Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 1. Berlin, 1798.III. Elegien aus dem Griechischen. Viele Gattungen der alten Poesie sind in dem Zeitalter, auf der Stelle, wo sie sich bildeten und blühten, auch auf ewig verblüht. Jhr Geist hat sich nach den Naturgesetzen der Metempsychose, welche auch im Reiche der Kunst gilt, in andre Gestalten verlohren, oder er ist der Erde gen Olymp entflohen, wie einst die Scham und die Gerechtigkeit vor den wachsenden Greueln des eisernen Geschlechts. Andern Gebilden der Kunst ward mehr als eine Woge in der ewigen Fluth und Ebbe des Lebens zu Theil. Sie durchlebten mehr als einen Sommer der Bildung, und oft entsproßte dem Stamm, der schon verdorrt schien, ein neues Gewächs, dem alten ähnlich, ja gleich, und doch verwandelt. Nächst dem Epos hat sich diese Metamorphose der sich selbst verjüngenden Poesie nirgends schöner offenbart und bewährt als in der Elegie. So groß war die Lebenskraft oder die Bildsamkeit dieser vielgestalteten Dichtart, daß sie seit ihrem Entstehen fast nie aufgehört hat zu blühen, und daß sie auch noch, III. Elegien aus dem Griechischen. Viele Gattungen der alten Poesie sind in dem Zeitalter, auf der Stelle, wo sie sich bildeten und bluͤhten, auch auf ewig verbluͤht. Jhr Geist hat sich nach den Naturgesetzen der Metempsychose, welche auch im Reiche der Kunst gilt, in andre Gestalten verlohren, oder er ist der Erde gen Olymp entflohen, wie einst die Scham und die Gerechtigkeit vor den wachsenden Greueln des eisernen Geschlechts. Andern Gebilden der Kunst ward mehr als eine Woge in der ewigen Fluth und Ebbe des Lebens zu Theil. Sie durchlebten mehr als einen Sommer der Bildung, und oft entsproßte dem Stamm, der schon verdorrt schien, ein neues Gewaͤchs, dem alten aͤhnlich, ja gleich, und doch verwandelt. Naͤchst dem Epos hat sich diese Metamorphose der sich selbst verjuͤngenden Poesie nirgends schoͤner offenbart und bewaͤhrt als in der Elegie. So groß war die Lebenskraft oder die Bildsamkeit dieser vielgestalteten Dichtart, daß sie seit ihrem Entstehen fast nie aufgehoͤrt hat zu bluͤhen, und daß sie auch noch, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0118" n="107"/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">III.</hi> Elegien aus dem Griechischen.</hi> </head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Viele Gattungen der alten Poesie sind in dem Zeitalter, auf der Stelle, wo sie sich bildeten und bluͤhten, auch auf ewig verbluͤht. Jhr Geist hat sich nach den Naturgesetzen der Metempsychose, welche auch im Reiche der Kunst gilt, in andre Gestalten verlohren, oder er ist der Erde gen Olymp entflohen, wie einst die Scham und die Gerechtigkeit vor den wachsenden Greueln des eisernen Geschlechts. Andern Gebilden der Kunst ward mehr als eine Woge in der ewigen Fluth und Ebbe des Lebens zu Theil. Sie durchlebten mehr als einen Sommer der Bildung, und oft entsproßte dem Stamm, der schon verdorrt schien, ein neues Gewaͤchs, dem alten aͤhnlich, ja gleich, und doch verwandelt.</p><lb/> <p>Naͤchst dem Epos hat sich diese Metamorphose der sich selbst verjuͤngenden Poesie nirgends schoͤner offenbart und bewaͤhrt als in der Elegie. So groß war die Lebenskraft oder die Bildsamkeit dieser vielgestalteten Dichtart, daß sie seit ihrem Entstehen fast nie aufgehoͤrt hat zu bluͤhen, und daß sie auch noch,<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [107/0118]
III. Elegien aus dem Griechischen.
Viele Gattungen der alten Poesie sind in dem Zeitalter, auf der Stelle, wo sie sich bildeten und bluͤhten, auch auf ewig verbluͤht. Jhr Geist hat sich nach den Naturgesetzen der Metempsychose, welche auch im Reiche der Kunst gilt, in andre Gestalten verlohren, oder er ist der Erde gen Olymp entflohen, wie einst die Scham und die Gerechtigkeit vor den wachsenden Greueln des eisernen Geschlechts. Andern Gebilden der Kunst ward mehr als eine Woge in der ewigen Fluth und Ebbe des Lebens zu Theil. Sie durchlebten mehr als einen Sommer der Bildung, und oft entsproßte dem Stamm, der schon verdorrt schien, ein neues Gewaͤchs, dem alten aͤhnlich, ja gleich, und doch verwandelt.
Naͤchst dem Epos hat sich diese Metamorphose der sich selbst verjuͤngenden Poesie nirgends schoͤner offenbart und bewaͤhrt als in der Elegie. So groß war die Lebenskraft oder die Bildsamkeit dieser vielgestalteten Dichtart, daß sie seit ihrem Entstehen fast nie aufgehoͤrt hat zu bluͤhen, und daß sie auch noch,
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