Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Wilhelm Tell. Tübingen, 1804.

Bild:
<< vorherige Seite
Stauffacher
Wir harren ihres Beistands, wenn es gilt,
Jezt aber hat der Landmann nur geschworen.

Attinghausen
(richtet sich langsam in die Höhe, mit großem Erstaunen)
Hat sich der Landmann solcher That verwogen,
Aus eignem Mittel, ohne Hülf der Edeln,
Hat er der eignen Kraft soviel vertraut --
Ja, dann bedarf es unserer nicht mehr,
Getröstet können wir zu Grabe steigen,
Es lebt nach uns -- durch andre Kräfte will
Das Herrliche der Menschheit sich erhalten.

(er legt seine Hand auf das Haupt des Kindes, das vor
ihm auf den Knieen liegt)

Aus diesem Haupte, wo der Apfel lag,
Wird euch die neue beßre Freiheit grünen,
Das Alte stürzt, es ändert sich die Zeit,
Und neues Leben blüht aus den Ruinen.

Stauffacher (zu Walther Fürst)
Seht, welcher Glanz sich um sein Aug ergießt!
Das ist nicht das Erlöschen der Natur,
Das ist der Stral schon eines neuen Lebens.

Stauffacher
Wir harren ihres Beiſtands, wenn es gilt,
Jezt aber hat der Landmann nur geſchworen.

Attinghauſen
(richtet ſich langſam in die Höhe, mit großem Erſtaunen)
Hat ſich der Landmann ſolcher That verwogen,
Aus eignem Mittel, ohne Huͤlf der Edeln,
Hat er der eignen Kraft ſoviel vertraut —
Ja, dann bedarf es unſerer nicht mehr,
Getroͤſtet koͤnnen wir zu Grabe ſteigen,
Es lebt nach uns — durch andre Kraͤfte will
Das Herrliche der Menſchheit ſich erhalten.

(er legt ſeine Hand auf das Haupt des Kindes, das vor
ihm auf den Knieen liegt)

Aus dieſem Haupte, wo der Apfel lag,
Wird euch die neue beßre Freiheit gruͤnen,
Das Alte ſtuͤrzt, es aͤndert ſich die Zeit,
Und neues Leben bluͤht aus den Ruinen.

Stauffacher (zu Walther Fuͤrſt)
Seht, welcher Glanz ſich um ſein Aug ergießt!
Das iſt nicht das Erloͤſchen der Natur,
Das iſt der Stral ſchon eines neuen Lebens.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0189" n="175"/>
          <sp who="#STA">
            <speaker> <hi rendition="#g">Stauffacher</hi> </speaker><lb/>
            <p>Wir harren ihres Bei&#x017F;tands, wenn es gilt,<lb/>
Jezt aber hat der Landmann nur ge&#x017F;chworen.</p><lb/>
          </sp>
          <sp who="#ATT">
            <speaker> <hi rendition="#g">Attinghau&#x017F;en</hi> </speaker><lb/>
            <stage>(richtet &#x017F;ich lang&#x017F;am in die Höhe, mit großem Er&#x017F;taunen)</stage><lb/>
            <p>Hat &#x017F;ich der Landmann &#x017F;olcher That verwogen,<lb/>
Aus eignem Mittel, ohne Hu&#x0364;lf der Edeln,<lb/>
Hat er der eignen Kraft &#x017F;oviel vertraut &#x2014;<lb/>
Ja, dann bedarf es un&#x017F;erer nicht mehr,<lb/>
Getro&#x0364;&#x017F;tet ko&#x0364;nnen wir zu Grabe &#x017F;teigen,<lb/>
Es lebt <hi rendition="#g">nach</hi> uns &#x2014; durch andre Kra&#x0364;fte will<lb/>
Das Herrliche der Men&#x017F;chheit &#x017F;ich erhalten.</p><lb/>
            <stage>(er legt &#x017F;eine Hand auf das Haupt des Kindes, das vor<lb/>
ihm auf den Knieen liegt)</stage><lb/>
            <p>Aus die&#x017F;em Haupte, wo der Apfel lag,<lb/>
Wird euch die neue beßre Freiheit gru&#x0364;nen,<lb/>
Das Alte &#x017F;tu&#x0364;rzt, es a&#x0364;ndert &#x017F;ich die Zeit,<lb/>
Und neues Leben blu&#x0364;ht aus den Ruinen.</p><lb/>
          </sp>
          <sp who="#STA">
            <speaker> <hi rendition="#g">Stauffacher</hi> </speaker>
            <stage>(zu Walther Fu&#x0364;r&#x017F;t)</stage><lb/>
            <p>Seht, welcher Glanz &#x017F;ich um &#x017F;ein Aug ergießt!<lb/>
Das i&#x017F;t nicht das Erlo&#x0364;&#x017F;chen der Natur,<lb/>
Das i&#x017F;t der Stral &#x017F;chon eines neuen Lebens.</p><lb/>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[175/0189] Stauffacher Wir harren ihres Beiſtands, wenn es gilt, Jezt aber hat der Landmann nur geſchworen. Attinghauſen (richtet ſich langſam in die Höhe, mit großem Erſtaunen) Hat ſich der Landmann ſolcher That verwogen, Aus eignem Mittel, ohne Huͤlf der Edeln, Hat er der eignen Kraft ſoviel vertraut — Ja, dann bedarf es unſerer nicht mehr, Getroͤſtet koͤnnen wir zu Grabe ſteigen, Es lebt nach uns — durch andre Kraͤfte will Das Herrliche der Menſchheit ſich erhalten. (er legt ſeine Hand auf das Haupt des Kindes, das vor ihm auf den Knieen liegt) Aus dieſem Haupte, wo der Apfel lag, Wird euch die neue beßre Freiheit gruͤnen, Das Alte ſtuͤrzt, es aͤndert ſich die Zeit, Und neues Leben bluͤht aus den Ruinen. Stauffacher (zu Walther Fuͤrſt) Seht, welcher Glanz ſich um ſein Aug ergießt! Das iſt nicht das Erloͤſchen der Natur, Das iſt der Stral ſchon eines neuen Lebens.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_tell_1804
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_tell_1804/189
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Wilhelm Tell. Tübingen, 1804, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_tell_1804/189>, abgerufen am 22.11.2024.