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Schiller, Friedrich: Die Räuber. [Stuttgart], Frankfurt u. a., 1781.

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ein Schauspiel.
will ihn zwingen, daß er mich zernichte, ich will
ihn zur Wuth reizen, daß er mich in der Wuth
zernichte. Sag mir, was ist die gröste Sünde,
und die ihn am grimmigsten aufbringt?
Moser. Jch kenne nur zwo. Aber sie werden
nich# von Menschen begangen, auch ahnden, sie
Menschen nicht.
Franz. Diese zwo! --
Moser sehr bedeutend. Vatermord heißt die
eine, Brudermord die andere -- Was macht euch
auf einmal so bleich?
Franz. Was Alter? Stehst du mit dem Him-
mel oder mit der Hölle im Bündnis? Wer hat dir
das gesagt?
Moser. Wehe dem, der sie beyde auf dem
Herzen hat! Jhm wäre besser, daß er nie geboren
wäre! Aber seyd ruhig, ihr habt weder Vater noch
Bruder mehr!
Franz. Ha! -- was, du kennst keine drüber?
Besinne dich nochmals -- Tod, Himmel, Ewig-
keit, Verdammnis schwebt auf dem Laut deines
Mundes -- keine einzige drüber?
Moser. Keine einzige drüber.
Franz fällt in einen Stul. Zernichtung! Zernich-
tung!
Moser. Freut euch, freut euch doch! preißt
euch doch glücklich! -- Bey allen euren Greueln
seyd ihr noch ein Heiliger gegen den Vatermörder
Der
N 3
ein Schauſpiel.
will ihn zwingen, daß er mich zernichte, ich will
ihn zur Wuth reizen, daß er mich in der Wuth
zernichte. Sag mir, was iſt die groͤſte Suͤnde,
und die ihn am grimmigſten aufbringt?
Moſer. Jch kenne nur zwo. Aber ſie werden
nich# von Menſchen begangen, auch ahnden, ſie
Menſchen nicht.
Franz. Dieſe zwo! —
Moſer ſehr bedeutend. Vatermord heißt die
eine, Brudermord die andere — Was macht euch
auf einmal ſo bleich?
Franz. Was Alter? Stehſt du mit dem Him-
mel oder mit der Hoͤlle im Buͤndnis? Wer hat dir
das geſagt?
Moſer. Wehe dem, der ſie beyde auf dem
Herzen hat! Jhm waͤre beſſer, daß er nie geboren
waͤre! Aber ſeyd ruhig, ihr habt weder Vater noch
Bruder mehr!
Franz. Ha! — was, du kennſt keine druͤber?
Beſinne dich nochmals — Tod, Himmel, Ewig-
keit, Verdammnis ſchwebt auf dem Laut deines
Mundes — keine einzige druͤber?
Moſer. Keine einzige druͤber.
Franz faͤllt in einen Stul. Zernichtung! Zernich-
tung!
Moſer. Freut euch, freut euch doch! preißt
euch doch gluͤcklich! — Bey allen euren Greueln
ſeyd ihr noch ein Heiliger gegen den Vatermoͤrder
Der
N 3
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[197/0219] ein Schauſpiel. will ihn zwingen, daß er mich zernichte, ich will ihn zur Wuth reizen, daß er mich in der Wuth zernichte. Sag mir, was iſt die groͤſte Suͤnde, und die ihn am grimmigſten aufbringt? Moſer. Jch kenne nur zwo. Aber ſie werden nich# von Menſchen begangen, auch ahnden, ſie Menſchen nicht. Franz. Dieſe zwo! — Moſer ſehr bedeutend. Vatermord heißt die eine, Brudermord die andere — Was macht euch auf einmal ſo bleich? Franz. Was Alter? Stehſt du mit dem Him- mel oder mit der Hoͤlle im Buͤndnis? Wer hat dir das geſagt? Moſer. Wehe dem, der ſie beyde auf dem Herzen hat! Jhm waͤre beſſer, daß er nie geboren waͤre! Aber ſeyd ruhig, ihr habt weder Vater noch Bruder mehr! Franz. Ha! — was, du kennſt keine druͤber? Beſinne dich nochmals — Tod, Himmel, Ewig- keit, Verdammnis ſchwebt auf dem Laut deines Mundes — keine einzige druͤber? Moſer. Keine einzige druͤber. Franz faͤllt in einen Stul. Zernichtung! Zernich- tung! Moſer. Freut euch, freut euch doch! preißt euch doch gluͤcklich! — Bey allen euren Greueln ſeyd ihr noch ein Heiliger gegen den Vatermoͤrder Der N 3

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Die Räuber. [Stuttgart], Frankfurt u. a., 1781, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_raeuber_1781/219>, abgerufen am 28.03.2024.