Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 1. Berlin, 1798.doch endlich das gewonnen, daß er sich aus der Gemeinheit, die auch den edelsten Naturen ursprünglich anhängt oder sie durch Zufall umgiebt, mehr und mehr erhoben, oder sich doch aus ihr zu erheben ernstlich bemüht hat. Nachdem Wilhelms unendlicher Bildungstrieb zuerst bloß in seinem eignen Jnnern gewebt und gelebt hatte, bis zur Selbstvernichtung seiner ersten Liebe und seiner ersten Künstlerhoffnung, und sich dann weit genug in die Welt gewagt hatte, war es natürlich, daß er nun vor allen Dingen in die Höhe strebte, sollte es auch nur die Höhe einer gewöhnlichen Bühne seyn, daß das Edle und Vornehme sein vorzüglichstes Augenmerk ward, sollte es auch nur die Repräsentazion eines nicht sehr gebildeten Adels seyn. Anders konnte der Erfolg dieses seinem Ursprunge nach achtungswürdigen Strebens nicht wohl ausfallen, da Wilhelm noch so unschuldig und so neu war. Daher mußte das dritte Buch eine starke Annäherung zur Komödie erhalten; um so mehr, da es darauf angelegt war, Wilhelms Unbekanntschaft mit der Welt und den Gegensatz zwischen dem Zauber des Schauspiels und der Niedrigkeit des gewöhnlichen Schauspielerlebens in das hellste Licht zu setzen. Jn den vorigen Massen waren nur einzelne Züge entschieden komisch, etwa ein paar Gestalten zum Vorgrunde oder eine unbestimmte Ferne. Hier ist das Ganze, die Scene und Handlung selbst komisch. Ja man möchte es eine komische Welt nennen, da des Lustigen darin in der That unendlich viel ist, und da die Adlichen und die Komödianten zwey abgesonderte doch endlich das gewonnen, daß er sich aus der Gemeinheit, die auch den edelsten Naturen urspruͤnglich anhaͤngt oder sie durch Zufall umgiebt, mehr und mehr erhoben, oder sich doch aus ihr zu erheben ernstlich bemuͤht hat. Nachdem Wilhelms unendlicher Bildungstrieb zuerst bloß in seinem eignen Jnnern gewebt und gelebt hatte, bis zur Selbstvernichtung seiner ersten Liebe und seiner ersten Kuͤnstlerhoffnung, und sich dann weit genug in die Welt gewagt hatte, war es natuͤrlich, daß er nun vor allen Dingen in die Hoͤhe strebte, sollte es auch nur die Hoͤhe einer gewoͤhnlichen Buͤhne seyn, daß das Edle und Vornehme sein vorzuͤglichstes Augenmerk ward, sollte es auch nur die Repraͤsentazion eines nicht sehr gebildeten Adels seyn. Anders konnte der Erfolg dieses seinem Ursprunge nach achtungswuͤrdigen Strebens nicht wohl ausfallen, da Wilhelm noch so unschuldig und so neu war. Daher mußte das dritte Buch eine starke Annaͤherung zur Komoͤdie erhalten; um so mehr, da es darauf angelegt war, Wilhelms Unbekanntschaft mit der Welt und den Gegensatz zwischen dem Zauber des Schauspiels und der Niedrigkeit des gewoͤhnlichen Schauspielerlebens in das hellste Licht zu setzen. Jn den vorigen Massen waren nur einzelne Zuͤge entschieden komisch, etwa ein paar Gestalten zum Vorgrunde oder eine unbestimmte Ferne. Hier ist das Ganze, die Scene und Handlung selbst komisch. Ja man moͤchte es eine komische Welt nennen, da des Lustigen darin in der That unendlich viel ist, und da die Adlichen und die Komoͤdianten zwey abgesonderte <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0352" n="163"/> doch endlich das gewonnen, daß er sich aus der