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Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 1. Berlin, 1798.

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Corps bilden, deren keines dem andern den Preis der Lächerlichkeit abtreten darf, und die auf das drolligste gegen einander manövriren. Die Bestandtheile dieses Komischen sind keinesweges vorzüglich fein und zart oder edel. Manches ist vielmehr von der Art, worüber jeder gemeiniglich von Herzen zu lachen pflegt, wie der Kontrast zwischen den schönsten Erwartungen und einer schlechten Bewirthung. Der Kontrast zwischen der Hoffnung und dem Erfolg, der Einbildung und der Wirklichkeit spielt hier überhaupt eine große Rolle: die Rechte der Realität werden mit unbarmherziger Strenge durchgesetzt und der Pedant bekommt sogar Prügel, weil er doch auch ein Jdealist ist. Aus wahrer Affenliebe begrüßt ihn sein College, der Graf, mit gnädigen Blicken über die ungeheure Kluft der Verschiedenheit des Standes; der Baron darf an geistiger Albernheit und die Baronesse an sittlicher Gemeinheit niemanden weichen; die Gräfin selbst ist höchstens eine reizende Veranlassung zu der schönsten Rechtfertigung des Putzes; und diese Adlichen sind den Stand abgerechnet den Schauspielern nur darin vorzuziehen, daß sie gründlicher gemein sind. Aber diese Menschen, die man lieber Figuren als Menschen nennen dürfte, sind mit leichter Hand und mit zartem Pinsel so hingedruckt, wie man sich die zierlichsten Caricaturen der edelsten Mahlerey denken möchte. Es ist bis zum Durchsichtigen gebildete Albernheit. Dieses Frische der Farben, dieses kindlich Bunte, diese Liebe zum Putz und Schmuck, dieser geistreiche Leichtsinn und flüchtige Muthwillen haben

Corps bilden, deren keines dem andern den Preis der Laͤcherlichkeit abtreten darf, und die auf das drolligste gegen einander manoͤvriren. Die Bestandtheile dieses Komischen sind keinesweges vorzuͤglich fein und zart oder edel. Manches ist vielmehr von der Art, woruͤber jeder gemeiniglich von Herzen zu lachen pflegt, wie der Kontrast zwischen den schoͤnsten Erwartungen und einer schlechten Bewirthung. Der Kontrast zwischen der Hoffnung und dem Erfolg, der Einbildung und der Wirklichkeit spielt hier uͤberhaupt eine große Rolle: die Rechte der Realitaͤt werden mit unbarmherziger Strenge durchgesetzt und der Pedant bekommt sogar Pruͤgel, weil er doch auch ein Jdealist ist. Aus wahrer Affenliebe begruͤßt ihn sein College, der Graf, mit gnaͤdigen Blicken uͤber die ungeheure Kluft der Verschiedenheit des Standes; der Baron darf an geistiger Albernheit und die Baronesse an sittlicher Gemeinheit niemanden weichen; die Graͤfin selbst ist hoͤchstens eine reizende Veranlassung zu der schoͤnsten Rechtfertigung des Putzes; und diese Adlichen sind den Stand abgerechnet den Schauspielern nur darin vorzuziehen, daß sie gruͤndlicher gemein sind. Aber diese Menschen, die man lieber Figuren als Menschen nennen duͤrfte, sind mit leichter Hand und mit zartem Pinsel so hingedruckt, wie man sich die zierlichsten Caricaturen der edelsten Mahlerey denken moͤchte. Es ist bis zum Durchsichtigen gebildete Albernheit. Dieses Frische der Farben, dieses kindlich Bunte, diese Liebe zum Putz und Schmuck, dieser geistreiche Leichtsinn und fluͤchtige Muthwillen haben

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[164/0353] Corps bilden, deren keines dem andern den Preis der Laͤcherlichkeit abtreten darf, und die auf das drolligste gegen einander manoͤvriren. Die Bestandtheile dieses Komischen sind keinesweges vorzuͤglich fein und zart oder edel. Manches ist vielmehr von der Art, woruͤber jeder gemeiniglich von Herzen zu lachen pflegt, wie der Kontrast zwischen den schoͤnsten Erwartungen und einer schlechten Bewirthung. Der Kontrast zwischen der Hoffnung und dem Erfolg, der Einbildung und der Wirklichkeit spielt hier uͤberhaupt eine große Rolle: die Rechte der Realitaͤt werden mit unbarmherziger Strenge durchgesetzt und der Pedant bekommt sogar Pruͤgel, weil er doch auch ein Jdealist ist. Aus wahrer Affenliebe begruͤßt ihn sein College, der Graf, mit gnaͤdigen Blicken uͤber die ungeheure Kluft der Verschiedenheit des Standes; der Baron darf an geistiger Albernheit und die Baronesse an sittlicher Gemeinheit niemanden weichen; die Graͤfin selbst ist hoͤchstens eine reizende Veranlassung zu der schoͤnsten Rechtfertigung des Putzes; und diese Adlichen sind den Stand abgerechnet den Schauspielern nur darin vorzuziehen, daß sie gruͤndlicher gemein sind. Aber diese Menschen, die man lieber Figuren als Menschen nennen duͤrfte, sind mit leichter Hand und mit zartem Pinsel so hingedruckt, wie man sich die zierlichsten Caricaturen der edelsten Mahlerey denken moͤchte. Es ist bis zum Durchsichtigen gebildete Albernheit. Dieses Frische der Farben, dieses kindlich Bunte, diese Liebe zum Putz und Schmuck, dieser geistreiche Leichtsinn und fluͤchtige Muthwillen haben

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Zitationshilfe: Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1798/353>, abgerufen am 18.05.2024.