Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Wilhelm Tell. Tübingen, 1804.

Bild:
<< vorherige Seite
Der Boden -- und der fremde Herrenknecht
Soll kommen dürfen und uns Ketten schmieden,
Und Schmach anthun auf unsrer eignen Erde?
Ist keine Hülfe gegen solchen Drang?

(eine große Bewegung unter den Landleuten)
Nein, eine Grenze hat Tyrannenmacht,
Wenn der Gedrückte nirgends Recht kann finden,
Wenn unerträglich wird die Last -- greift er
Hinauf getrosten Muthes in den Himmel,
Und hohlt herunter seine ewgen Rechte,
Die droben hangen unveräuserlich
Und unzerbrechlich wie die Sterne selbst --
Der alte Urstand der Natur kehrt wieder,
Wo Mensch dem Menschen gegenüber steht --
Zum lezten Mittel, wenn kein andres mehr
Verfangen will, ist ihm das Schwert gegeben --
Der Güter höchstes dürfen wir vertheid'gen
Gegen Gewalt -- Wir stehn vor unser Land,
Wir stehn vor unsre Weiber, unsre Kinder!

Alle
(an ihre Schwerter schlagend)
Wir stehn vor unsre Weiber, unsre Kinder!
Der Boden — und der fremde Herrenknecht
Soll kommen duͤrfen und uns Ketten ſchmieden,
Und Schmach anthun auf unſrer eignen Erde?
Iſt keine Huͤlfe gegen ſolchen Drang?

(eine große Bewegung unter den Landleuten)
Nein, eine Grenze hat Tyrannenmacht,
Wenn der Gedruͤckte nirgends Recht kann finden,
Wenn unertraͤglich wird die Laſt — greift er
Hinauf getroſten Muthes in den Himmel,
Und hohlt herunter ſeine ewgen Rechte,
Die droben hangen unveraͤuſerlich
Und unzerbrechlich wie die Sterne ſelbſt —
Der alte Urſtand der Natur kehrt wieder,
Wo Menſch dem Menſchen gegenuͤber ſteht —
Zum lezten Mittel, wenn kein andres mehr
Verfangen will, iſt ihm das Schwert gegeben —
Der Guͤter hoͤchſtes duͤrfen wir vertheid’gen
Gegen Gewalt — Wir ſtehn vor unſer Land,
Wir ſtehn vor unſre Weiber, unſre Kinder!

Alle
(an ihre Schwerter ſchlagend)
Wir ſtehn vor unſre Weiber, unſre Kinder!
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#STA">
            <p><pb facs="#f0104" n="90"/>
Der Boden &#x2014; und der fremde Herrenknecht<lb/>
Soll kommen du&#x0364;rfen und uns Ketten &#x017F;chmieden,<lb/>
Und Schmach anthun auf un&#x017F;rer eignen Erde?<lb/>
I&#x017F;t keine Hu&#x0364;lfe gegen &#x017F;olchen Drang?</p><lb/>
            <stage>(eine große Bewegung unter den Landleuten)</stage><lb/>
            <p>Nein, eine Grenze hat Tyrannenmacht,<lb/>
Wenn der Gedru&#x0364;ckte nirgends Recht kann finden,<lb/>
Wenn unertra&#x0364;glich wird die La&#x017F;t &#x2014; greift er<lb/>
Hinauf getro&#x017F;ten Muthes in den Himmel,<lb/>
Und hohlt herunter &#x017F;eine ewgen Rechte,<lb/>
Die droben hangen unvera&#x0364;u&#x017F;erlich<lb/>
Und unzerbrechlich wie die Sterne &#x017F;elb&#x017F;t &#x2014;<lb/>
Der alte Ur&#x017F;tand der Natur kehrt wieder,<lb/>
Wo Men&#x017F;ch dem Men&#x017F;chen gegenu&#x0364;ber &#x017F;teht &#x2014;<lb/>
Zum lezten Mittel, wenn kein andres mehr<lb/>
Verfangen will, i&#x017F;t ihm das Schwert gegeben &#x2014;<lb/>
Der Gu&#x0364;ter ho&#x0364;ch&#x017F;tes du&#x0364;rfen wir vertheid&#x2019;gen<lb/>
Gegen Gewalt &#x2014; Wir &#x017F;tehn vor un&#x017F;er Land,<lb/>
Wir &#x017F;tehn vor un&#x017F;re Weiber, un&#x017F;re Kinder!</p><lb/>
          </sp>
          <sp who="#ALL">
            <speaker> <hi rendition="#g">Alle</hi> </speaker><lb/>
            <stage>(an ihre Schwerter &#x017F;chlagend)</stage><lb/>
            <p>Wir &#x017F;tehn vor un&#x017F;re Weiber, un&#x017F;re Kinder!</p><lb/>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[90/0104] Der Boden — und der fremde Herrenknecht Soll kommen duͤrfen und uns Ketten ſchmieden, Und Schmach anthun auf unſrer eignen Erde? Iſt keine Huͤlfe gegen ſolchen Drang? (eine große Bewegung unter den Landleuten) Nein, eine Grenze hat Tyrannenmacht, Wenn der Gedruͤckte nirgends Recht kann finden, Wenn unertraͤglich wird die Laſt — greift er Hinauf getroſten Muthes in den Himmel, Und hohlt herunter ſeine ewgen Rechte, Die droben hangen unveraͤuſerlich Und unzerbrechlich wie die Sterne ſelbſt — Der alte Urſtand der Natur kehrt wieder, Wo Menſch dem Menſchen gegenuͤber ſteht — Zum lezten Mittel, wenn kein andres mehr Verfangen will, iſt ihm das Schwert gegeben — Der Guͤter hoͤchſtes duͤrfen wir vertheid’gen Gegen Gewalt — Wir ſtehn vor unſer Land, Wir ſtehn vor unſre Weiber, unſre Kinder! Alle (an ihre Schwerter ſchlagend) Wir ſtehn vor unſre Weiber, unſre Kinder!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_tell_1804
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_tell_1804/104
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Wilhelm Tell. Tübingen, 1804, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_tell_1804/104>, abgerufen am 28.04.2024.