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Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

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Unterdessen wurde zu Torgau von dem König von Schweden und dem Churfürsten von Sachsen, im Beyseyn des Churfürsten von Brandenburg, grosser Kriegsrath gehalten. Eine Entschliessung sollte jezt gefaßt werden, welche das Schicksal Deutschlands und der evangelischen Religion, das Glück vieler Völker und das Loos ihrer Fürsten unwiderruflich bestimmte. Die Bangigkeit der Erwartung, die auch die Brust des Helden vor jeder grossen Entscheidung beklemmt, schien jezt die Seele Gustav Adolphs in einem Augenblick zu umwölken. "Wenn wir uns jezt zu einer Schlacht entschliessen, sagte er, so steht nicht weniger als eine Krone und zwey Churhüte auf dem Spiele. Das Glück ist wandelbar, und der unerforschliche Rathschluß des Himmels kann, unsrer Sünden wegen, dem Feinde den Sieg verleihen. Zwar möchte meine Krone, wenn sie meine Armee und mich selbst auch verlöre, noch eine Schanze zum Besten haben. Weit entlegen, durch eine ansehnliche Flotte beschüzt, in ihren Grenzen wohl verwahrt, und durch ein streitbares Volk vertheidigt, würde sie wenigstens vor dem Aergsten gesichert seyn. Wo aber Rettung für euch, denen der Feind auf dem Nacken liegt, wenn das Treffen verunglücken sollte?"

Gustav Adolph zeigte das bescheidene Mißtrauen eines Helden, den das Bewußtseyn seiner Stärke gegen die Grösse der Gefahr nicht verblendet; Johann Georg die Zuversicht eines Schwachen, der einen Helden an seiner Seite weiß. Voll Ungeduld, seine Lande von zwey beschwerlichen Armeen baldmöglichst befreyt zu sehen, brannte er nach einer Schlacht, in welcher keine alten Lorbeern für ihn zu verlieren waren. Er wollte mit seinen Sachsen allein gegen Leipzig vorrücken und mit Tilly schlagen. Endlich trat Gustav Adolph seiner Meynung bey, und beschlossen war es, ohne Aufschub den Feind anzugreifen, ehe er die Verstärkungen, welche die Generale

Unterdessen wurde zu Torgau von dem König von Schweden und dem Churfürsten von Sachsen, im Beyseyn des Churfürsten von Brandenburg, grosser Kriegsrath gehalten. Eine Entschliessung sollte jezt gefaßt werden, welche das Schicksal Deutschlands und der evangelischen Religion, das Glück vieler Völker und das Loos ihrer Fürsten unwiderruflich bestimmte. Die Bangigkeit der Erwartung, die auch die Brust des Helden vor jeder grossen Entscheidung beklemmt, schien jezt die Seele Gustav Adolphs in einem Augenblick zu umwölken. „Wenn wir uns jezt zu einer Schlacht entschliessen, sagte er, so steht nicht weniger als eine Krone und zwey Churhüte auf dem Spiele. Das Glück ist wandelbar, und der unerforschliche Rathschluß des Himmels kann, unsrer Sünden wegen, dem Feinde den Sieg verleihen. Zwar möchte meine Krone, wenn sie meine Armee und mich selbst auch verlöre, noch eine Schanze zum Besten haben. Weit entlegen, durch eine ansehnliche Flotte beschüzt, in ihren Grenzen wohl verwahrt, und durch ein streitbares Volk vertheidigt, würde sie wenigstens vor dem Aergsten gesichert seyn. Wo aber Rettung für euch, denen der Feind auf dem Nacken liegt, wenn das Treffen verunglücken sollte?“

Gustav Adolph zeigte das bescheidene Mißtrauen eines Helden, den das Bewußtseyn seiner Stärke gegen die Grösse der Gefahr nicht verblendet; Johann Georg die Zuversicht eines Schwachen, der einen Helden an seiner Seite weiß. Voll Ungeduld, seine Lande von zwey beschwerlichen Armeen baldmöglichst befreyt zu sehen, brannte er nach einer Schlacht, in welcher keine alten Lorbeern für ihn zu verlieren waren. Er wollte mit seinen Sachsen allein gegen Leipzig vorrücken und mit Tilly schlagen. Endlich trat Gustav Adolph seiner Meynung bey, und beschlossen war es, ohne Aufschub den Feind anzugreifen, ehe er die Verstärkungen, welche die Generale

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[216/0224] Unterdessen wurde zu Torgau von dem König von Schweden und dem Churfürsten von Sachsen, im Beyseyn des Churfürsten von Brandenburg, grosser Kriegsrath gehalten. Eine Entschliessung sollte jezt gefaßt werden, welche das Schicksal Deutschlands und der evangelischen Religion, das Glück vieler Völker und das Loos ihrer Fürsten unwiderruflich bestimmte. Die Bangigkeit der Erwartung, die auch die Brust des Helden vor jeder grossen Entscheidung beklemmt, schien jezt die Seele Gustav Adolphs in einem Augenblick zu umwölken. „Wenn wir uns jezt zu einer Schlacht entschliessen, sagte er, so steht nicht weniger als eine Krone und zwey Churhüte auf dem Spiele. Das Glück ist wandelbar, und der unerforschliche Rathschluß des Himmels kann, unsrer Sünden wegen, dem Feinde den Sieg verleihen. Zwar möchte meine Krone, wenn sie meine Armee und mich selbst auch verlöre, noch eine Schanze zum Besten haben. Weit entlegen, durch eine ansehnliche Flotte beschüzt, in ihren Grenzen wohl verwahrt, und durch ein streitbares Volk vertheidigt, würde sie wenigstens vor dem Aergsten gesichert seyn. Wo aber Rettung für euch, denen der Feind auf dem Nacken liegt, wenn das Treffen verunglücken sollte?“ Gustav Adolph zeigte das bescheidene Mißtrauen eines Helden, den das Bewußtseyn seiner Stärke gegen die Grösse der Gefahr nicht verblendet; Johann Georg die Zuversicht eines Schwachen, der einen Helden an seiner Seite weiß. Voll Ungeduld, seine Lande von zwey beschwerlichen Armeen baldmöglichst befreyt zu sehen, brannte er nach einer Schlacht, in welcher keine alten Lorbeern für ihn zu verlieren waren. Er wollte mit seinen Sachsen allein gegen Leipzig vorrücken und mit Tilly schlagen. Endlich trat Gustav Adolph seiner Meynung bey, und beschlossen war es, ohne Aufschub den Feind anzugreifen, ehe er die Verstärkungen, welche die Generale

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/224>, abgerufen am 24.11.2024.