Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 1. Berlin, 1798.Das Gebet, oder der religiöse Gedanke besteht also aus einer dreyfach aufsteigenden, untheilbaren Abstrakzion oder Setzung. Jeder Gegenstand kann dem Religiösen ein Tempel im Sinn der Auguren seyn. Der Geist dieses Tempels ist der allgegenwärtige Hohepriester, der monotheistische Mittler, welcher allein im unmittelbaren Verhältnisse mit der Gottheit steht. Die Basis aller ewigen Verbindung ist eine absolute Tendenz nach allen Richtungen. Darauf beruht die Macht der Hierarchie, der ächten Maconnerie, und des unsichtbaren Bundes ächter Denker. Hierin liegt die Möglichkeit einer Universalrepublik, welche die Römer bis zu den Kaisern zu realisiren begonnen hatten. Zuerst verließ August diese Basis, und Hadrian zerstörte sie ganz. Fast immer hat man den Anführer, den ersten Beamten des Staats, mit dem Repräsentanten des Genius der Menschheit vermengt, der zur Einheit der Gesellschaft oder des Volks gehört. Jm Staat ist alles Schauhandlung, das Leben des Volks ist Schauspiel; mithin muß auch der Geist des Volks sichtbar seyn. Dieser sichtbare Geist kommt entweder, wie im tausendjährigen Reiche, ohne unser Zuthun, oder er wird einstimmig durch ein lautes oder stilles Einverständniß gewählt. Es ist unwidersprechliche Thatsache, daß die meisten Fürsten nicht eigentlich Fürsten, sondern gewöhnlich mehr oder minder eine Art von Repräsentanten Das Gebet, oder der religioͤse Gedanke besteht also aus einer dreyfach aufsteigenden, untheilbaren Abstrakzion oder Setzung. Jeder Gegenstand kann dem Religioͤsen ein Tempel im Sinn der Auguren seyn. Der Geist dieses Tempels ist der allgegenwaͤrtige Hohepriester, der monotheistische Mittler, welcher allein im unmittelbaren Verhaͤltnisse mit der Gottheit steht. Die Basis aller ewigen Verbindung ist eine absolute Tendenz nach allen Richtungen. Darauf beruht die Macht der Hierarchie, der aͤchten Maconnerie, und des unsichtbaren Bundes aͤchter Denker. Hierin liegt die Moͤglichkeit einer Universalrepublik, welche die Roͤmer bis zu den Kaisern zu realisiren begonnen hatten. Zuerst verließ August diese Basis, und Hadrian zerstoͤrte sie ganz. Fast immer hat man den Anfuͤhrer, den ersten Beamten des Staats, mit dem Repraͤsentanten des Genius der Menschheit vermengt, der zur Einheit der Gesellschaft oder des Volks gehoͤrt. Jm Staat ist alles Schauhandlung, das Leben des Volks ist Schauspiel; mithin muß auch der Geist des Volks sichtbar seyn. Dieser sichtbare Geist kommt entweder, wie im tausendjaͤhrigen Reiche, ohne unser Zuthun, oder er wird einstimmig durch ein lautes oder stilles Einverstaͤndniß gewaͤhlt. Es ist unwidersprechliche Thatsache, daß die meisten Fuͤrsten nicht eigentlich Fuͤrsten, sondern gewoͤhnlich mehr oder minder eine Art von Repraͤsentanten <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0104" n="93"/> <p>Das Gebet, oder der religioͤse Gedanke besteht also aus einer dreyfach aufsteigenden, untheilbaren Abstrakzion oder Setzung. Jeder Gegenstand kann dem Religioͤsen ein Tempel im Sinn der Auguren seyn. Der Geist dieses Tempels ist der allgegenwaͤrtige Hohepriester, der monotheistische Mittler, welcher allein im unmittelbaren Verhaͤltnisse mit der Gottheit steht.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Die Basis aller ewigen Verbindung ist eine absolute Tendenz nach allen Richtungen. Darauf beruht die Macht der Hierarchie, der aͤchten Maconnerie, und des unsichtbaren Bundes aͤchter Denker. Hierin liegt die Moͤglichkeit einer Universalrepublik, welche die Roͤmer bis zu den Kaisern zu realisiren begonnen hatten. Zuerst verließ August diese Basis, und Hadrian zerstoͤrte sie ganz.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Fast immer hat man den Anfuͤhrer, den ersten Beamten des Staats, mit dem Repraͤsentanten des Genius der Menschheit vermengt, der zur Einheit der Gesellschaft oder des Volks gehoͤrt. Jm Staat ist alles Schauhandlung, das Leben des Volks ist Schauspiel; mithin muß auch der Geist des Volks sichtbar seyn. Dieser sichtbare Geist kommt entweder, wie im tausendjaͤhrigen Reiche, ohne unser Zuthun, oder er wird einstimmig durch ein lautes oder stilles Einverstaͤndniß gewaͤhlt.</p><lb/> <p>Es ist unwidersprechliche Thatsache, daß die meisten Fuͤrsten nicht eigentlich Fuͤrsten, sondern gewoͤhnlich mehr oder minder eine Art von Repraͤsentanten<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [93/0104]
Das Gebet, oder der religioͤse Gedanke besteht also aus einer dreyfach aufsteigenden, untheilbaren Abstrakzion oder Setzung. Jeder Gegenstand kann dem Religioͤsen ein Tempel im Sinn der Auguren seyn. Der Geist dieses Tempels ist der allgegenwaͤrtige Hohepriester, der monotheistische Mittler, welcher allein im unmittelbaren Verhaͤltnisse mit der Gottheit steht.
Die Basis aller ewigen Verbindung ist eine absolute Tendenz nach allen Richtungen. Darauf beruht die Macht der Hierarchie, der aͤchten Maconnerie, und des unsichtbaren Bundes aͤchter Denker. Hierin liegt die Moͤglichkeit einer Universalrepublik, welche die Roͤmer bis zu den Kaisern zu realisiren begonnen hatten. Zuerst verließ August diese Basis, und Hadrian zerstoͤrte sie ganz.
Fast immer hat man den Anfuͤhrer, den ersten Beamten des Staats, mit dem Repraͤsentanten des Genius der Menschheit vermengt, der zur Einheit der Gesellschaft oder des Volks gehoͤrt. Jm Staat ist alles Schauhandlung, das Leben des Volks ist Schauspiel; mithin muß auch der Geist des Volks sichtbar seyn. Dieser sichtbare Geist kommt entweder, wie im tausendjaͤhrigen Reiche, ohne unser Zuthun, oder er wird einstimmig durch ein lautes oder stilles Einverstaͤndniß gewaͤhlt.
Es ist unwidersprechliche Thatsache, daß die meisten Fuͤrsten nicht eigentlich Fuͤrsten, sondern gewoͤhnlich mehr oder minder eine Art von Repraͤsentanten
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