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Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

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Glaubensgenossen erlaubte, durch die schändliche Ausflucht katholischer Fürsten, sich von den heiligsten Eiden durch den Pabst lossprechen zu lassen, durch den abscheulichen Grundsaz, daß gegen Kezer kein Treu und Glaube zu beobachten sey, hatte die katholische Kirche in den Augen aller Redlichen ihre Ehre verlohren. Keine Versicherung, kein noch so fürchterlicher Eid konnte aus dem Munde eines Papisten den Protestanten beruhigen. Wie hätte der Religionsfriede es gekonnt, den die Jesuiten durch ganz Deutschland nur als ein Interim, als eine einstweilige Konvenienz abschilderten der in Rom selbst feyerlich verworfen ward! Die allgemeine Kirchenversammlung, auf welche in diesem Frieden hingewiesen worden, war unterdessen in der Stadt Trient vor sich gegangen; aber, wie man nicht anders erwartet hatte, ohne die streitenden Religionen vereinigt, ohne auch nur Einen Schritt zu dieser Vereinigung gethan zu haben, ohne von den Protestanten auch nur beschickt worden zu seyn. Feyerlich waren diese nunmehr von der Kirche verdammt, für deren Repräsentanten sich das Concilium ausgab - Konnte ihnen ein profaner, und noch dazu durch die Waffen erzwungener Vertrag vor dem Bann der Kirche eine hinlängliche Sicherheit geben - ein Vertrag, der sich auf eine Bedingung stüzte, welche der Schluß des Conciliums aufzuheben schien? An einem Scheine des Rechts fehlte es also nicht mehr wenn sich die Katholischen sonst mächtig genug fühlten, den Religionsfrieden zu verlezen - von jezt an also schützte die Protestanten nichts mehr, als der Respekt vor ihrer Macht.

Mehreres kam dazu, das Mißtrauen zu vermehren. Spanien, an welche Macht das katholische Deutschland sich lehnte, lag damals mit den Niederländern in einem heftigen Kriege, der den Kern der Spanischen Macht an die Grenzen Deutschlands gezogen hatte. Wie schnell standen diese Truppen im

Glaubensgenossen erlaubte, durch die schändliche Ausflucht katholischer Fürsten, sich von den heiligsten Eiden durch den Pabst lossprechen zu lassen, durch den abscheulichen Grundsaz, daß gegen Kezer kein Treu und Glaube zu beobachten sey, hatte die katholische Kirche in den Augen aller Redlichen ihre Ehre verlohren. Keine Versicherung, kein noch so fürchterlicher Eid konnte aus dem Munde eines Papisten den Protestanten beruhigen. Wie hätte der Religionsfriede es gekonnt, den die Jesuiten durch ganz Deutschland nur als ein Interim, als eine einstweilige Konvenienz abschilderten der in Rom selbst feyerlich verworfen ward! Die allgemeine Kirchenversammlung, auf welche in diesem Frieden hingewiesen worden, war unterdessen in der Stadt Trient vor sich gegangen; aber, wie man nicht anders erwartet hatte, ohne die streitenden Religionen vereinigt, ohne auch nur Einen Schritt zu dieser Vereinigung gethan zu haben, ohne von den Protestanten auch nur beschickt worden zu seyn. Feyerlich waren diese nunmehr von der Kirche verdammt, für deren Repräsentanten sich das Concilium ausgab – Konnte ihnen ein profaner, und noch dazu durch die Waffen erzwungener Vertrag vor dem Bann der Kirche eine hinlängliche Sicherheit geben – ein Vertrag, der sich auf eine Bedingung stüzte, welche der Schluß des Conciliums aufzuheben schien? An einem Scheine des Rechts fehlte es also nicht mehr wenn sich die Katholischen sonst mächtig genug fühlten, den Religionsfrieden zu verlezen – von jezt an also schützte die Protestanten nichts mehr, als der Respekt vor ihrer Macht.

Mehreres kam dazu, das Mißtrauen zu vermehren. Spanien, an welche Macht das katholische Deutschland sich lehnte, lag damals mit den Niederländern in einem heftigen Kriege, der den Kern der Spanischen Macht an die Grenzen Deutschlands gezogen hatte. Wie schnell standen diese Truppen im

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[23/0031] Glaubensgenossen erlaubte, durch die schändliche Ausflucht katholischer Fürsten, sich von den heiligsten Eiden durch den Pabst lossprechen zu lassen, durch den abscheulichen Grundsaz, daß gegen Kezer kein Treu und Glaube zu beobachten sey, hatte die katholische Kirche in den Augen aller Redlichen ihre Ehre verlohren. Keine Versicherung, kein noch so fürchterlicher Eid konnte aus dem Munde eines Papisten den Protestanten beruhigen. Wie hätte der Religionsfriede es gekonnt, den die Jesuiten durch ganz Deutschland nur als ein Interim, als eine einstweilige Konvenienz abschilderten der in Rom selbst feyerlich verworfen ward! Die allgemeine Kirchenversammlung, auf welche in diesem Frieden hingewiesen worden, war unterdessen in der Stadt Trient vor sich gegangen; aber, wie man nicht anders erwartet hatte, ohne die streitenden Religionen vereinigt, ohne auch nur Einen Schritt zu dieser Vereinigung gethan zu haben, ohne von den Protestanten auch nur beschickt worden zu seyn. Feyerlich waren diese nunmehr von der Kirche verdammt, für deren Repräsentanten sich das Concilium ausgab – Konnte ihnen ein profaner, und noch dazu durch die Waffen erzwungener Vertrag vor dem Bann der Kirche eine hinlängliche Sicherheit geben – ein Vertrag, der sich auf eine Bedingung stüzte, welche der Schluß des Conciliums aufzuheben schien? An einem Scheine des Rechts fehlte es also nicht mehr wenn sich die Katholischen sonst mächtig genug fühlten, den Religionsfrieden zu verlezen – von jezt an also schützte die Protestanten nichts mehr, als der Respekt vor ihrer Macht. Mehreres kam dazu, das Mißtrauen zu vermehren. Spanien, an welche Macht das katholische Deutschland sich lehnte, lag damals mit den Niederländern in einem heftigen Kriege, der den Kern der Spanischen Macht an die Grenzen Deutschlands gezogen hatte. Wie schnell standen diese Truppen im

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/31>, abgerufen am 23.11.2024.