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Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

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nicht enthalten. "Mein Weg geht auf Magdeburg, sagte er, nicht mir, sondern den Evangelischen zum Besten. Will niemand mir beystehen, so nehme ich sogleich meinen Rückweg, biethe dem Kaiser einen Vergleich an, und ziehe wieder nach Stockholm. Ich bin gewiß, der Kaiser soll einen Frieden mit mir eingehen, wie ich ihn immer nur verlangen kann - aber geht Magdeburg verloren, und ist der Kaiser der Furcht vor mir erst entledigt, so sehet zu, wie es euch ergehen wird." Diese zu rechter Zeit hingeworfene Drohung, vielleicht auch der Blick auf die Schwedische Armee, welche mächtig genug war, dem Könige durch Gewalt zu verschaffen, was man ihm auf dem Wege der Güte verweigerte, brachte endlich den Churfürsten zum Entschluß, Spandau in seine Hände zu übergeben.

Nun standen dem König zwey Wege nach Magdeburg offen, wovon der eine gegen Abend durch ein erschöpftes Land und mitten durch feindliche Truppen führte, die ihm den Uebergang über die Elbe streitig machen konnten. Der andre gegen Mittag, ging über Dessau oder Wittenberg, wo er Brücken fand, die Elbe zu passieren, und aus Sachsen Lebensmittel ziehen konnte. Aber diß konnte ohne Einwilligung des Churfürsten von Sachsen nicht geschehen, in welchen Gustav ein gegründetes Mißtrauen sezte. Ehe er sich also in Marsch sezte, ließ er diesen Prinzen um einen freyen Durchzug, und um das Nöthige für seine Truppen gegen baare Bezahlung ersuchen. Sein Verlangen wurde ihm abgeschlagen, und keine Vorstellung konnte den Churfürsten bewegen, seinem Neutralitätssystem zu entsagen. Indem man noch im Streit darüber begriffen war, kam die Nachricht von Magdeburgs entsezlichem Schicksal.

Tilly verkündigte sie mit dem Tone eines Siegers allen protestantischen Fürsten, und verlor

nicht enthalten. „Mein Weg geht auf Magdeburg, sagte er, nicht mir, sondern den Evangelischen zum Besten. Will niemand mir beystehen, so nehme ich sogleich meinen Rückweg, biethe dem Kaiser einen Vergleich an, und ziehe wieder nach Stockholm. Ich bin gewiß, der Kaiser soll einen Frieden mit mir eingehen, wie ich ihn immer nur verlangen kann – aber geht Magdeburg verloren, und ist der Kaiser der Furcht vor mir erst entledigt, so sehet zu, wie es euch ergehen wird.“ Diese zu rechter Zeit hingeworfene Drohung, vielleicht auch der Blick auf die Schwedische Armee, welche mächtig genug war, dem Könige durch Gewalt zu verschaffen, was man ihm auf dem Wege der Güte verweigerte, brachte endlich den Churfürsten zum Entschluß, Spandau in seine Hände zu übergeben.

Nun standen dem König zwey Wege nach Magdeburg offen, wovon der eine gegen Abend durch ein erschöpftes Land und mitten durch feindliche Truppen führte, die ihm den Uebergang über die Elbe streitig machen konnten. Der andre gegen Mittag, ging über Dessau oder Wittenberg, wo er Brücken fand, die Elbe zu passieren, und aus Sachsen Lebensmittel ziehen konnte. Aber diß konnte ohne Einwilligung des Churfürsten von Sachsen nicht geschehen, in welchen Gustav ein gegründetes Mißtrauen sezte. Ehe er sich also in Marsch sezte, ließ er diesen Prinzen um einen freyen Durchzug, und um das Nöthige für seine Truppen gegen baare Bezahlung ersuchen. Sein Verlangen wurde ihm abgeschlagen, und keine Vorstellung konnte den Churfürsten bewegen, seinem Neutralitätssystem zu entsagen. Indem man noch im Streit darüber begriffen war, kam die Nachricht von Magdeburgs entsezlichem Schicksal.

Tilly verkündigte sie mit dem Tone eines Siegers allen protestantischen Fürsten, und verlor

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[204/0212] nicht enthalten. „Mein Weg geht auf Magdeburg, sagte er, nicht mir, sondern den Evangelischen zum Besten. Will niemand mir beystehen, so nehme ich sogleich meinen Rückweg, biethe dem Kaiser einen Vergleich an, und ziehe wieder nach Stockholm. Ich bin gewiß, der Kaiser soll einen Frieden mit mir eingehen, wie ich ihn immer nur verlangen kann – aber geht Magdeburg verloren, und ist der Kaiser der Furcht vor mir erst entledigt, so sehet zu, wie es euch ergehen wird.“ Diese zu rechter Zeit hingeworfene Drohung, vielleicht auch der Blick auf die Schwedische Armee, welche mächtig genug war, dem Könige durch Gewalt zu verschaffen, was man ihm auf dem Wege der Güte verweigerte, brachte endlich den Churfürsten zum Entschluß, Spandau in seine Hände zu übergeben. Nun standen dem König zwey Wege nach Magdeburg offen, wovon der eine gegen Abend durch ein erschöpftes Land und mitten durch feindliche Truppen führte, die ihm den Uebergang über die Elbe streitig machen konnten. Der andre gegen Mittag, ging über Dessau oder Wittenberg, wo er Brücken fand, die Elbe zu passieren, und aus Sachsen Lebensmittel ziehen konnte. Aber diß konnte ohne Einwilligung des Churfürsten von Sachsen nicht geschehen, in welchen Gustav ein gegründetes Mißtrauen sezte. Ehe er sich also in Marsch sezte, ließ er diesen Prinzen um einen freyen Durchzug, und um das Nöthige für seine Truppen gegen baare Bezahlung ersuchen. Sein Verlangen wurde ihm abgeschlagen, und keine Vorstellung konnte den Churfürsten bewegen, seinem Neutralitätssystem zu entsagen. Indem man noch im Streit darüber begriffen war, kam die Nachricht von Magdeburgs entsezlichem Schicksal. Tilly verkündigte sie mit dem Tone eines Siegers allen protestantischen Fürsten, und verlor

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/212>, abgerufen am 23.11.2024.