Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Die Räuber. [Stuttgart], Frankfurt u. a., 1781.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Räuber,
Kosinsky. Blut, Blut -- höre nur weiter!
Blut, sag ich dir, wird deine ganze Seele füllen.
Sie war bürgerlicher Geburt, eine Deutsche --
aber ihr Anblick schmelzte die Vorurtheile des Adels
hinweg. Mit der schüchternsten Bescheidenheit
nahm sie den Trauring von meiner Hand, und
übermorgen sollte ich meine Amalia vor den Al-
tar führen.
Moor. Steht schnell auf.
Kosinsky. Mitten im Taumel der auf mich
wartenden Seligkeit, unter den Zurüstun#en zur
Vermählung -- werd ich durch einen Expressen
nach Hof citirt. Jch stellte mich. Ma# zeigte
mir Briefe, die ich geschrieben haben sollte, voll
verrätherischen Jnnhalts. Jch erröthete über der
Bosheit -- man nahm mir den Degen ab, warf
mich ins Gefängniß, alle meine Sinnen waren
hinweg.
Schweizer. Und unterdessen -- nur weiter!
ich rieche den Braten schon.
Kosinsky. Hier lag ich einen Monath lang,
und wußte nicht, wie mir geschah. Mir bangte
für meine Amalia, die meines Schicksals wegen
jede Minute einen Tod würde zu leiden haben.
Endlich erschien der erste Minister des Hofes,
wünschte mir zur Entdeckung meiner Unschuld
Glück, mit zuckersüssen Worten, ließt mir den
Brief der Freyheit vor, gibt mir meinen Degen
wie-
Die Raͤuber,
Koſinsky. Blut, Blut — hoͤre nur weiter!
Blut, ſag ich dir, wird deine ganze Seele fuͤllen.
Sie war buͤrgerlicher Geburt, eine Deutſche —
aber ihr Anblick ſchmelzte die Vorurtheile des Adels
hinweg. Mit der ſchuͤchternſten Beſcheidenheit
nahm ſie den Trauring von meiner Hand, und
uͤbermorgen ſollte ich meine Amalia vor den Al-
tar fuͤhren.
Moor. Steht ſchnell auf.
Koſinsky. Mitten im Taumel der auf mich
wartenden Seligkeit, unter den Zuruͤſtun#en zur
Vermaͤhlung — werd ich durch einen Expreſſen
nach Hof citirt. Jch ſtellte mich. Ma# zeigte
mir Briefe, die ich geſchrieben haben ſollte, voll
verraͤtheriſchen Jnnhalts. Jch erroͤthete uͤber der
Bosheit — man nahm mir den Degen ab, warf
mich ins Gefaͤngniß, alle meine Sinnen waren
hinweg.
Schweizer. Und unterdeſſen — nur weiter!
ich rieche den Braten ſchon.
Koſinsky. Hier lag ich einen Monath lang,
und wußte nicht, wie mir geſchah. Mir bangte
fuͤr meine Amalia, die meines Schickſals wegen
jede Minute einen Tod wuͤrde zu leiden haben.
