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Schiller, Benjamin: Der geöfnete Reit-Stall. Hamburg, 1700.

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Reit-Stall.
schwerer als das Vordertheil/ sind ausser dem
mäßig und dauerhafft.

Die andere Art sind Schwein-Hälse/ diese
strecken den Halß zu weit vorwerts weg/ und las-
sen den Kopff zu sehr sincken/ weil ihnen der Halß
oben dicker als unten/ und dahero durch solche
Schwere des überflüßigen Fleisches nieder gedru-
cket wird. Dieses ist eine schlechte Art Pferde/ von
Natur kaltsinnig/ träg/ verdrossen/ und leicht
durch wenig Arbeit zuermüden.

Die dritte Art sind Schwanen-Hälse/ denen
der Halß weder oben noch unten zu dicke/ darbey
hoch gewachsen/ und den Kopff nicht nachgiebet/
daß er sich abwerts auf das Mundstück legen/ oder
auf selbigen ruhen kan. Diese Pferde sind eines
rechten Temperaments weder zu hitzig noch zu kalt-
sinnig/ sondern genung begierig/ aber dabey so
modest, daß man sie leicht in ihren Schrancken
halten kan.

Einen grossen Unterscheid verursachet auch die
Lands-Art bey denen Pferden. Die Ungari-
schen Pferde sind gerne scheu/ doch wo es ebene
Wege giebet/ dauerhafft/ lauffen wohl/ im Gebür-
ge/ aber wo steinigte hohe Wege sind/ werden sie
bald abgemattet. Die aus denen Berg-Städten
und Siebenbürgen kommen/ sind die besten.

Von denen teutschen Pferden hält man ins-
gemein darfür/ daß sie zum Fahren mehr als zum
Reiten bequem/ wie an denen/ so von den Lande
ob der Ens/
von Saltzburg und Bayerland

kommen
A 3

Reit-Stall.
ſchwerer als das Vordertheil/ ſind auſſer dem
maͤßig und dauerhafft.

Die andere Art ſind Schwein-Haͤlſe/ dieſe
ſtrecken den Halß zu weit vorwerts weg/ und laſ-
ſen den Kopff zu ſehr ſincken/ weil ihnen der Halß
oben dicker als unten/ und dahero durch ſolche
Schwere des uͤberfluͤßigen Fleiſches nieder gedru-
cket wird. Dieſes iſt eine ſchlechte Art Pferde/ von
Natur kaltſinnig/ traͤg/ verdroſſen/ und leicht
durch wenig Arbeit zuermuͤden.

Die dritte Art ſind Schwanen-Haͤlſe/ denen
der Halß weder oben noch unten zu dicke/ darbey
hoch gewachſen/ und den Kopff nicht nachgiebet/
daß er ſich abwerts auf das Mundſtuͤck legen/ oder
auf ſelbigen ruhen kan. Dieſe Pferde ſind eines
rechten Temperaments weder zu hitzig noch zu kalt-
ſinnig/ ſondern genung begierig/ aber dabey ſo
modeſt, daß man ſie leicht in ihren Schrancken
halten kan.

Einen groſſen Unterſcheid verurſachet auch die
Lands-Art bey denen Pferden. Die Ungari-
ſchen Pferde ſind gerne ſcheu/ doch wo es ebene
Wege giebet/ dauerhafft/ lauffen wohl/ im Gebuͤr-
ge/ aber wo ſteinigte hohe Wege ſind/ werden ſie
bald abgemattet. Die aus denen Berg-Staͤdten
und Siebenbuͤrgen kommen/ ſind die beſten.

Von denen teutſchen Pferden haͤlt man ins-
gemein darfuͤr/ daß ſie zum Fahren mehr als zum
Reiten bequem/ wie an denen/ ſo von den Lande
ob der Ens/
von Saltzburg und Bayerland

kommen
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[5/0007] Reit-Stall. ſchwerer als das Vordertheil/ ſind auſſer dem maͤßig und dauerhafft. Die andere Art ſind Schwein-Haͤlſe/ dieſe ſtrecken den Halß zu weit vorwerts weg/ und laſ- ſen den Kopff zu ſehr ſincken/ weil ihnen der Halß oben dicker als unten/ und dahero durch ſolche Schwere des uͤberfluͤßigen Fleiſches nieder gedru- cket wird. Dieſes iſt eine ſchlechte Art Pferde/ von Natur kaltſinnig/ traͤg/ verdroſſen/ und leicht durch wenig Arbeit zuermuͤden. Die dritte Art ſind Schwanen-Haͤlſe/ denen der Halß weder oben noch unten zu dicke/ darbey hoch gewachſen/ und den Kopff nicht nachgiebet/ daß er ſich abwerts auf das Mundſtuͤck legen/ oder auf ſelbigen ruhen kan. Dieſe Pferde ſind eines rechten Temperaments weder zu hitzig noch zu kalt- ſinnig/ ſondern genung begierig/ aber dabey ſo modeſt, daß man ſie leicht in ihren Schrancken halten kan. Einen groſſen Unterſcheid verurſachet auch die Lands-Art bey denen Pferden. Die Ungari- ſchen Pferde ſind gerne ſcheu/ doch wo es ebene Wege giebet/ dauerhafft/ lauffen wohl/ im Gebuͤr- ge/ aber wo ſteinigte hohe Wege ſind/ werden ſie bald abgemattet. Die aus denen Berg-Staͤdten und Siebenbuͤrgen kommen/ ſind die beſten. Von denen teutſchen Pferden haͤlt man ins- gemein darfuͤr/ daß ſie zum Fahren mehr als zum Reiten bequem/ wie an denen/ ſo von den Lande ob der Ens/ von Saltzburg und Bayerland kommen A 3

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Zitationshilfe: Schiller, Benjamin: Der geöfnete Reit-Stall. Hamburg, 1700, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_reitstall_1700/7>, abgerufen am 27.04.2024.