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Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 1. Berlin, 1798.

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So reich und beziehungsvoll ist diese zierliche Rhapsodie von reizenden Epigrammen, daß es auch dem schnellsten Sinn selbst bey vertrauter Bekanntschaft mit dem behandelten Stoff schwer ja unmöglich fallen dürfte, gleich beym ersten Eindruck alle Feinheiten des Künstlers wahrzunehmen. Seiner Absicht gemäß, die unwiderstehliche Macht der zärtlichen Sehnsucht durch große und schöne Beyspiele zu offenbaren, umfaßt er gleichsam alle Zeitalter der Bildung und der Geschichte von den ehrwürdigen Stiftern uralter Mysterien, den dichtenden Priestern der grauen Vorzeit, bis zu seinem Freunde und Zeitgenossen, dem also schon damahls hochgeehrten und von Propertius und Ovidius so oft gefeyerten Philetas, bis zu dem auch in der Vaterstadt des Hermesianax, dem dichterreichen Kolophon, bekannten Philoxenos, dem geistvollsten und ausschweifendsten Virtuosen des üppigsten Zeitalters und der gesetzlosesten Dichtart. Alles weiß er zu brauchen und zu bilden; allegorische Priestersagen, wie die vom Orpheus; Anekdoten vom Leben der Dichter, die oft auch durch Dichter entstanden, oder ausgeschmückt waren, wie die Weiberfeindschaft des Euripides durch eifersüchtige Komiker, und wie die gegen die Zeitrechnung erdichtete Liebe des Anakreon vielleicht der neuern Komödie ihr Daseyn verdankt, die auch als erste oder zweyte Quelle der Liebe der Sappho zum Phaon zu betrachten ist; die Werke der Dichter selbst, wie bey Mimnermos und Antimachos, die ihm durch das doppelte Band des gemeinsamen Vaterlandes und der gemeinsamen Kunstart näher waren

So reich und beziehungsvoll ist diese zierliche Rhapsodie von reizenden Epigrammen, daß es auch dem schnellsten Sinn selbst bey vertrauter Bekanntschaft mit dem behandelten Stoff schwer ja unmoͤglich fallen duͤrfte, gleich beym ersten Eindruck alle Feinheiten des Kuͤnstlers wahrzunehmen. Seiner Absicht gemaͤß, die unwiderstehliche Macht der zaͤrtlichen Sehnsucht durch große und schoͤne Beyspiele zu offenbaren, umfaßt er gleichsam alle Zeitalter der Bildung und der Geschichte von den ehrwuͤrdigen Stiftern uralter Mysterien, den dichtenden Priestern der grauen Vorzeit, bis zu seinem Freunde und Zeitgenossen, dem also schon damahls hochgeehrten und von Propertius und Ovidius so oft gefeyerten Philetas, bis zu dem auch in der Vaterstadt des Hermesianax, dem dichterreichen Kolophon, bekannten Philoxenos, dem geistvollsten und ausschweifendsten Virtuosen des uͤppigsten Zeitalters und der gesetzlosesten Dichtart. Alles weiß er zu brauchen und zu bilden; allegorische Priestersagen, wie die vom Orpheus; Anekdoten vom Leben der Dichter, die oft auch durch Dichter entstanden, oder ausgeschmuͤckt waren, wie die Weiberfeindschaft des Euripides durch eifersuͤchtige Komiker, und wie die gegen die Zeitrechnung erdichtete Liebe des Anakreon vielleicht der neuern Komoͤdie ihr Daseyn verdankt, die auch als erste oder zweyte Quelle der Liebe der Sappho zum Phaon zu betrachten ist; die Werke der Dichter selbst, wie bey Mimnermos und Antimachos, die ihm durch das doppelte Band des gemeinsamen Vaterlandes und der gemeinsamen Kunstart naͤher waren

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[125/0136] So reich und beziehungsvoll ist diese zierliche Rhapsodie von reizenden Epigrammen, daß es auch dem schnellsten Sinn selbst bey vertrauter Bekanntschaft mit dem behandelten Stoff schwer ja unmoͤglich fallen duͤrfte, gleich beym ersten Eindruck alle Feinheiten des Kuͤnstlers wahrzunehmen. Seiner Absicht gemaͤß, die unwiderstehliche Macht der zaͤrtlichen Sehnsucht durch große und schoͤne Beyspiele zu offenbaren, umfaßt er gleichsam alle Zeitalter der Bildung und der Geschichte von den ehrwuͤrdigen Stiftern uralter Mysterien, den dichtenden Priestern der grauen Vorzeit, bis zu seinem Freunde und Zeitgenossen, dem also schon damahls hochgeehrten und von Propertius und Ovidius so oft gefeyerten Philetas, bis zu dem auch in der Vaterstadt des Hermesianax, dem dichterreichen Kolophon, bekannten Philoxenos, dem geistvollsten und ausschweifendsten Virtuosen des uͤppigsten Zeitalters und der gesetzlosesten Dichtart. Alles weiß er zu brauchen und zu bilden; allegorische Priestersagen, wie die vom Orpheus; Anekdoten vom Leben der Dichter, die oft auch durch Dichter entstanden, oder ausgeschmuͤckt waren, wie die Weiberfeindschaft des Euripides durch eifersuͤchtige Komiker, und wie die gegen die Zeitrechnung erdichtete Liebe des Anakreon vielleicht der neuern Komoͤdie ihr Daseyn verdankt, die auch als erste oder zweyte Quelle der Liebe der Sappho zum Phaon zu betrachten ist; die Werke der Dichter selbst, wie bey Mimnermos und Antimachos, die ihm durch das doppelte Band des gemeinsamen Vaterlandes und der gemeinsamen Kunstart naͤher waren

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Zitationshilfe: Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1798/136>, abgerufen am 27.11.2024.