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Schiller, Friedrich: Die Räuber. [Stuttgart], Frankfurt u. a., 1781.

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Die Räuber,
Damals sah ich aufwärts, und siehe, ich stand am
Fus des donnernden Sina, und über mir Gewim-
mel und unter mir, und oben auf der Höhe des
Bergs auf drey rauchenden Stühlen drey Männer,
vor deren Blick flohe die Kreatur --
Daniel. Das ist ja das leibhaft Konterfey vom
jüngsten Tage.
Franz. Nicht wahr? das ist tolles Gezeuge?
Da trat hervor Einer, anzusehen wie die Sternen-
nacht, der hatte in seiner Hand einen eisernen Sie-
gelring, den hielt er zwischen Aufgang und Nie-
dergang und sprach: Ewig, heilig, gerecht, unver-
fälschbar! Es ist nur Eine Wahrheit, es ist nur
Eine Tugend! Wehe, wehe, wehe dem zweiffeln-
den Wurme! -- da trat hervor ein Zweyter, der
hatte in seiner Hand einen blizenden Spiegel, den
hielt er zwischen Aufgang und Niedergang, und
sprach: Dieser Spiegel ist Wahrheit; Heucheley
und Larven bestehen nicht -- da erschrack ich und
alles Volk, denn wir sahen Schlangen und Tyger
und Leoparden Gesichter zurückgeworfen aus dem
entsetzlichen Spiegel. -- Da trat' hervor ein Drit-
ter, der hatte in seiner Hand eine eherne Wage,
die hielt er zwischen Aufgang und Niedergang,
und sprach: tretet herzu, ihr Kinder von Adam --
ich wäge die Gedanken in der Schaale meines Zor-
nes! und die Werke mit dem Gewicht meines
Grimms! --
Da
Die Raͤuber,
Damals ſah ich aufwaͤrts, und ſiehe, ich ſtand am
Fus des donnernden Sina, und uͤber mir Gewim-
mel und unter mir, und oben auf der Hoͤhe des
Bergs auf drey rauchenden Stuͤhlen drey Maͤnner,
vor deren Blick flohe die Kreatur —
Daniel. Das iſt ja das leibhaft Konterfey vom
juͤngſten Tage.
Franz. Nicht wahr? das iſt tolles Gezeuge?
Da trat hervor Einer, anzuſehen wie die Sternen-
nacht, der hatte in ſeiner Hand einen eiſernen Sie-
gelring, den hielt er zwiſchen Aufgang und Nie-
dergang und ſprach: Ewig, heilig, gerecht, unver-
faͤlſchbar! Es iſt nur Eine Wahrheit, es iſt nur
Eine Tugend! Wehe, wehe, wehe dem zweiffeln-
den Wurme! — da trat hervor ein Zweyter, der
hatte in ſeiner Hand einen blizenden Spiegel, den
hielt er zwiſchen Aufgang und Niedergang, und
ſprach: Dieſer Spiegel iſt Wahrheit; Heucheley
und Larven beſtehen nicht — da erſchrack ich und
alles Volk, denn wir ſahen Schlangen und Tyger
und Leoparden Geſichter zuruͤckgeworfen aus dem
entſetzlichen Spiegel. — Da trat' hervor ein Drit-
ter, der hatte in ſeiner Hand eine eherne Wage,
die hielt er zwiſchen Aufgang und Niedergang,
und ſprach: tretet herzu, ihr Kinder von Adam —
ich waͤge die Gedanken in der Schaale meines Zor-
nes! und die Werke mit dem Gewicht meines
Grimms! —
Da
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[188/0210] Die Raͤuber, Damals ſah ich aufwaͤrts, und ſiehe, ich ſtand am Fus des donnernden Sina, und uͤber mir Gewim- mel und unter mir, und oben auf der Hoͤhe des Bergs auf drey rauchenden Stuͤhlen drey Maͤnner, vor deren Blick flohe die Kreatur — Daniel. Das iſt ja das leibhaft Konterfey vom juͤngſten Tage. Franz. Nicht wahr? das iſt tolles Gezeuge? Da trat hervor Einer, anzuſehen wie die Sternen- nacht, der hatte in ſeiner Hand einen eiſernen Sie- gelring, den hielt er zwiſchen Aufgang und Nie- dergang und ſprach: Ewig, heilig, gerecht, unver- faͤlſchbar! Es iſt nur Eine Wahrheit, es iſt nur Eine Tugend! Wehe, wehe, wehe dem zweiffeln- den Wurme! — da trat hervor ein Zweyter, der hatte in ſeiner Hand einen blizenden Spiegel, den hielt er zwiſchen Aufgang und Niedergang, und ſprach: Dieſer Spiegel iſt Wahrheit; Heucheley und Larven beſtehen nicht — da erſchrack ich und alles Volk, denn wir ſahen Schlangen und Tyger und Leoparden Geſichter zuruͤckgeworfen aus dem entſetzlichen Spiegel. — Da trat' hervor ein Drit- ter, der hatte in ſeiner Hand eine eherne Wage, die hielt er zwiſchen Aufgang und Niedergang, und ſprach: tretet herzu, ihr Kinder von Adam — ich waͤge die Gedanken in der Schaale meines Zor- nes! und die Werke mit dem Gewicht meines Grimms! — Da

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Die Räuber. [Stuttgart], Frankfurt u. a., 1781, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_raeuber_1781/210>, abgerufen am 22.11.2024.