Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.er den Landgrafen von Darmstadt und den Churfürsten von Mainz durch die Gewalt seiner Waffen zwang, nach dem Beyspiel Bayerns die Neutralität zu ergreifen. Und jetzt endlich schien das grosse Ziel der Französischen Staatskunst erreicht zu seyn, den Kaiser, alles Beystands der Ligue und seiner protestantischen Alliirten beraubt, den vereinigten Waffen der beyden Kronen ohne Vertheidigung bloß zu stellen, und ihm mit dem Schwert in der Hand den Frieden zu diktiren. Eine Armee von höchstens zwölftausend Mann war alles, was ihm von seiner Furchtbarkeit übrig war, und über diese mußte er, weil der Krieg alle seine fähigen Generale dahin gerafft hatte, einen Kalvinisten, den Hessischen Ueberläufer Melander, zum Befehlshaber setzen. Aber wie dieser Krieg mehrmals die überraschendsten Glückswechsel aufstellte, und oft durch einen plötzlichen Zwischenfall alle Berechnungen der Staatskunst zu Schanden machte, so strafte auch hier der Erfolg die Erwartung Lügen, und die tief gesunkene Macht Oesterreichs arbeitet sich nach einer kurzen Krise aufs neue zu einer drohenden Ueberlegenheit empor. Frankreichs Eifersucht gegen die Schweden erlaubte dieser Krone nicht, den Kaiser zu Grunde zu richten, und die Schwedische Macht in Deutschland dadurch zu einem Grade zu erheben, der für Frankreich selbst zuletzt verderblich werden konnte. Oesterreichs hülflose Lage wurde daher von dem Französischen Minister nicht benutzt, die Armee des Türenne von Wrangeln getrennt und an die Niederländischen Grenzen gezogen. Zwar versuchte Wrangel, nachdem er sich von Schwaben nach Franken gewendet, Schweinfurt erobert, und die dortige kaiserliche Besatzung unter seine Armee gesteckt hatte, für sich selbst in Böhmen einzudringen, und belagerte Eger, den Schlüssel zu diesem Königreich. Um diese Festung zu entsetzen, ließ der er den Landgrafen von Darmstadt und den Churfürsten von Mainz durch die Gewalt seiner Waffen zwang, nach dem Beyspiel Bayerns die Neutralität zu ergreifen. Und jetzt endlich schien das grosse Ziel der Französischen Staatskunst erreicht zu seyn, den Kaiser, alles Beystands der Ligue und seiner protestantischen Alliirten beraubt, den vereinigten Waffen der beyden Kronen ohne Vertheidigung bloß zu stellen, und ihm mit dem Schwert in der Hand den Frieden zu diktiren. Eine Armee von höchstens zwölftausend Mann war alles, was ihm von seiner Furchtbarkeit übrig war, und über diese mußte er, weil der Krieg alle seine fähigen Generale dahin gerafft hatte, einen Kalvinisten, den Hessischen Ueberläufer Melander, zum Befehlshaber setzen. Aber wie dieser Krieg mehrmals die überraschendsten Glückswechsel aufstellte, und oft durch einen plötzlichen Zwischenfall alle Berechnungen der Staatskunst zu Schanden machte, so strafte auch hier der Erfolg die Erwartung Lügen, und die tief gesunkene Macht Oesterreichs arbeitet sich nach einer kurzen Krise aufs neue zu einer drohenden Ueberlegenheit empor. Frankreichs Eifersucht gegen die Schweden erlaubte dieser Krone nicht, den Kaiser zu Grunde zu richten, und die Schwedische Macht in Deutschland dadurch zu einem Grade zu erheben, der für Frankreich selbst zuletzt verderblich werden konnte. Oesterreichs hülflose Lage wurde daher von dem Französischen Minister nicht benutzt, die Armee des Türenne von Wrangeln getrennt und an die Niederländischen Grenzen gezogen. Zwar versuchte Wrangel, nachdem er sich von Schwaben nach Franken gewendet, Schweinfurt erobert, und die dortige kaiserliche Besatzung unter seine Armee gesteckt hatte, für sich selbst in Böhmen einzudringen, und belagerte Eger, den Schlüssel zu diesem Königreich. 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Zwar versuchte Wrangel, nachdem er sich von Schwaben nach Franken gewendet, Schweinfurt erobert, und die dortige kaiserliche Besatzung unter seine Armee gesteckt hatte, für sich selbst in Böhmen einzudringen, und belagerte Eger, den Schlüssel zu diesem Königreich. Um diese Festung zu entsetzen, ließ der </p> </div> </body> </text> </TEI> [480/0488]
er den Landgrafen von Darmstadt und den Churfürsten von Mainz durch die Gewalt seiner Waffen zwang, nach dem Beyspiel Bayerns die Neutralität zu ergreifen.
Und jetzt endlich schien das grosse Ziel der Französischen Staatskunst erreicht zu seyn, den Kaiser, alles Beystands der Ligue und seiner protestantischen Alliirten beraubt, den vereinigten Waffen der beyden Kronen ohne Vertheidigung bloß zu stellen, und ihm mit dem Schwert in der Hand den Frieden zu diktiren. Eine Armee von höchstens zwölftausend Mann war alles, was ihm von seiner Furchtbarkeit übrig war, und über diese mußte er, weil der Krieg alle seine fähigen Generale dahin gerafft hatte, einen Kalvinisten, den Hessischen Ueberläufer Melander, zum Befehlshaber setzen. Aber wie dieser Krieg mehrmals die überraschendsten Glückswechsel aufstellte, und oft durch einen plötzlichen Zwischenfall alle Berechnungen der Staatskunst zu Schanden machte, so strafte auch hier der Erfolg die Erwartung Lügen, und die tief gesunkene Macht Oesterreichs arbeitet sich nach einer kurzen Krise aufs neue zu einer drohenden Ueberlegenheit empor. Frankreichs Eifersucht gegen die Schweden erlaubte dieser Krone nicht, den Kaiser zu Grunde zu richten, und die Schwedische Macht in Deutschland dadurch zu einem Grade zu erheben, der für Frankreich selbst zuletzt verderblich werden konnte. Oesterreichs hülflose Lage wurde daher von dem Französischen Minister nicht benutzt, die Armee des Türenne von Wrangeln getrennt und an die Niederländischen Grenzen gezogen. Zwar versuchte Wrangel, nachdem er sich von Schwaben nach Franken gewendet, Schweinfurt erobert, und die dortige kaiserliche Besatzung unter seine Armee gesteckt hatte, für sich selbst in Böhmen einzudringen, und belagerte Eger, den Schlüssel zu diesem Königreich. Um diese Festung zu entsetzen, ließ der
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