Schiller, Friedrich: Die Räuber. [Stuttgart], Frankfurt u. a., 1781.ein Schauspiel. Pater im Eifer. Entsezlicher Mensch! hebe dich weg von mir! Picht nicht das Blut des ermor- deten Reichs-Grafen an deinen verfluchten Fingern? Hast du nicht das Heiligthum des Herrn mit diebischen Händen durchbrochen, und mit einem Schelmen- griff die geweyhten Gefässe des Nachtmahls ent- wandt? Wie? hast du nicht Feuerbrände in nn- sere gottesfürchtige Stadt geworfen? und den Pul- verthurm über die Häupter guter Christen herabge- stürzt? Mit zusammengeschlagenen Händen. Greuliche, greu- liche Frevel, die bis zum Himmel hinaufstinken, das jüngste Gericht waffnen, daß es reissend da- her bricht! Reif zur Vergeltung, zeitig zur lezten Posaune! Moor. Meisterlich gerathen bis hieher! aber zur Sache! Was läßt mir der hochlöbliche Ma- gistrat durch sie kund machen? Pater. Was du nie werth bist zu empfan- gen -- Schau um dich, Mordbrenner! Was nur dein Auge absehen kan, bist du eingeschlossen von unsern Reutern -- hier ist kein Raum zum Ent- rinnen mehr -- so gewis Kirschen auf diesen Ei- chen wachsen, und diese Tannen Pfirsiche tragen, so gewis werdet ihr unversehrt diesen Eichen und diesen Tannen den Rüken kehren. Moor. Hörst dus wohl, Schweizer? -- Aber nur weiter! Pater. Höre dann, wie gütig, wie langmü- thig G 4
ein Schauſpiel. Pater im Eifer. Entſezlicher Menſch! hebe dich weg von mir! Picht nicht das Blut des ermor- deten Reichs-Grafen an deinen verfluchten Fingern? Haſt du nicht das Heiligthum des Herrn mit diebiſchen Haͤnden durchbrochen, und mit einem Schelmen- griff die geweyhten Gefaͤſſe des Nachtmahls ent- wandt? Wie? haſt du nicht Feuerbraͤnde in nn- ſere gottesfuͤrchtige Stadt geworfen? und den Pul- verthurm uͤber die Haͤupter guter Chriſten herabge- ſtuͤrzt? Mit zuſammengeſchlagenen Haͤnden. Greuliche, greu- liche Frevel, die bis zum Himmel hinaufſtinken, das juͤngſte Gericht waffnen, daß es reiſſend da- her bricht! Reif zur Vergeltung, zeitig zur lezten Poſaune! Moor. Meiſterlich gerathen bis hieher! aber zur Sache! Was laͤßt mir der hochloͤbliche Ma- giſtrat durch ſie kund machen? Pater. Was du nie werth biſt zu empfan- gen — Schau um dich, Mordbrenner! Was nur dein Auge abſehen kan, biſt du eingeſchloſſen von unſern Reutern — hier iſt kein Raum zum Ent- rinnen mehr — ſo gewis Kirſchen auf dieſen Ei- chen wachſen, und dieſe Tannen Pfirſiche tragen, ſo gewis werdet ihr unverſehrt dieſen Eichen und dieſen Tannen den Ruͤken kehren. Moor. Hoͤrſt dus wohl, Schweizer? — Aber nur weiter! Pater. Hoͤre dann, wie guͤtig, wie langmuͤ- thig G 4
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ein Schauſpiel.
Pater im Eifer. Entſezlicher Menſch! hebe dich
weg von mir! Picht nicht das Blut des ermor-
deten Reichs-Grafen an deinen verfluchten Fingern?
Haſt du nicht das Heiligthum des Herrn mit diebiſchen
Haͤnden durchbrochen, und mit einem Schelmen-
griff die geweyhten Gefaͤſſe des Nachtmahls ent-
wandt? Wie? haſt du nicht Feuerbraͤnde in nn-
ſere gottesfuͤrchtige Stadt geworfen? und den Pul-
verthurm uͤber die Haͤupter guter Chriſten herabge-
ſtuͤrzt? Mit zuſammengeſchlagenen Haͤnden. Greuliche, greu-
liche Frevel, die bis zum Himmel hinaufſtinken,
das juͤngſte Gericht waffnen, daß es reiſſend da-
her bricht! Reif zur Vergeltung, zeitig zur lezten
Poſaune!
Moor. Meiſterlich gerathen bis hieher! aber
zur Sache! Was laͤßt mir der hochloͤbliche Ma-
giſtrat durch ſie kund machen?
Pater. Was du nie werth biſt zu empfan-
gen — Schau um dich, Mordbrenner! Was nur
dein Auge abſehen kan, biſt du eingeſchloſſen von
unſern Reutern — hier iſt kein Raum zum Ent-
rinnen mehr — ſo gewis Kirſchen auf dieſen Ei-
chen wachſen, und dieſe Tannen Pfirſiche tragen,
ſo gewis werdet ihr unverſehrt dieſen Eichen und
dieſen Tannen den Ruͤken kehren.
Moor. Hoͤrſt dus wohl, Schweizer? — Aber
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Zitationshilfe: | Schiller, Friedrich: Die Räuber. [Stuttgart], Frankfurt u. a., 1781, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_raeuber_1781/125>, abgerufen am 16.02.2025. |