Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Wilhelm Tell. Tübingen, 1804.

Bild:
<< vorherige Seite
Von meinem Vater? Nicht ertrag ich's länger,
Als ein Gefang'ner müßig hier zu liegen.
Was hab' ich denn so sträfliches gethan,
Um mich gleich einem Mörder zu verbergen?
Dem frechen Buben, der die Ochsen mir,
Das treflichste Gespann, vor meinen Augen
Weg wollte treiben auf des Vogts Geheiß,
Hab' ich den Finger mit dem Stab gebrochen.

Walther Fürst
Ihr seid zu rasch. Der Bube war des Vogts,
Von eurer Obrigkeit war er gesendet,
Ihr wart in Straf' gefallen, mußtet euch,
Wie schwer sie war, der Buße schweigend fügen.

Melchthal
Ertragen sollt' ich die leichtfert'ge Rede
Des Unverschämten: "Wenn der Bauer Brod
"Wollt' essen, mög' er selbst am Pfluge zieh'n!"
In die Seele schnitt mir's, als der Bub die Ochsen,
Die schönen Thiere, von dem Pfluge spannte,
Dumpf brüllten sie, als hätten sie Gefühl
Der Ungebühr, und stießen mit den Hörnern,
d
Von meinem Vater? Nicht ertrag ich’s laͤnger,
Als ein Gefang’ner muͤßig hier zu liegen.
Was hab’ ich denn ſo ſtraͤfliches gethan,
Um mich gleich einem Moͤrder zu verbergen?
Dem frechen Buben, der die Ochſen mir,
Das treflichſte Geſpann, vor meinen Augen
Weg wollte treiben auf des Vogts Geheiß,
Hab’ ich den Finger mit dem Stab gebrochen.

Walther Fuͤrſt
Ihr ſeid zu raſch. Der Bube war des Vogts,
Von eurer Obrigkeit war er geſendet,
Ihr wart in Straf’ gefallen, mußtet euch,
Wie ſchwer ſie war, der Buße ſchweigend fuͤgen.

Melchthal
Ertragen ſollt’ ich die leichtfert’ge Rede
Des Unverſchaͤmten: „Wenn der Bauer Brod
„Wollt’ eſſen, moͤg’ er ſelbſt am Pfluge zieh’n!“
In die Seele ſchnitt mir’s, als der Bub die Ochſen,
Die ſchoͤnen Thiere, von dem Pfluge ſpannte,
Dumpf bruͤllten ſie, als haͤtten ſie Gefuͤhl
Der Ungebuͤhr, und ſtießen mit den Hoͤrnern,
d
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#MEL">
            <p><pb facs="#f0051" n="37"/>
Von meinem Vater? Nicht ertrag ich&#x2019;s la&#x0364;nger,<lb/>
Als ein Gefang&#x2019;ner mu&#x0364;ßig hier zu liegen.<lb/>
Was hab&#x2019; ich denn &#x017F;o &#x017F;tra&#x0364;fliches gethan,<lb/>
Um mich gleich einem Mo&#x0364;rder zu verbergen?<lb/>
Dem frechen Buben, der die Och&#x017F;en mir,<lb/>
Das treflich&#x017F;te Ge&#x017F;pann, vor meinen Augen<lb/>
Weg wollte treiben auf des Vogts Geheiß,<lb/>
Hab&#x2019; ich den Finger mit dem Stab gebrochen.</p><lb/>
          </sp>
          <sp who="#WAL">
            <speaker> <hi rendition="#g">Walther Fu&#x0364;r&#x017F;t</hi> </speaker><lb/>
            <p>Ihr &#x017F;eid zu ra&#x017F;ch. Der Bube war des Vogts,<lb/>
Von eurer Obrigkeit war er ge&#x017F;endet,<lb/>
Ihr wart in Straf&#x2019; gefallen, mußtet euch,<lb/>
Wie &#x017F;chwer &#x017F;ie war, der Buße &#x017F;chweigend fu&#x0364;gen.</p><lb/>
          </sp>
          <sp who="#MEL">
            <speaker> <hi rendition="#g">Melchthal</hi> </speaker><lb/>
            <p>Ertragen &#x017F;ollt&#x2019; ich die leichtfert&#x2019;ge Rede<lb/>
Des Unver&#x017F;cha&#x0364;mten: &#x201E;Wenn der Bauer Brod<lb/>
&#x201E;Wollt&#x2019; e&#x017F;&#x017F;en, mo&#x0364;g&#x2019; er &#x017F;elb&#x017F;t am Pfluge zieh&#x2019;n!&#x201C;<lb/>
In die Seele &#x017F;chnitt mir&#x2019;s, als der Bub die Och&#x017F;en,<lb/>
Die &#x017F;cho&#x0364;nen Thiere, von dem Pfluge &#x017F;pannte,<lb/>
Dumpf bru&#x0364;llten &#x017F;ie, als ha&#x0364;tten &#x017F;ie Gefu&#x0364;hl<lb/>
Der Ungebu&#x0364;hr, und &#x017F;tießen mit den Ho&#x0364;rnern,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">d</fw><lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[37/0051] Von meinem Vater? Nicht ertrag ich’s laͤnger, Als ein Gefang’ner muͤßig hier zu liegen. Was hab’ ich denn ſo ſtraͤfliches gethan, Um mich gleich einem Moͤrder zu verbergen? Dem frechen Buben, der die Ochſen mir, Das treflichſte Geſpann, vor meinen Augen Weg wollte treiben auf des Vogts Geheiß, Hab’ ich den Finger mit dem Stab gebrochen. Walther Fuͤrſt Ihr ſeid zu raſch. Der Bube war des Vogts, Von eurer Obrigkeit war er geſendet, Ihr wart in Straf’ gefallen, mußtet euch, Wie ſchwer ſie war, der Buße ſchweigend fuͤgen. Melchthal Ertragen ſollt’ ich die leichtfert’ge Rede Des Unverſchaͤmten: „Wenn der Bauer Brod „Wollt’ eſſen, moͤg’ er ſelbſt am Pfluge zieh’n!“ In die Seele ſchnitt mir’s, als der Bub die Ochſen, Die ſchoͤnen Thiere, von dem Pfluge ſpannte, Dumpf bruͤllten ſie, als haͤtten ſie Gefuͤhl Der Ungebuͤhr, und ſtießen mit den Hoͤrnern, d

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_tell_1804
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_tell_1804/51
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Wilhelm Tell. Tübingen, 1804, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_tell_1804/51>, abgerufen am 24.11.2024.