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Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 1. Berlin, 1798.

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selbst in ihrem Zusammenhange zu fassen suchen. Beym Rezensiren ist ein mehr oder weniger isolirendes Verfahren nothwendig und hergebracht: alle vergleichenden Seitenblicke gelten da für Lizenzen. Und doch lassen sich nur die Buchstaben eines Buches in die Scheidewände des Bandes einschließen: in so fern es lebt, einen Geist und einen Gehalt hat, steht es als Wirkung und wiederum wirkend in mannichfaltigen Beziehungen. Das Verhältniß des Schriftstellers zu seinen Vorgängern und Nebenbuhlern, die Laufbahn, die er schon durchmessen hat oder zu betreten anfängt, die Aufnahme, die er bey seinen Zeitgenossen findet, sind eben so viel aufklärende Gesichtspunkte. Wie sich mir Aussichten darbieten, werde ich ihnen nachgehn: denn wo das Ganze Digression ist, hat man sich nicht vor Digressionen zu hüten; und ich kann zu einem nicht erschöpften Gegenstande immer noch zurückkehren, um ihn in einer verschiednen Zusammenstellung zu beleuchten.

Der Punkt, wo die Litteratur das gesellige Leben am unmittelbarsten berührt, ist der Roman. Bey ihm offenbart sich daher am auffallendsten der ungeheure Abstand zwischen den Klassen der lesenden Menge, die man durch den bloß postulirten Begriff eines Publikums in eine Einheit zusammenschmelzt: hier können die Unternehmungen des Meisters, dessen Blick, seinem Zeitalter voraus, in gränzenlose Fernen dringt, dem regsten und vielseitigsten Streben nach Bildung begegnen, so wie eben hier die stupide Genügsamkeit des Handwerkers, der nur denselben verworrnen Knäuel

selbst in ihrem Zusammenhange zu fassen suchen. Beym Rezensiren ist ein mehr oder weniger isolirendes Verfahren nothwendig und hergebracht: alle vergleichenden Seitenblicke gelten da fuͤr Lizenzen. Und doch lassen sich nur die Buchstaben eines Buches in die Scheidewaͤnde des Bandes einschließen: in so fern es lebt, einen Geist und einen Gehalt hat, steht es als Wirkung und wiederum wirkend in mannichfaltigen Beziehungen. Das Verhaͤltniß des Schriftstellers zu seinen Vorgaͤngern und Nebenbuhlern, die Laufbahn, die er schon durchmessen hat oder zu betreten anfaͤngt, die Aufnahme, die er bey seinen Zeitgenossen findet, sind eben so viel aufklaͤrende Gesichtspunkte. Wie sich mir Aussichten darbieten, werde ich ihnen nachgehn: denn wo das Ganze Digression ist, hat man sich nicht vor Digressionen zu huͤten; und ich kann zu einem nicht erschoͤpften Gegenstande immer noch zuruͤckkehren, um ihn in einer verschiednen Zusammenstellung zu beleuchten.

Der Punkt, wo die Litteratur das gesellige Leben am unmittelbarsten beruͤhrt, ist der Roman. Bey ihm offenbart sich daher am auffallendsten der ungeheure Abstand zwischen den Klassen der lesenden Menge, die man durch den bloß postulirten Begriff eines Publikums in eine Einheit zusammenschmelzt: hier koͤnnen die Unternehmungen des Meisters, dessen Blick, seinem Zeitalter voraus, in graͤnzenlose Fernen dringt, dem regsten und vielseitigsten Streben nach Bildung begegnen, so wie eben hier die stupide Genuͤgsamkeit des Handwerkers, der nur denselben verworrnen Knaͤuel

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[149/0160] selbst in ihrem Zusammenhange zu fassen suchen. Beym Rezensiren ist ein mehr oder weniger isolirendes Verfahren nothwendig und hergebracht: alle vergleichenden Seitenblicke gelten da fuͤr Lizenzen. Und doch lassen sich nur die Buchstaben eines Buches in die Scheidewaͤnde des Bandes einschließen: in so fern es lebt, einen Geist und einen Gehalt hat, steht es als Wirkung und wiederum wirkend in mannichfaltigen Beziehungen. Das Verhaͤltniß des Schriftstellers zu seinen Vorgaͤngern und Nebenbuhlern, die Laufbahn, die er schon durchmessen hat oder zu betreten anfaͤngt, die Aufnahme, die er bey seinen Zeitgenossen findet, sind eben so viel aufklaͤrende Gesichtspunkte. Wie sich mir Aussichten darbieten, werde ich ihnen nachgehn: denn wo das Ganze Digression ist, hat man sich nicht vor Digressionen zu huͤten; und ich kann zu einem nicht erschoͤpften Gegenstande immer noch zuruͤckkehren, um ihn in einer verschiednen Zusammenstellung zu beleuchten. Der Punkt, wo die Litteratur das gesellige Leben am unmittelbarsten beruͤhrt, ist der Roman. Bey ihm offenbart sich daher am auffallendsten der ungeheure Abstand zwischen den Klassen der lesenden Menge, die man durch den bloß postulirten Begriff eines Publikums in eine Einheit zusammenschmelzt: hier koͤnnen die Unternehmungen des Meisters, dessen Blick, seinem Zeitalter voraus, in graͤnzenlose Fernen dringt, dem regsten und vielseitigsten Streben nach Bildung begegnen, so wie eben hier die stupide Genuͤgsamkeit des Handwerkers, der nur denselben verworrnen Knaͤuel

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Zitationshilfe: Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1798/160>, abgerufen am 23.11.2024.