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Schiller, Friedrich: Die Räuber. [Stuttgart], Frankfurt u. a., 1781.

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ein Schauspiel.
vergib mir! -- Ja ein vortreflicher Mann! -- Er
wischt sich die Augen.
Ein göttlicher Mann!
Amalia. Sie scheinen viel Antheil an ihm zu
nehmen.
Moor. Oh ein vortreflicher Mann -- und er
sollte dahin seyn.
Amalia. Dahin! wie unsere besten Freuden
dahingehn -- sanft seine Hand ergreiffend. Lieber Herr
Graf, es reift keine Seeligkeit unter dem Monde.
Moor. Sehr wahr, sehr wahr -- und sollten
Sie schon diese traurige Erfahrung gemacht ha-
ben? Sie können nicht drey und zwanzig Jahr alt
seyn.
Amalia. Und habe sie gemacht. Alles lebt
um traurig wieder zu sterben. Wir interessiren
uns nur darum, wir gewinnen nur darum, daß
wir wieder mit Schmerzen verlieren.
Moor. Sie verloren schon etwas?
Amalia. Nichts. Alles. Nichts -- wollen
wir weiter gehen, Herr Graf?
Moor. So eilig? weß ist dis Bild rechter Hand
dort? mich deucht, es ist eine unglückliche Physiog-
nomie.
Amalia. Dis Bild linker Hand ist der Sohn
des Grafen, der wirkliche Herr -- kommen Sie,
kommen Sie!
Moor. Aber dis Bild rechter Hand?
Amalia. Sie wollen nicht in den Garten gehn?
Moor
J 5
ein Schauſpiel.
vergib mir! — Ja ein vortreflicher Mann! — Er
wiſcht ſich die Augen.
Ein goͤttlicher Mann!
Amalia. Sie ſcheinen viel Antheil an ihm zu
nehmen.
Moor. Oh ein vortreflicher Mann — und er
ſollte dahin ſeyn.
Amalia. Dahin! wie unſere beſten Freuden
dahingehn — ſanft ſeine Hand ergreiffend. Lieber Herr
Graf, es reift keine Seeligkeit unter dem Monde.
Moor. Sehr wahr, ſehr wahr — und ſollten
Sie ſchon dieſe traurige Erfahrung gemacht ha-
ben? Sie koͤnnen nicht drey und zwanzig Jahr alt
ſeyn.
Amalia. Und habe ſie gemacht. Alles lebt
um traurig wieder zu ſterben. Wir intereſſiren
uns nur darum, wir gewinnen nur darum, daß
wir wieder mit Schmerzen verlieren.
Moor. Sie verloren ſchon etwas?
Amalia. Nichts. Alles. Nichts — wollen
wir weiter gehen, Herr Graf?
Moor. So eilig? weß iſt dis Bild rechter Hand
dort? mich deucht, es iſt eine ungluͤckliche Phyſiog-
nomie.
Amalia. Dis Bild linker Hand iſt der Sohn
des Grafen, der wirkliche Herr — kommen Sie,
kommen Sie!
Moor. Aber dis Bild rechter Hand?
Amalia. Sie wollen nicht in den Garten gehn?
Moor
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[137/0159] ein Schauſpiel. vergib mir! — Ja ein vortreflicher Mann! — Er wiſcht ſich die Augen. Ein goͤttlicher Mann! Amalia. Sie ſcheinen viel Antheil an ihm zu nehmen. Moor. Oh ein vortreflicher Mann — und er ſollte dahin ſeyn. Amalia. Dahin! wie unſere beſten Freuden dahingehn — ſanft ſeine Hand ergreiffend. Lieber Herr Graf, es reift keine Seeligkeit unter dem Monde. Moor. Sehr wahr, ſehr wahr — und ſollten Sie ſchon dieſe traurige Erfahrung gemacht ha- ben? Sie koͤnnen nicht drey und zwanzig Jahr alt ſeyn. Amalia. Und habe ſie gemacht. Alles lebt um traurig wieder zu ſterben. Wir intereſſiren uns nur darum, wir gewinnen nur darum, daß wir wieder mit Schmerzen verlieren. Moor. Sie verloren ſchon etwas? Amalia. Nichts. Alles. Nichts — wollen wir weiter gehen, Herr Graf? Moor. So eilig? weß iſt dis Bild rechter Hand dort? mich deucht, es iſt eine ungluͤckliche Phyſiog- nomie. Amalia. Dis Bild linker Hand iſt der Sohn des Grafen, der wirkliche Herr — kommen Sie, kommen Sie! Moor. Aber dis Bild rechter Hand? Amalia. Sie wollen nicht in den Garten gehn? Moor J 5

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Die Räuber. [Stuttgart], Frankfurt u. a., 1781, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_raeuber_1781/159>, abgerufen am 03.05.2024.