Gemeinheit, die auch den edelsten Naturen urspruͤnglich anhaͤngt oder sie durch Zufall umgiebt, mehr und mehr erhoben, oder sich doch aus ihr zu erheben ernstlich bemuͤht hat. Nachdem Wilhelms unendlicher Bildungstrieb zuerst bloß in seinem eignen Jnnern gewebt und gelebt hatte, bis zur Selbstvernichtung seiner ersten Liebe und seiner ersten Kuͤnstlerhoffnung, und sich dann weit genug in die Welt gewagt hatte, war es natuͤrlich, daß er nun vor allen Dingen in die Hoͤhe strebte, sollte es auch nur die Hoͤhe einer gewoͤhnlichen Buͤhne seyn, daß das Edle und Vornehme sein vorzuͤglichstes Augenmerk ward, sollte es auch nur die Repraͤsentazion eines nicht sehr gebildeten Adels seyn. Anders konnte der Erfolg dieses seinem Ursprunge nach achtungswuͤrdigen Strebens nicht wohl ausfallen, da Wilhelm noch so unschuldig und so neu war. Daher mußte das dritte Buch eine starke Annaͤherung zur Komoͤdie erhalten; um so mehr, da es darauf angelegt war, Wilhelms Unbekanntschaft mit der Welt und den Gegensatz zwischen dem Zauber des Schauspiels und der Niedrigkeit des gewoͤhnlichen Schauspielerlebens in das hellste Licht zu setzen. Jn den vorigen Massen waren nur einzelne Zuͤge entschieden komisch, etwa ein paar Gestalten zum Vorgrunde oder eine unbestimmte Ferne. Hier ist das Ganze, die Scene und Handlung selbst komisch. Ja man moͤchte es eine komische Welt nennen, da des Lustigen darin in der That unendlich viel ist, und da die Adlichen und die Komoͤdianten zwey abgesonderte<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [163/0352]
doch endlich das gewonnen, daß er sich aus der Gemeinheit, die auch den edelsten Naturen urspruͤnglich anhaͤngt oder sie durch Zufall umgiebt, mehr und mehr erhoben, oder sich doch aus ihr zu erheben ernstlich bemuͤht hat. Nachdem Wilhelms unendlicher Bildungstrieb zuerst bloß in seinem eignen Jnnern gewebt und gelebt hatte, bis zur Selbstvernichtung seiner ersten Liebe und seiner ersten Kuͤnstlerhoffnung, und sich dann weit genug in die Welt gewagt hatte, war es natuͤrlich, daß er nun vor allen Dingen in die Hoͤhe strebte, sollte es auch nur die Hoͤhe einer gewoͤhnlichen Buͤhne seyn, daß das Edle und Vornehme sein vorzuͤglichstes Augenmerk ward, sollte es auch nur die Repraͤsentazion eines nicht sehr gebildeten Adels seyn. Anders konnte der Erfolg dieses seinem Ursprunge nach achtungswuͤrdigen Strebens nicht wohl ausfallen, da Wilhelm noch so unschuldig und so neu war. Daher mußte das dritte Buch eine starke Annaͤherung zur Komoͤdie erhalten; um so mehr, da es darauf angelegt war, Wilhelms Unbekanntschaft mit der Welt und den Gegensatz zwischen dem Zauber des Schauspiels und der Niedrigkeit des gewoͤhnlichen Schauspielerlebens in das hellste Licht zu setzen. Jn den vorigen Massen waren nur einzelne Zuͤge entschieden komisch, etwa ein paar Gestalten zum Vorgrunde oder eine unbestimmte Ferne. Hier ist das Ganze, die Scene und Handlung selbst komisch. Ja man moͤchte es eine komische Welt nennen, da des Lustigen darin in der That unendlich viel ist, und da die Adlichen und die Komoͤdianten zwey abgesonderte
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Zitationshilfe: | Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1798/352>, abgerufen am 16.02.2025. |