es reichlich zugeht: der Vater wehrt es ihm nicht, er scheint sich nicht einmal uͤber die Ungezogenheit seines Soͤhnchens zu verwundern. Da der feiste Bursch so blond ist und so weißes Fleisch hat, sollte er sich billig keiner so ungestuͤmen Gierigkeit uͤberlassen; man sieht den braͤunlicheren Bruder weiter rechts hinter ihm lieber, weil er nicht so bloß thierisch seine Traube verzehrt, sondern aus den grellen Augen schalkhaft dazu lacht. Wiewohl hier nichts vom Taumel eines Bacchanals ist, wo die suͤße Gewalt des trunknen Gottes selbst Leoparden baͤndigt, so findet man doch die nackten Knaben so sorglos neben dem furchtbaren Thiere nicht unwahrscheinlich. Jene Naturen sind wild genug, um die wildesten zu zaͤhmen und gesellig mit ihnen zu leben. Die Tigerin liegt auf ihrer rechten Seite, den Kopf nach dem alten Satyr, den Ruͤcken nach den jungen Faunen zu gekehrt. Der Bauch zeigt die feineren weißen Haare; die Hinterbeine sind auseinander gesperrt, damit die unfoͤrmlichen Kleinen an die Zitzen kommen koͤnnen, und der Schweif dazwischen gekruͤmmt; das linke tritt auf,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |