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Schiller, Friedrich: Wilhelm Tell. Tübingen, 1804.

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-- Wir wollen trauen auf den höchsten Gott
Und uns nicht fürchten vor der Macht der Menschen.

(wie oben. Die Landleute umarmen einander)
Stauffacher
Jezt gehe jeder seines Weges still
Zu seiner Freundschaft und Genoßsame,
Wer Hirt ist, wintre ruhig seine Heerde,
Und werb' im Stillen Freunde für den Bund,
-- Was noch bis dahin muß erduldet werden,
Erduldets! Laßt die Rechnung der Tyrannen
Anwachsen, bis Ein Tag die allgemeine
Und die besondre Schuld auf einmal zahlt.
Bezähme jeder die gerechte Wut,
Und spare für das Ganze seine Rache,
Denn Raub begeht am allgemeinen Gut,
Wer selbst sich hilft in seiner eignen Sache.

(Indem sie zu drei verschiednen Seiten in größter Ruhe
abgehen, fällt das Orchester mit einem prachtvollen
Schwung ein, die leere Scene bleibt noch eine Zeitlang
offen und zeigt das Schauspiel der aufgehenden Sonne
über den Eisgebirgen.


— Wir wollen trauen auf den hoͤchſten Gott
Und uns nicht fuͤrchten vor der Macht der Menſchen.

(wie oben. Die Landleute umarmen einander)
Stauffacher
Jezt gehe jeder ſeines Weges ſtill
Zu ſeiner Freundſchaft und Genoßſame,
Wer Hirt iſt, wintre ruhig ſeine Heerde,
Und werb’ im Stillen Freunde fuͤr den Bund,
Was noch bis dahin muß erduldet werden,
Erduldets! Laßt die Rechnung der Tyrannen
Anwachſen, bis Ein Tag die allgemeine
Und die beſondre Schuld auf einmal zahlt.
Bezaͤhme jeder die gerechte Wut,
Und ſpare fuͤr das Ganze ſeine Rache,
Denn Raub begeht am allgemeinen Gut,
Wer ſelbſt ſich hilft in ſeiner eignen Sache.

(Indem ſie zu drei verſchiednen Seiten in größter Ruhe
abgehen, fällt das Orcheſter mit einem prachtvollen
Schwung ein, die leere Scene bleibt noch eine Zeitlang
offen und zeigt das Schauſpiel der aufgehenden Sonne
über den Eisgebirgen.


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[102/0116] — Wir wollen trauen auf den hoͤchſten Gott Und uns nicht fuͤrchten vor der Macht der Menſchen. (wie oben. Die Landleute umarmen einander) Stauffacher Jezt gehe jeder ſeines Weges ſtill Zu ſeiner Freundſchaft und Genoßſame, Wer Hirt iſt, wintre ruhig ſeine Heerde, Und werb’ im Stillen Freunde fuͤr den Bund, — Was noch bis dahin muß erduldet werden, Erduldets! Laßt die Rechnung der Tyrannen Anwachſen, bis Ein Tag die allgemeine Und die beſondre Schuld auf einmal zahlt. Bezaͤhme jeder die gerechte Wut, Und ſpare fuͤr das Ganze ſeine Rache, Denn Raub begeht am allgemeinen Gut, Wer ſelbſt ſich hilft in ſeiner eignen Sache. (Indem ſie zu drei verſchiednen Seiten in größter Ruhe abgehen, fällt das Orcheſter mit einem prachtvollen Schwung ein, die leere Scene bleibt noch eine Zeitlang offen und zeigt das Schauſpiel der aufgehenden Sonne über den Eisgebirgen.

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Wilhelm Tell. Tübingen, 1804, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_tell_1804/116>, abgerufen am 23.11.2024.