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Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

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und der Religionsfriede allein hielt das getheilte Reich noch in Einem Körper zusammen. Das ökonomische Bedürfniß machte ihm die Protestanten nicht weniger nöthig, als die Katholischen, und legte ihm also auf, beyde Theile mit gleicher Gerechtigkeit zu behandeln, welches bey so sehr widerstreitenden Foderungen ein wahres Riesenwerk war. Auch fehlte viel, daß der Erfolg seinen Wünschen entsprochen hätte: seine Nachgiebigkeit gegen die Protestanten hatte bloß dazu gedient, seinen Enkeln den Krieg aufzuheben, der sein sterbendes Auge verschonte. Nicht viel glücklicher war sein Sohn Maximilian, den vielleicht nur der Zwang der Umstände hinderte, dem vielleicht nur ein längeres Leben fehlte, um die neue Religion auf den Kaiserthron zu erheben. Den Vater hatte die Nothwendigkeit Schonung gegen die Protestanten gelehrt; die Nothwendigkeit und die Billigkeit diktirten sie seinem Sohne. Der Enkel büßte es theuer, daß er weder die Billigkeit hörte, noch der Nothwendigkeit gehorchte.

Sechs Söhne hinterließ Maximilian, aber nur der älteste von diesen, Erzherzog Rudolph, erbte seine Staaten, und bestieg den kaiserlichen Thron; die übrigen Brüder wurden mit schwachen Apanagen abgefunden. Wenige Nebenländer gehörten einer Seitenlinie an, welche Carl von Steyermark, ihr Oheim, fortführte; doch wurden auch diese schon unter Ferdinand II. seinem Sohne, mit der übrigen Erbschaft vereinigt. Diese Länder also ausgenommen, versammelte sich nunmehr die ganze ansehnliche Macht des Hauses Oesterreich in einer einzigen Hand, aber zum Unglück in einer schwachen.

Rudolph II. war nicht ohne Tugenden, die ihm die Liebe der Menschen hätten erwerben müssen, wenn ihm das Loos eines Privatmannes gefallen wäre. Sein Charakter war mild, er liebte den Frieden, und den Wissenschaften - der Astronomie,

und der Religionsfriede allein hielt das getheilte Reich noch in Einem Körper zusammen. Das ökonomische Bedürfniß machte ihm die Protestanten nicht weniger nöthig, als die Katholischen, und legte ihm also auf, beyde Theile mit gleicher Gerechtigkeit zu behandeln, welches bey so sehr widerstreitenden Foderungen ein wahres Riesenwerk war. Auch fehlte viel, daß der Erfolg seinen Wünschen entsprochen hätte: seine Nachgiebigkeit gegen die Protestanten hatte bloß dazu gedient, seinen Enkeln den Krieg aufzuheben, der sein sterbendes Auge verschonte. Nicht viel glücklicher war sein Sohn Maximilian, den vielleicht nur der Zwang der Umstände hinderte, dem vielleicht nur ein längeres Leben fehlte, um die neue Religion auf den Kaiserthron zu erheben. Den Vater hatte die Nothwendigkeit Schonung gegen die Protestanten gelehrt; die Nothwendigkeit und die Billigkeit diktirten sie seinem Sohne. Der Enkel büßte es theuer, daß er weder die Billigkeit hörte, noch der Nothwendigkeit gehorchte.

Sechs Söhne hinterließ Maximilian, aber nur der älteste von diesen, Erzherzog Rudolph, erbte seine Staaten, und bestieg den kaiserlichen Thron; die übrigen Brüder wurden mit schwachen Apanagen abgefunden. Wenige Nebenländer gehörten einer Seitenlinie an, welche Carl von Steyermark, ihr Oheim, fortführte; doch wurden auch diese schon unter Ferdinand II. seinem Sohne, mit der übrigen Erbschaft vereinigt. Diese Länder also ausgenommen, versammelte sich nunmehr die ganze ansehnliche Macht des Hauses Oesterreich in einer einzigen Hand, aber zum Unglück in einer schwachen.

Rudolph II. war nicht ohne Tugenden, die ihm die Liebe der Menschen hätten erwerben müssen, wenn ihm das Loos eines Privatmannes gefallen wäre. Sein Charakter war mild, er liebte den Frieden, und den Wissenschaften – der Astronomie,

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[25/0033] und der Religionsfriede allein hielt das getheilte Reich noch in Einem Körper zusammen. Das ökonomische Bedürfniß machte ihm die Protestanten nicht weniger nöthig, als die Katholischen, und legte ihm also auf, beyde Theile mit gleicher Gerechtigkeit zu behandeln, welches bey so sehr widerstreitenden Foderungen ein wahres Riesenwerk war. Auch fehlte viel, daß der Erfolg seinen Wünschen entsprochen hätte: seine Nachgiebigkeit gegen die Protestanten hatte bloß dazu gedient, seinen Enkeln den Krieg aufzuheben, der sein sterbendes Auge verschonte. Nicht viel glücklicher war sein Sohn Maximilian, den vielleicht nur der Zwang der Umstände hinderte, dem vielleicht nur ein längeres Leben fehlte, um die neue Religion auf den Kaiserthron zu erheben. Den Vater hatte die Nothwendigkeit Schonung gegen die Protestanten gelehrt; die Nothwendigkeit und die Billigkeit diktirten sie seinem Sohne. Der Enkel büßte es theuer, daß er weder die Billigkeit hörte, noch der Nothwendigkeit gehorchte. Sechs Söhne hinterließ Maximilian, aber nur der älteste von diesen, Erzherzog Rudolph, erbte seine Staaten, und bestieg den kaiserlichen Thron; die übrigen Brüder wurden mit schwachen Apanagen abgefunden. Wenige Nebenländer gehörten einer Seitenlinie an, welche Carl von Steyermark, ihr Oheim, fortführte; doch wurden auch diese schon unter Ferdinand II. seinem Sohne, mit der übrigen Erbschaft vereinigt. Diese Länder also ausgenommen, versammelte sich nunmehr die ganze ansehnliche Macht des Hauses Oesterreich in einer einzigen Hand, aber zum Unglück in einer schwachen. Rudolph II. war nicht ohne Tugenden, die ihm die Liebe der Menschen hätten erwerben müssen, wenn ihm das Loos eines Privatmannes gefallen wäre. Sein Charakter war mild, er liebte den Frieden, und den Wissenschaften – der Astronomie,

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/33>, abgerufen am 23.11.2024.