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Schiller, Friedrich: Wilhelm Tell. Tübingen, 1804.

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Vom schwäbschen Lande und vom Lauf des Rheins,
Die all' erhielten ihre Pergamente,
Und kehrten freudig wieder in ihr Land.
Mich, Euren Boten, wies man an die Räthe,
Und die entliessen mich mit leerem Trost:
"Der Kaiser habe dießmal keine Zeit,
"Er würde sonst einmal wohl an uns denken."
-- Und als ich traurig durch die Säle gieng
Der Königsburg, da sah ich Herzog Hansen
In einem Erker weinend stehn, um ihn
Die edeln Herrn von Wart und Tägerfeld.
Die riefen mir und sagten: "Helft euch selbst,
"Gerechtigkeit erwartet nicht vom König.
"Beraubt er nicht des eignen Bruders Kind,
"Und hinterhält ihm sein gerechtes Erbe?
"Der Herzog fleht' ihn um sein Mütterliches,
"Er habe seine Jahre voll, es wäre
"Nun Zeit, auch Land und Leute zu regieren.
"Was ward ihm zum Bescheid? Ein Kränzlein sezt ihm
"Der Kaiser auf: das sei die Zier der Jugend."

Vom ſchwaͤbſchen Lande und vom Lauf des Rheins,
Die all’ erhielten ihre Pergamente,
Und kehrten freudig wieder in ihr Land.
Mich, Euren Boten, wies man an die Raͤthe,
Und die entlieſſen mich mit leerem Troſt:
„Der Kaiſer habe dießmal keine Zeit,
„Er wuͤrde ſonſt einmal wohl an uns denken.”
— Und als ich traurig durch die Saͤle gieng
Der Koͤnigsburg, da ſah ich Herzog Hanſen
In einem Erker weinend ſtehn, um ihn
Die edeln Herrn von Wart und Taͤgerfeld.
Die riefen mir und ſagten: „Helft euch ſelbſt,
„Gerechtigkeit erwartet nicht vom Koͤnig.
„Beraubt er nicht des eignen Bruders Kind,
„Und hinterhaͤlt ihm ſein gerechtes Erbe?
„Der Herzog fleht’ ihn um ſein Muͤtterliches,
„Er habe ſeine Jahre voll, es waͤre
„Nun Zeit, auch Land und Leute zu regieren.
„Was ward ihm zum Beſcheid? Ein Kraͤnzlein ſezt ihm
„Der Kaiſer auf: das ſei die Zier der Jugend.”

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[94/0108] Vom ſchwaͤbſchen Lande und vom Lauf des Rheins, Die all’ erhielten ihre Pergamente, Und kehrten freudig wieder in ihr Land. Mich, Euren Boten, wies man an die Raͤthe, Und die entlieſſen mich mit leerem Troſt: „Der Kaiſer habe dießmal keine Zeit, „Er wuͤrde ſonſt einmal wohl an uns denken.” — Und als ich traurig durch die Saͤle gieng Der Koͤnigsburg, da ſah ich Herzog Hanſen In einem Erker weinend ſtehn, um ihn Die edeln Herrn von Wart und Taͤgerfeld. Die riefen mir und ſagten: „Helft euch ſelbſt, „Gerechtigkeit erwartet nicht vom Koͤnig. „Beraubt er nicht des eignen Bruders Kind, „Und hinterhaͤlt ihm ſein gerechtes Erbe? „Der Herzog fleht’ ihn um ſein Muͤtterliches, „Er habe ſeine Jahre voll, es waͤre „Nun Zeit, auch Land und Leute zu regieren. „Was ward ihm zum Beſcheid? Ein Kraͤnzlein ſezt ihm „Der Kaiſer auf: das ſei die Zier der Jugend.”

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Wilhelm Tell. Tübingen, 1804, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_tell_1804/108>, abgerufen am 23.11.2024.