Schiller, Friedrich: Wilhelm Tell. Tübingen, 1804.
Zu allen schweren Thaten, die ich sah, Mein sehend Auge hab ich zugeschlossen, Mein überschwellend und empörtes Herz Hab ich hinabgedrückt in meinen Busen. Doch länger schweigen wär Verrath zugleich An meinem Vaterland und an dem Kaiser. Bertha (wirft sich zwischen ihn und den Landvogt) O Gott, ihr reizt den wüthenden noch mehr. Rudenz
Mein Volk verließ ich, meinen Blutsverwandten Entsagt' ich, alle Bande der Natur Zerriss ich, um an euch mich anzuschließen -- Das Beste aller glaubt' ich zu befördern, Da ich des Kaisers Macht bevestigte -- Die Binde fällt von meinen Augen -- Schaudernd Seh' ich an einen Abgrund mich geführt -- Mein freies Urtheil habt ihr irr geleitet, Mein redlich Herz verführt -- Ich war daran, Mein Volk in bester Meinung zu verderben.
Zu allen ſchweren Thaten, die ich ſah, Mein ſehend Auge hab ich zugeſchloſſen, Mein uͤberſchwellend und empoͤrtes Herz Hab ich hinabgedruͤckt in meinen Buſen. Doch laͤnger ſchweigen waͤr Verrath zugleich An meinem Vaterland und an dem Kaiſer. Bertha (wirft ſich zwiſchen ihn und den Landvogt) O Gott, ihr reizt den wuͤthenden noch mehr. Rudenz
Mein Volk verließ ich, meinen Blutsverwandten Entſagt’ ich, alle Bande der Natur Zerriſſ ich, um an euch mich anzuſchließen — Das Beſte aller glaubt’ ich zu befoͤrdern, Da ich des Kaiſers Macht beveſtigte — Die Binde faͤllt von meinen Augen — Schaudernd Seh’ ich an einen Abgrund mich gefuͤhrt — Mein freies Urtheil habt ihr irr geleitet, Mein redlich Herz verfuͤhrt — Ich war daran, Mein Volk in beſter Meinung zu verderben. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#RUD"> <p><pb facs="#f0158" n="144"/> Zu allen ſchweren Thaten, die ich ſah,<lb/> Mein ſehend Auge hab ich zugeſchloſſen,<lb/> Mein uͤberſchwellend und empoͤrtes Herz<lb/> Hab ich hinabgedruͤckt in meinen Buſen.<lb/> Doch laͤnger ſchweigen waͤr Verrath zugleich<lb/> An meinem Vaterland und an dem Kaiſer.</p><lb/> </sp> <sp who="#BER"> <speaker> <hi rendition="#g">Bertha</hi> </speaker><lb/> <stage>(wirft ſich zwiſchen ihn und den Landvogt)</stage><lb/> <p>O Gott, ihr reizt den wuͤthenden noch mehr.</p><lb/> </sp> <sp who="#RUD"> <speaker> <hi rendition="#g">Rudenz</hi> </speaker><lb/> <p>Mein Volk verließ ich, meinen Blutsverwandten<lb/> Entſagt’ ich, alle Bande der Natur<lb/> Zerriſſ ich, um an euch mich anzuſchließen —<lb/> Das Beſte aller glaubt’ ich zu befoͤrdern,<lb/> Da ich des Kaiſers Macht beveſtigte —<lb/> Die Binde faͤllt von meinen Augen — Schaudernd<lb/> Seh’ ich an einen Abgrund mich gefuͤhrt —<lb/> Mein freies Urtheil habt ihr irr geleitet,<lb/> Mein redlich Herz verfuͤhrt — Ich war daran,<lb/> Mein Volk in beſter Meinung zu verderben.</p><lb/> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [144/0158]
Zu allen ſchweren Thaten, die ich ſah,
Mein ſehend Auge hab ich zugeſchloſſen,
Mein uͤberſchwellend und empoͤrtes Herz
Hab ich hinabgedruͤckt in meinen Buſen.
Doch laͤnger ſchweigen waͤr Verrath zugleich
An meinem Vaterland und an dem Kaiſer.
Bertha
(wirft ſich zwiſchen ihn und den Landvogt)
O Gott, ihr reizt den wuͤthenden noch mehr.
Rudenz
Mein Volk verließ ich, meinen Blutsverwandten
Entſagt’ ich, alle Bande der Natur
Zerriſſ ich, um an euch mich anzuſchließen —
Das Beſte aller glaubt’ ich zu befoͤrdern,
Da ich des Kaiſers Macht beveſtigte —
Die Binde faͤllt von meinen Augen — Schaudernd
Seh’ ich an einen Abgrund mich gefuͤhrt —
Mein freies Urtheil habt ihr irr geleitet,
Mein redlich Herz verfuͤhrt — Ich war daran,
Mein Volk in beſter Meinung zu verderben.
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Zitationshilfe: | Schiller, Friedrich: Wilhelm Tell. Tübingen, 1804, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_tell_1804/158>, abgerufen am 16.02.2025. |