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Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 1. Berlin, 1798.

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Bildungen in dem höchsten und würdigsten Sinne gedacht, sondern mit jedem Karakter der Formen und des Ausdrucks den Grad von Schönheit vereinbart, der dabey Statt finden konnte, ohne jenen zu zerstören. Daß sie dieß auch da möglich zu machen gewußt, wo ein barbarischer Geschmack nicht einmal des Gedankens fähig gewesen wäre, läßt sich, z. B. an antiken Medusenköpfen, beynah mit Händen greifen. Wenn komische oder tragische Darstellungen ein Einwurf gegen dieß allgemeine, durchgängige Streben nach Schönheit wären, so läge er zu nahe, als daß er Kennern des Alterthums wie Mengs und Winkelmann hätte entgehen können. Man vergleiche die gröbste Ausgelassenheit antiker Satyren und Bakchantinnen mit ähnlichen Vorstellungen aus der Flamändischen Schule, und man müßte selbst ganz unhellenisch seyn, wenn man nicht dort noch das Hellenische fühlte. Es ist ganz etwas anders, im Schmutze gemeiner Sinnlichkeit einheimisch seyn, oder sich, wie eine Gottheit in eine Thiergestalt, aus muthwilliger Lust dazu herablassen. Auch bey der Wahl schrecklicher Gegenstände kommt ja noch alles auf die Behandlung an, welche den mildernden Hauch der Schönheit darüber verbreiten kann, und in der Griechischen Kunst und Poesie wirklich verbreitet hat. Grade in streitenden Elementen, in dem unauflöslich scheinenden Widerspruche zwischen der Natur des Dargestellten und dem Gesetze der Darstellung, erscheint die innre Harmonie des Geistes am göttlichsten. Oder wird man in den Tragödien des Sophokles, deswegen

Bildungen in dem hoͤchsten und wuͤrdigsten Sinne gedacht, sondern mit jedem Karakter der Formen und des Ausdrucks den Grad von Schoͤnheit vereinbart, der dabey Statt finden konnte, ohne jenen zu zerstoͤren. Daß sie dieß auch da moͤglich zu machen gewußt, wo ein barbarischer Geschmack nicht einmal des Gedankens faͤhig gewesen waͤre, laͤßt sich, z. B. an antiken Medusenkoͤpfen, beynah mit Haͤnden greifen. Wenn komische oder tragische Darstellungen ein Einwurf gegen dieß allgemeine, durchgaͤngige Streben nach Schoͤnheit waͤren, so laͤge er zu nahe, als daß er Kennern des Alterthums wie Mengs und Winkelmann haͤtte entgehen koͤnnen. Man vergleiche die groͤbste Ausgelassenheit antiker Satyren und Bakchantinnen mit aͤhnlichen Vorstellungen aus der Flamaͤndischen Schule, und man muͤßte selbst ganz unhellenisch seyn, wenn man nicht dort noch das Hellenische fuͤhlte. Es ist ganz etwas anders, im Schmutze gemeiner Sinnlichkeit einheimisch seyn, oder sich, wie eine Gottheit in eine Thiergestalt, aus muthwilliger Lust dazu herablassen. Auch bey der Wahl schrecklicher Gegenstaͤnde kommt ja noch alles auf die Behandlung an, welche den mildernden Hauch der Schoͤnheit daruͤber verbreiten kann, und in der Griechischen Kunst und Poesie wirklich verbreitet hat. Grade in streitenden Elementen, in dem unaufloͤslich scheinenden Widerspruche zwischen der Natur des Dargestellten und dem Gesetze der Darstellung, erscheint die innre Harmonie des Geistes am goͤttlichsten. Oder wird man in den Tragoͤdien des Sophokles, deswegen

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[86/0275] Bildungen in dem hoͤchsten und wuͤrdigsten Sinne gedacht, sondern mit jedem Karakter der Formen und des Ausdrucks den Grad von Schoͤnheit vereinbart, der dabey Statt finden konnte, ohne jenen zu zerstoͤren. Daß sie dieß auch da moͤglich zu machen gewußt, wo ein barbarischer Geschmack nicht einmal des Gedankens faͤhig gewesen waͤre, laͤßt sich, z. B. an antiken Medusenkoͤpfen, beynah mit Haͤnden greifen. Wenn komische oder tragische Darstellungen ein Einwurf gegen dieß allgemeine, durchgaͤngige Streben nach Schoͤnheit waͤren, so laͤge er zu nahe, als daß er Kennern des Alterthums wie Mengs und Winkelmann haͤtte entgehen koͤnnen. Man vergleiche die groͤbste Ausgelassenheit antiker Satyren und Bakchantinnen mit aͤhnlichen Vorstellungen aus der Flamaͤndischen Schule, und man muͤßte selbst ganz unhellenisch seyn, wenn man nicht dort noch das Hellenische fuͤhlte. Es ist ganz etwas anders, im Schmutze gemeiner Sinnlichkeit einheimisch seyn, oder sich, wie eine Gottheit in eine Thiergestalt, aus muthwilliger Lust dazu herablassen. Auch bey der Wahl schrecklicher Gegenstaͤnde kommt ja noch alles auf die Behandlung an, welche den mildernden Hauch der Schoͤnheit daruͤber verbreiten kann, und in der Griechischen Kunst und Poesie wirklich verbreitet hat. Grade in streitenden Elementen, in dem unaufloͤslich scheinenden Widerspruche zwischen der Natur des Dargestellten und dem Gesetze der Darstellung, erscheint die innre Harmonie des Geistes am goͤttlichsten. Oder wird man in den Tragoͤdien des Sophokles, deswegen

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Zitationshilfe: Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1798/275>, abgerufen am 25.11.2024.