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Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

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Unterdessen wurden in den Niederlanden und Deutschland Schwedische Werbungen eröffnet, die Regimenter vollzählig gemacht, neue errichtet, Schiffe herbey geschafft, die Flotte gehörig ausgerüstet, Lebensmittel, Kriegsbedürfnisse und Geld so viel nur möglich herbey getrieben. Dreyßig Kriegsschiffe waren in kurzer Zeit zum Auslaufen fertig, eine Armee von funfzehn tausend Mann stand bereit, und zwey hundert Transportschiffe waren bestimmt, sie überzusezen. Eine größere Macht wollte Gustav Adolph nicht nach Deutschland hinüber führen, und der Unterhalt derselben hätte auch bis jezt die Kräfte seines Königreichs überstiegen. Aber so klein diese Armee war, so vortrefflich war die Auswahl seiner Truppen in Disciplin, kriegerischem Muth und Erfahrung, die einen festen Kern zu einer größern Kriegsmacht abgeben konnte, wenn er den Deutschen Boden erst erreicht, und das Glück seinen ersten Anfang begünstigt haben würde. Oxenstierna, zugleich General und Kanzler, stand mit etwa zehn tausend Mann in Preußen, diese Provinz gegen Pohlen zu vertheidigen. Einige reguläre Truppen und ein ansehnliches Corps Landmiliz, welches der Hauptarmee zur Pflanzschule diente, blieb in Schweden zurück, damit ein bundbrüchiger Nachbar bey einem schnellen Ueberfall das Königreich nicht unvorbereitet fände.

Dadurch ward für die Vertheidigung des Reichs gesorgt. Nicht weniger Sorgfalt bewies Gustav Adolph bey Anordnung der innern Regierung. Die Regentschaft wurde dem Reichsrath, das Finanzwesen dem Pfalzgrafen Johann Kasimir, dem Schwager des Königs, übertragen, seine Gemahlin, so zärtlich er sie liebte, von allen Regierungsgeschäften entfernt, denen ihre eingeschränkten Fähigkeiten nicht gewachsen waren. Gleich einem Sterbenden bestellte er sein Haus. Am 20sten May 1630, nachdem alle Vorkehrungen getroffen, und alles zur Abfahrt in Bereitschaft war, erschien der König zu Stockholm in der

Unterdessen wurden in den Niederlanden und Deutschland Schwedische Werbungen eröffnet, die Regimenter vollzählig gemacht, neue errichtet, Schiffe herbey geschafft, die Flotte gehörig ausgerüstet, Lebensmittel, Kriegsbedürfnisse und Geld so viel nur möglich herbey getrieben. Dreyßig Kriegsschiffe waren in kurzer Zeit zum Auslaufen fertig, eine Armee von funfzehn tausend Mann stand bereit, und zwey hundert Transportschiffe waren bestimmt, sie überzusezen. Eine größere Macht wollte Gustav Adolph nicht nach Deutschland hinüber führen, und der Unterhalt derselben hätte auch bis jezt die Kräfte seines Königreichs überstiegen. Aber so klein diese Armee war, so vortrefflich war die Auswahl seiner Truppen in Disciplin, kriegerischem Muth und Erfahrung, die einen festen Kern zu einer größern Kriegsmacht abgeben konnte, wenn er den Deutschen Boden erst erreicht, und das Glück seinen ersten Anfang begünstigt haben würde. Oxenstierna, zugleich General und Kanzler, stand mit etwa zehn tausend Mann in Preußen, diese Provinz gegen Pohlen zu vertheidigen. Einige reguläre Truppen und ein ansehnliches Corps Landmiliz, welches der Hauptarmee zur Pflanzschule diente, blieb in Schweden zurück, damit ein bundbrüchiger Nachbar bey einem schnellen Ueberfall das Königreich nicht unvorbereitet fände.

Dadurch ward für die Vertheidigung des Reichs gesorgt. Nicht weniger Sorgfalt bewies Gustav Adolph bey Anordnung der innern Regierung. Die Regentschaft wurde dem Reichsrath, das Finanzwesen dem Pfalzgrafen Johann Kasimir, dem Schwager des Königs, übertragen, seine Gemahlin, so zärtlich er sie liebte, von allen Regierungsgeschäften entfernt, denen ihre eingeschränkten Fähigkeiten nicht gewachsen waren. Gleich einem Sterbenden bestellte er sein Haus. Am 20sten May 1630, nachdem alle Vorkehrungen getroffen, und alles zur Abfahrt in Bereitschaft war, erschien der König zu Stockholm in der

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[173/0181] Unterdessen wurden in den Niederlanden und Deutschland Schwedische Werbungen eröffnet, die Regimenter vollzählig gemacht, neue errichtet, Schiffe herbey geschafft, die Flotte gehörig ausgerüstet, Lebensmittel, Kriegsbedürfnisse und Geld so viel nur möglich herbey getrieben. Dreyßig Kriegsschiffe waren in kurzer Zeit zum Auslaufen fertig, eine Armee von funfzehn tausend Mann stand bereit, und zwey hundert Transportschiffe waren bestimmt, sie überzusezen. Eine größere Macht wollte Gustav Adolph nicht nach Deutschland hinüber führen, und der Unterhalt derselben hätte auch bis jezt die Kräfte seines Königreichs überstiegen. Aber so klein diese Armee war, so vortrefflich war die Auswahl seiner Truppen in Disciplin, kriegerischem Muth und Erfahrung, die einen festen Kern zu einer größern Kriegsmacht abgeben konnte, wenn er den Deutschen Boden erst erreicht, und das Glück seinen ersten Anfang begünstigt haben würde. Oxenstierna, zugleich General und Kanzler, stand mit etwa zehn tausend Mann in Preußen, diese Provinz gegen Pohlen zu vertheidigen. Einige reguläre Truppen und ein ansehnliches Corps Landmiliz, welches der Hauptarmee zur Pflanzschule diente, blieb in Schweden zurück, damit ein bundbrüchiger Nachbar bey einem schnellen Ueberfall das Königreich nicht unvorbereitet fände. Dadurch ward für die Vertheidigung des Reichs gesorgt. Nicht weniger Sorgfalt bewies Gustav Adolph bey Anordnung der innern Regierung. Die Regentschaft wurde dem Reichsrath, das Finanzwesen dem Pfalzgrafen Johann Kasimir, dem Schwager des Königs, übertragen, seine Gemahlin, so zärtlich er sie liebte, von allen Regierungsgeschäften entfernt, denen ihre eingeschränkten Fähigkeiten nicht gewachsen waren. Gleich einem Sterbenden bestellte er sein Haus. Am 20sten May 1630, nachdem alle Vorkehrungen getroffen, und alles zur Abfahrt in Bereitschaft war, erschien der König zu Stockholm in der

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/181>, abgerufen am 23.11.2024.