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Schiller, Friedrich: Die Räuber. [Stuttgart], Frankfurt u. a., 1781.

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ein Schauspiel.
sten spottet, wenn man ihnen schmeichelt, daß sie
die Schmeichler hassen; ihr pocht auf Ehrlichkeit
und exemplarischen Wandel, und der Gott der euer
Herz durchschaut, würde wider den Schöpffer er-
grimmen, wenn er nicht eben der wäre, der das
Ungeheuer am Nilus erschaffen hat. -- Schafft
ihn aus meinen Augen.
Pater. Daß ein Bösewicht noch so stolz seyn
kann!
Moor. Nicht genug -- Jzt will ich stolz re-
den. Geh hin, und sage dem hochlöblichen Ge-
richt, das über Leben und Tod würfelt -- Jch bin
kein Dieb, der sich mit Schlaf und Mitternacht
verschwört, und auf der Leiter groß und herrisch
thut -- was ich gethan habe werd ich ohne Zwei-
fel einmal im Schuldbuch des Himmels lesen,
aber mit seinen erbärmlichern Verwesern will ich
kein Wort mehr verlieren. Sag ihnen, mein
Handwerk ist Wiedervergeltung -- Rache ist mein
Gewerbe.
    Er kehrt ihm den Rücken zu.
Pater. Du willst also nicht Schonung und
Gnade? -- Gut, mit dir bin ich fertig. Wendet sich
zu der Bande.
So höret dann ihr, was die Gerech-
tigkeit euch durch mich zu wissen thut! -- Werdet
ihr izt gleich diesen verurtheilien Missethäter gebun-
den überliefern, seht, so soll euch die Strafe eurer
Greuel bis auf das lezte Andenken erlassen seyn --
die heilige Kirche wird euch verlohrne Schafe mit
erneuer-
ein Schauſpiel.
ſten ſpottet, wenn man ihnen ſchmeichelt, daß ſie
die Schmeichler haſſen; ihr pocht auf Ehrlichkeit
und exemplariſchen Wandel, und der Gott der euer
Herz durchſchaut, wuͤrde wider den Schoͤpffer er-
grimmen, wenn er nicht eben der waͤre, der das
Ungeheuer am Nilus erſchaffen hat. — Schafft
ihn aus meinen Augen.
Pater. Daß ein Boͤſewicht noch ſo ſtolz ſeyn
kann!
Moor. Nicht genug — Jzt will ich ſtolz re-
den. Geh hin, und ſage dem hochloͤblichen Ge-
richt, das uͤber Leben und Tod wuͤrfelt — Jch bin
kein Dieb, der ſich mit Schlaf und Mitternacht
verſchwoͤrt, und auf der Leiter groß und herriſch
thut — was ich gethan habe werd ich ohne Zwei-
fel einmal im Schuldbuch des Himmels leſen,
aber mit ſeinen erbaͤrmlichern Verweſern will ich
kein Wort mehr verlieren. Sag ihnen, mein
Handwerk iſt Wiedervergeltung — Rache iſt mein
Gewerbe.
    Er kehrt ihm den Ruͤcken zu.
Pater. Du willſt alſo nicht Schonung und
Gnade? — Gut, mit dir bin ich fertig. Wendet ſich
zu der Bande.
So hoͤret dann ihr, was die Gerech-
tigkeit euch durch mich zu wiſſen thut! — Werdet
ihr izt gleich dieſen verurtheilien Miſſethaͤter gebun-
den uͤberliefern, ſeht, ſo ſoll euch die Strafe eurer
Greuel bis auf das lezte Andenken erlaſſen ſeyn —
die heilige Kirche wird euch verlohrne Schafe mit
erneuer-
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[107/0129] ein Schauſpiel. ſten ſpottet, wenn man ihnen ſchmeichelt, daß ſie die Schmeichler haſſen; ihr pocht auf Ehrlichkeit und exemplariſchen Wandel, und der Gott der euer Herz durchſchaut, wuͤrde wider den Schoͤpffer er- grimmen, wenn er nicht eben der waͤre, der das Ungeheuer am Nilus erſchaffen hat. — Schafft ihn aus meinen Augen. Pater. Daß ein Boͤſewicht noch ſo ſtolz ſeyn kann! Moor. Nicht genug — Jzt will ich ſtolz re- den. Geh hin, und ſage dem hochloͤblichen Ge- richt, das uͤber Leben und Tod wuͤrfelt — Jch bin kein Dieb, der ſich mit Schlaf und Mitternacht verſchwoͤrt, und auf der Leiter groß und herriſch thut — was ich gethan habe werd ich ohne Zwei- fel einmal im Schuldbuch des Himmels leſen, aber mit ſeinen erbaͤrmlichern Verweſern will ich kein Wort mehr verlieren. Sag ihnen, mein Handwerk iſt Wiedervergeltung — Rache iſt mein Gewerbe. Er kehrt ihm den Ruͤcken zu. Pater. Du willſt alſo nicht Schonung und Gnade? — Gut, mit dir bin ich fertig. Wendet ſich zu der Bande. So hoͤret dann ihr, was die Gerech- tigkeit euch durch mich zu wiſſen thut! — Werdet ihr izt gleich dieſen verurtheilien Miſſethaͤter gebun- den uͤberliefern, ſeht, ſo ſoll euch die Strafe eurer Greuel bis auf das lezte Andenken erlaſſen ſeyn — die heilige Kirche wird euch verlohrne Schafe mit erneuer-

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Die Räuber. [Stuttgart], Frankfurt u. a., 1781, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_raeuber_1781/129>, abgerufen am 05.05.2024.