Endlich erſchien der erſte Miniſter des Hofes,
wuͤnſchte mir zur Entdeckung meiner Unſchuld
Gluͤck, mit zuckerſuͤſſen Worten, ließt mir den
Brief der Freyheit vor, gibt mir meinen Degen
wie-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0152" n="130"/>
          <fw place="top" type="header">Die Ra&#x0364;uber,</fw><lb/>
          <sp who="#KOS">
            <speaker> <hi rendition="#b">Ko&#x017F;insky.</hi> </speaker>
            <p>Blut, Blut &#x2014; ho&#x0364;re nur weiter!<lb/>
Blut, &#x017F;ag ich dir, wird deine ganze Seele fu&#x0364;llen.<lb/>
Sie war bu&#x0364;rgerlicher Geburt, eine Deut&#x017F;che &#x2014;<lb/>
aber ihr Anblick &#x017F;chmelzte die Vorurtheile des Adels<lb/>
hinweg. Mit der &#x017F;chu&#x0364;chtern&#x017F;ten Be&#x017F;cheidenheit<lb/>
nahm &#x017F;ie den Trauring von meiner Hand, und<lb/>
u&#x0364;bermorgen &#x017F;ollte ich meine <hi rendition="#fr">Amalia</hi> vor den Al-<lb/>
tar fu&#x0364;hren.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#MOOR">
            <speaker> <hi rendition="#b">Moor.</hi> </speaker>
            <stage>Steht &#x017F;chnell auf.</stage><lb/>
          </sp>
          <sp who="#KOS">
            <speaker> <hi rendition="#b">Ko&#x017F;insky.</hi> </speaker>
            <p>Mitten im Taumel der auf mich<lb/>
wartenden Seligkeit, unter den Zuru&#x0364;&#x017F;tun#en zur<lb/>
Verma&#x0364;hlung &#x2014; werd ich durch einen Expre&#x017F;&#x017F;en<lb/>
nach Hof citirt. Jch &#x017F;tellte mich. Ma# zeigte<lb/>
mir Briefe, die ich ge&#x017F;chrieben haben &#x017F;ollte, voll<lb/>
verra&#x0364;theri&#x017F;chen Jnnhalts. Jch erro&#x0364;thete u&#x0364;ber der<lb/>
Bosheit &#x2014; man nahm mir den Degen ab, warf<lb/>
mich ins Gefa&#x0364;ngniß, alle meine Sinnen waren<lb/>
hinweg.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#SCHWEI">
            <speaker> <hi rendition="#b">Schweizer.</hi> </speaker>
            <p>Und unterde&#x017F;&#x017F;en &#x2014; nur weiter!<lb/>
ich rieche den Braten &#x017F;chon.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#KOS">
            <speaker> <hi rendition="#b">Ko&#x017F;insky.</hi> </speaker>
            <p>Hier lag ich einen Monath lang,<lb/>
und wußte nicht, wie mir ge&#x017F;chah. Mir bangte<lb/>
fu&#x0364;r meine Amalia, die meines Schick&#x017F;als wegen<lb/>
jede Minute einen Tod wu&#x0364;rde zu leiden haben.<lb/>
Endlich er&#x017F;chien der er&#x017F;te Mini&#x017F;ter des Hofes,<lb/>
wu&#x0364;n&#x017F;chte mir zur Entdeckung meiner Un&#x017F;chuld<lb/>
Glu&#x0364;ck, mit zucker&#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;en Worten, ließt mir den<lb/>
Brief der Freyheit vor, gibt mir meinen Degen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wie-</fw><lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[130/0152] Die Raͤuber, Koſinsky. Blut, Blut — hoͤre nur weiter! Blut, ſag ich dir, wird deine ganze Seele fuͤllen. Sie war buͤrgerlicher Geburt, eine Deutſche — aber ihr Anblick ſchmelzte die Vorurtheile des Adels hinweg. Mit der ſchuͤchternſten Beſcheidenheit nahm ſie den Trauring von meiner Hand, und uͤbermorgen ſollte ich meine Amalia vor den Al- tar fuͤhren. Moor. Steht ſchnell auf. Koſinsky. Mitten im Taumel der auf mich wartenden Seligkeit, unter den Zuruͤſtun#en zur Vermaͤhlung — werd ich durch einen Expreſſen nach Hof citirt. Jch ſtellte mich. Ma# zeigte mir Briefe, die ich geſchrieben haben ſollte, voll verraͤtheriſchen Jnnhalts. Jch erroͤthete uͤber der Bosheit — man nahm mir den Degen ab, warf mich ins Gefaͤngniß, alle meine Sinnen waren hinweg. Schweizer. Und unterdeſſen — nur weiter! ich rieche den Braten ſchon. Koſinsky. Hier lag ich einen Monath lang, und wußte nicht, wie mir geſchah. Mir bangte fuͤr meine Amalia, die meines Schickſals wegen jede Minute einen Tod wuͤrde zu leiden haben. Endlich erſchien der erſte Miniſter des Hofes, wuͤnſchte mir zur Entdeckung meiner Unſchuld Gluͤck, mit zuckerſuͤſſen Worten, ließt mir den Brief der Freyheit vor, gibt mir meinen Degen wie-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_raeuber_1781
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_raeuber_1781/152
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Die Räuber. [Stuttgart], Frankfurt u. a., 1781, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_raeuber_1781/152>, abgerufen am 24.11.2024.