Schiller, Friedrich: Die Räuber. [Stuttgart], Frankfurt u. a., 1781.Vorrede. Menschen zu erschöpfen, deren Thätigkeit vonvielleicht tausend Räderchen abhänget, so wie es in der Natur der Dinge unmöglich kann gegründet seyn, daß sich drei ausserordentliche Menschen auch dem durchdringendsten Geister- kenner innerhalb vier und zwanzig Stunden entblössen. Hier war Fülle ineinandergedrun- gener Realitäten vorhanden, die ich unmöglich in die allzuenge Pallisaden des Aristoteles und Batteux einkeilen konnte. Man ist es aber nicht sowohl die Masse Welt,
Vorrede. Menſchen zu erſchoͤpfen, deren Thaͤtigkeit vonvielleicht tauſend Raͤderchen abhaͤnget, ſo wie es in der Natur der Dinge unmoͤglich kann gegruͤndet ſeyn, daß ſich drei auſſerordentliche Menſchen auch dem durchdringendſten Geiſter- kenner innerhalb vier und zwanzig Stunden entbloͤſſen. Hier war Fuͤlle ineinandergedrun- gener Realitaͤten vorhanden, die ich unmoͤglich in die allzuenge Palliſaden des Ariſtoteles und Batteux einkeilen konnte. Man iſt es aber nicht ſowohl die Maſſe Welt,
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0012"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Vorrede</hi>.</fw><lb/> Menſchen zu erſchoͤpfen, deren Thaͤtigkeit von<lb/> vielleicht tauſend Raͤderchen abhaͤnget, ſo wie<lb/> es in der Natur der Dinge unmoͤglich kann<lb/> gegruͤndet ſeyn, daß ſich drei auſſerordentliche<lb/> Menſchen auch dem durchdringendſten Geiſter-<lb/> kenner innerhalb vier und zwanzig Stunden<lb/> entbloͤſſen. Hier war Fuͤlle ineinandergedrun-<lb/> gener Realitaͤten vorhanden, die ich unmoͤglich<lb/> in die allzuenge Palliſaden des Ariſtoteles und<lb/> Batteux einkeilen konnte.</p><lb/> <p>Man iſt es aber nicht ſowohl die Maſſe<lb/> meines Schauſpiels, als vielmehr ſein Jnn-<lb/> halt, der es von der Buͤhne verbannet. Die<lb/> Oekonomie deſſelben machte es nothwendig,<lb/> daß mancher Karakter auftreten mußte, der<lb/> das feinere Gefuͤhl der Tugend beleidigt, und<lb/> die Zaͤrtlichkeit unſerer Sitten empoͤrt. Jeder<lb/> Menſchenmaler iſt in dieſe Nothwendigkeit ge-<lb/> ſezt, wenn er anders eine Kopie der wirklichen<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Welt,</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0012]
Vorrede.
Menſchen zu erſchoͤpfen, deren Thaͤtigkeit von
vielleicht tauſend Raͤderchen abhaͤnget, ſo wie
es in der Natur der Dinge unmoͤglich kann
gegruͤndet ſeyn, daß ſich drei auſſerordentliche
Menſchen auch dem durchdringendſten Geiſter-
kenner innerhalb vier und zwanzig Stunden
entbloͤſſen. Hier war Fuͤlle ineinandergedrun-
gener Realitaͤten vorhanden, die ich unmoͤglich
in die allzuenge Palliſaden des Ariſtoteles und
Batteux einkeilen konnte.
Man iſt es aber nicht ſowohl die Maſſe
meines Schauſpiels, als vielmehr ſein Jnn-
halt, der es von der Buͤhne verbannet. Die
Oekonomie deſſelben machte es nothwendig,
daß mancher Karakter auftreten mußte, der
das feinere Gefuͤhl der Tugend beleidigt, und
die Zaͤrtlichkeit unſerer Sitten empoͤrt. Jeder
Menſchenmaler iſt in dieſe Nothwendigkeit ge-
ſezt, wenn er anders eine Kopie der wirklichen
Welt,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_raeuber_1781 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_raeuber_1781/12 |
Zitationshilfe: | Schiller, Friedrich: Die Räuber. [Stuttgart], Frankfurt u. a., 1781, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_raeuber_1781/12>, abgerufen am 27.07.2024. |