Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 1. Berlin, 1798.um so weniger Glauben, da sie nicht so alt zu seyn scheint, als Priester sie ausgeben. Homer kennt sie nicht. Deutscher. "Die Deutschen bildeten vor Alters viele ihrer Zeitwörter durch Verdoppelung des anfangenden Mitlauts und hatten einen Dual wie ihr. Sprachen, die sogar solche Sonderbarkeiten gemein haben, wie der Dual ist, haben überhaupt viel gleiches." Grammatik. Die Verdoppelung ist allerdings eine seltnere Eigenheit, die der Römer aber auch mit dem Griechen gemein hat. Der Dual findet sich in den verschiedensten Sprachen; im Hebräischen und im Finnischen. Er ist dem Ursprunge der Gesellschaften und der Kindheit des menschlichen Geistes sehr natürlich: je weniger zahlreich jene sind, desto häufiger tritt der Fall ein, daß nur zwey zusammen handeln; und der unmündige Verstand erhebt sich durch den Begriff des Paares wie durch eine Stufe zu dem allgemeineren der Vielheit. Die Griechen gaben vielleicht das einzige Beyspiel einer Sprache, die den Dual auch in der höchsten Ausbildung nicht abgelegt; und wer weiß was geschehn wäre, hätten die Dichter nicht gethan. Deutscher. Die Stammväter der Deutschen und Griechen waren in ihren ursprünglichen Sitzen Nachbarn. Grieche. Reicht eure Geschichte bis da hinauf? Homer und Herodot sagen nichts davon. Doch nimm an, die Pelasger wären von Norden her in mein Vaterland eingewandert: das Volk der Hellenen ist erst um so weniger Glauben, da sie nicht so alt zu seyn scheint, als Priester sie ausgeben. Homer kennt sie nicht. Deutscher. „Die Deutschen bildeten vor Alters viele ihrer Zeitwoͤrter durch Verdoppelung des anfangenden Mitlauts und hatten einen Dual wie ihr. Sprachen, die sogar solche Sonderbarkeiten gemein haben, wie der Dual ist, haben uͤberhaupt viel gleiches.“ Grammatik. Die Verdoppelung ist allerdings eine seltnere Eigenheit, die der Roͤmer aber auch mit dem Griechen gemein hat. Der Dual findet sich in den verschiedensten Sprachen; im Hebraͤischen und im Finnischen. Er ist dem Ursprunge der Gesellschaften und der Kindheit des menschlichen Geistes sehr natuͤrlich: je weniger zahlreich jene sind, desto haͤufiger tritt der Fall ein, daß nur zwey zusammen handeln; und der unmuͤndige Verstand erhebt sich durch den Begriff des Paares wie durch eine Stufe zu dem allgemeineren der Vielheit. Die Griechen gaben vielleicht das einzige Beyspiel einer Sprache, die den Dual auch in der hoͤchsten Ausbildung nicht abgelegt; und wer weiß was geschehn waͤre, haͤtten die Dichter nicht gethan. Deutscher. Die Stammvaͤter der Deutschen und Griechen waren in ihren urspruͤnglichen Sitzen Nachbarn. Grieche. Reicht eure Geschichte bis da hinauf? Homer und Herodot sagen nichts davon. Doch nimm an, die Pelasger waͤren von Norden her in mein Vaterland eingewandert: das Volk der Hellenen ist erst <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0021" n="10"/> um so weniger Glauben, da sie nicht so alt zu seyn scheint, als Priester sie ausgeben. Homer kennt sie nicht.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Deutscher.</hi> „Die Deutschen bildeten vor Alters viele ihrer Zeitwoͤrter durch Verdoppelung des anfangenden Mitlauts und hatten einen Dual wie ihr. Sprachen, die sogar solche Sonderbarkeiten gemein haben, wie der Dual ist, haben uͤberhaupt viel gleiches.“</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Grammatik.</hi> Die Verdoppelung ist allerdings eine seltnere Eigenheit, die der Roͤmer aber auch mit dem Griechen gemein hat. Der Dual findet sich in den verschiedensten Sprachen; im Hebraͤischen und im Finnischen. Er ist dem Ursprunge der Gesellschaften und der Kindheit des menschlichen Geistes sehr natuͤrlich: je weniger zahlreich jene sind, desto haͤufiger tritt der Fall ein, daß nur zwey zusammen handeln; und der unmuͤndige Verstand erhebt sich durch den Begriff des Paares wie durch eine Stufe zu dem allgemeineren der Vielheit. Die Griechen gaben vielleicht das einzige Beyspiel einer Sprache, die den Dual auch in der hoͤchsten Ausbildung nicht abgelegt; und wer weiß was geschehn waͤre, haͤtten die Dichter nicht gethan.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Deutscher.</hi> Die Stammvaͤter der Deutschen und Griechen waren in ihren urspruͤnglichen Sitzen Nachbarn.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Grieche.</hi> Reicht eure Geschichte bis da hinauf? Homer und Herodot sagen nichts davon. Doch nimm an, die Pelasger waͤren von Norden her in mein Vaterland eingewandert: das Volk der Hellenen ist erst<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [10/0021]
um so weniger Glauben, da sie nicht so alt zu seyn scheint, als Priester sie ausgeben. Homer kennt sie nicht.
Deutscher. „Die Deutschen bildeten vor Alters viele ihrer Zeitwoͤrter durch Verdoppelung des anfangenden Mitlauts und hatten einen Dual wie ihr. Sprachen, die sogar solche Sonderbarkeiten gemein haben, wie der Dual ist, haben uͤberhaupt viel gleiches.“
Grammatik. Die Verdoppelung ist allerdings eine seltnere Eigenheit, die der Roͤmer aber auch mit dem Griechen gemein hat. Der Dual findet sich in den verschiedensten Sprachen; im Hebraͤischen und im Finnischen. Er ist dem Ursprunge der Gesellschaften und der Kindheit des menschlichen Geistes sehr natuͤrlich: je weniger zahlreich jene sind, desto haͤufiger tritt der Fall ein, daß nur zwey zusammen handeln; und der unmuͤndige Verstand erhebt sich durch den Begriff des Paares wie durch eine Stufe zu dem allgemeineren der Vielheit. Die Griechen gaben vielleicht das einzige Beyspiel einer Sprache, die den Dual auch in der hoͤchsten Ausbildung nicht abgelegt; und wer weiß was geschehn waͤre, haͤtten die Dichter nicht gethan.
Deutscher. Die Stammvaͤter der Deutschen und Griechen waren in ihren urspruͤnglichen Sitzen Nachbarn.
Grieche. Reicht eure Geschichte bis da hinauf? Homer und Herodot sagen nichts davon. Doch nimm an, die Pelasger waͤren von Norden her in mein Vaterland eingewandert: das Volk der Hellenen ist erst
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