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Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

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Der Kardinal Richelieu hatte das Verdienst, diesen Waffenstillstand mit Pohlen herbey zu führen. Dieser große Staatsmann, das Steuer Europens in der einen Hand, indem er die Wuth der Faktionen und den Dünkel der Großen in dem Innern Frankreichs mit der andern darnieder beugte, verfolgte mitten unter den Sorgen einer stürmischen Staatsverwaltung unerschütterlich seinen Plan, die anwachsende Macht Oesterreichs in ihrem stolzen Laufe zu hemmen. Aber die Umstände, welche ihn umgaben, sezten diesen Entwürfen nicht geringe Hindernisse in der Ausführung entgegen, denn auch dem größten Geist möchte es ungestraft nicht hingehen, den Wahnbegriffen seiner Zeit Hohn zu sprechen. Minister eines katholischen Königs, und durch den Purpur, den er trug, selbst Fürst der Römischen Kirche, durfte er es jezt noch nicht wagen, im Bündniß mit den Feinden seiner Kirche öffentlich eine Macht anzugreifen, welche die Anmaßungen ihres Ehrgeizes durch den Namen der Religion vor der Menge zu heiligen gewußt hatte. Die Schonung, welche Richelieu den eingeschränkten Begriffen seiner Zeitgenossen schuldig war, schränkte seine politische Thätigkeit auf die behutsamen Versuche ein, hinter der Decke verborgen zu wirken, und die Entwürfe seines erleuchteten Geistes durch eine fremde Hand zu vollstrecken. Nachdem er sich umsonst bemüht hatte, den Frieden Dänemarks mit dem Kaiser zu hindern, nahm er seine Zuflucht zu Gustav Adolph, dem Helden seines Jahrhunderts. Nichts wurde gespart, diesen König zur Entschließung zu bringen, und ihm zugleich die Mittel zur Ausführung zu erleichtern. Charnasse, ein unverdächtiger Unterhändler des Kardinals, erschien in Pohlnisch Preußen, wo Gustav Adolph gegen Sigismund Krieg führte, und wanderte von einem der beyden Könige zum andern, um einen Waffenstillstand oder Frieden zwischen ihnen zu Stande zu bringen. Gustav Adolph war längst dazu bereit, und endlich gelang es dem Französischen

Der Kardinal Richelieu hatte das Verdienst, diesen Waffenstillstand mit Pohlen herbey zu führen. Dieser große Staatsmann, das Steuer Europens in der einen Hand, indem er die Wuth der Faktionen und den Dünkel der Großen in dem Innern Frankreichs mit der andern darnieder beugte, verfolgte mitten unter den Sorgen einer stürmischen Staatsverwaltung unerschütterlich seinen Plan, die anwachsende Macht Oesterreichs in ihrem stolzen Laufe zu hemmen. Aber die Umstände, welche ihn umgaben, sezten diesen Entwürfen nicht geringe Hindernisse in der Ausführung entgegen, denn auch dem größten Geist möchte es ungestraft nicht hingehen, den Wahnbegriffen seiner Zeit Hohn zu sprechen. Minister eines katholischen Königs, und durch den Purpur, den er trug, selbst Fürst der Römischen Kirche, durfte er es jezt noch nicht wagen, im Bündniß mit den Feinden seiner Kirche öffentlich eine Macht anzugreifen, welche die Anmaßungen ihres Ehrgeizes durch den Namen der Religion vor der Menge zu heiligen gewußt hatte. Die Schonung, welche Richelieu den eingeschränkten Begriffen seiner Zeitgenossen schuldig war, schränkte seine politische Thätigkeit auf die behutsamen Versuche ein, hinter der Decke verborgen zu wirken, und die Entwürfe seines erleuchteten Geistes durch eine fremde Hand zu vollstrecken. Nachdem er sich umsonst bemüht hatte, den Frieden Dänemarks mit dem Kaiser zu hindern, nahm er seine Zuflucht zu Gustav Adolph, dem Helden seines Jahrhunderts. Nichts wurde gespart, diesen König zur Entschließung zu bringen, und ihm zugleich die Mittel zur Ausführung zu erleichtern. Charnasse, ein unverdächtiger Unterhändler des Kardinals, erschien in Pohlnisch Preußen, wo Gustav Adolph gegen Sigismund Krieg führte, und wanderte von einem der beyden Könige zum andern, um einen Waffenstillstand oder Frieden zwischen ihnen zu Stande zu bringen. Gustav Adolph war längst dazu bereit, und endlich gelang es dem Französischen

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[167/0175] Der Kardinal Richelieu hatte das Verdienst, diesen Waffenstillstand mit Pohlen herbey zu führen. Dieser große Staatsmann, das Steuer Europens in der einen Hand, indem er die Wuth der Faktionen und den Dünkel der Großen in dem Innern Frankreichs mit der andern darnieder beugte, verfolgte mitten unter den Sorgen einer stürmischen Staatsverwaltung unerschütterlich seinen Plan, die anwachsende Macht Oesterreichs in ihrem stolzen Laufe zu hemmen. Aber die Umstände, welche ihn umgaben, sezten diesen Entwürfen nicht geringe Hindernisse in der Ausführung entgegen, denn auch dem größten Geist möchte es ungestraft nicht hingehen, den Wahnbegriffen seiner Zeit Hohn zu sprechen. Minister eines katholischen Königs, und durch den Purpur, den er trug, selbst Fürst der Römischen Kirche, durfte er es jezt noch nicht wagen, im Bündniß mit den Feinden seiner Kirche öffentlich eine Macht anzugreifen, welche die Anmaßungen ihres Ehrgeizes durch den Namen der Religion vor der Menge zu heiligen gewußt hatte. Die Schonung, welche Richelieu den eingeschränkten Begriffen seiner Zeitgenossen schuldig war, schränkte seine politische Thätigkeit auf die behutsamen Versuche ein, hinter der Decke verborgen zu wirken, und die Entwürfe seines erleuchteten Geistes durch eine fremde Hand zu vollstrecken. Nachdem er sich umsonst bemüht hatte, den Frieden Dänemarks mit dem Kaiser zu hindern, nahm er seine Zuflucht zu Gustav Adolph, dem Helden seines Jahrhunderts. Nichts wurde gespart, diesen König zur Entschließung zu bringen, und ihm zugleich die Mittel zur Ausführung zu erleichtern. Charnasse, ein unverdächtiger Unterhändler des Kardinals, erschien in Pohlnisch Preußen, wo Gustav Adolph gegen Sigismund Krieg führte, und wanderte von einem der beyden Könige zum andern, um einen Waffenstillstand oder Frieden zwischen ihnen zu Stande zu bringen. Gustav Adolph war längst dazu bereit, und endlich gelang es dem Französischen

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/175>, abgerufen am 23.11.2024.